Die Tallinn-Verschwörung - Thriller
»Nicht sein Stil. Hoikens ist kein Mann für Hurraaktionen. In meinen Augen ist es das erwartete Ablenkungsmanöver, welches seine Freunde gestartet haben. Wahrscheinlich tritt er in Aktion, wenn die Kerle anlanden. Bleibt ihr hier. Ich sehe zu, dass ich Hoikens finde. « Noch während er es sagte, eilte er zur Tür und stürmte hinaus.
Graziella und Petra tauschten nur einen kurzen Blick und folgten ihm, ohne ein Wort zu wechseln.
Im Hotelfoyer hielt Torsten dem nächstbesten Angestellten seinen Dienstausweis unter die Nase. »Deutscher Geheimdienst. Ich brauche sofort einen Wagen!«
Der Mann wurde blass und stotterte mehrere Worte auf Estnisch, zeigte dann aber nach draußen auf die Straße und sprach nun ebenfalls Englisch. »Sie können meinen Wagen nehmen. Der blaue bei der Laterne.« Noch während er es sagte, holte er seinen Autoschlüssel heraus. Bevor Torsten ihn nehmen konnte, schnappte Graziella danach.
»Ich fahre. Du musst vielleicht schießen!« Damit sprintete sie samt Schlüssel davon.
Torsten folgte ihr fluchend, erreichte sie jedoch erst, als sie
bereits am Steuer saß. Um sie loszuwerden, hätte er sie aus dem Wagen zerren müssen, doch die Zeit hatte er nicht. Ärgerlich ließ er sich auf den Beifahrersitz fallen und schnaubte sie an.
»Los! Es kommt auf jede Sekunde an!«
»Rechts oder links?«, fragte Graziella.
»Erst mal geradeaus, dann links und bei der übernächsten großen Kreuzung rechts!«
Graziella startete den Motor und legte den Gang ein. Die kurze Verzögerung hatte Petra genügt, um hinter ihnen herzukommen. Während der Wagen anrollte, riss sie die rechte hintere Seitentür auf und wälzte sich Kopf voran in den Wagen. Geschickter, als man es ihr angesichts ihres Umfangs zutrauen hätte können, gelang es ihr, sich zu drehen, nach der offenen Tür zu greifen und diese zu schließen, ehe sie gegen einen geparkten Wagen schlagen konnte.
Graziella drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch und raste die Rävata entlang, als gelte es, sämtliche innerstädtischen Geschwindigkeitsrekorde zu brechen. Dann bog sie mit quietschenden Reifen in die Pronski ab und schoss im Tiefflug an einer Polizeistation vorbei. Zwei Streifenwagen nahmen sofort die Verfolgung auf, doch da hatte Graziella bereits die Hauptstraße erreicht und drehte nun erst richtig auf.
»Vorsicht! Da vorne musst du in die Weizenbergi einbiegen. Außerdem ist dort eine Straßensperre«, rief Torsten aus.
Graziella nickte und stieg auf die Bremse. Für Augenblicke sah es so aus, als würde sie die quer über die Straße gestellten Streifenwagen rammen, dann kam sie aber doch noch zum Stehen. Ein Dutzend Polizisten und Sicherheitsbeamter stürmten mit vorgehaltener Waffe auf sie zu.
Torsten hielt ihnen seinen Dienstausweis entgegen.
»Deutscher Geheimdienst, MAD …«, brachte er noch heraus. Dann fing der Feuerzauber an.
DREIUNDZWANZIG
A ls Major Wagner die beiden Schatten auf dem Wasser sah, begriff er, dass er es nicht mit drei oder vier Attentätern zu tun hatte, sondern mit einer halben Armee. Besorgt blickte er seine vier Untergebenen an sowie den GSG9-Trupp, den er auf die Schnelle hatte alarmieren können, und klopfte auf seine MP5.
»Leute, jetzt gilt es. Schießt erst auf mein Kommando. Wir müssen die Kerle überraschen!«
Sonst haben wir nicht die geringste Chance, setzte er in Gedanken hinzu. Er verfluchte die Amerikaner, die einen großen Flugzeugträger vor der Stadt liegen hatten und denen die beiden Boote anscheinend trotzdem entgangen waren. Allerdings wusste auch er, dass flache Plastikrümpfe kaum vom Radar erfasst wurden, wenn sie mit einer abweisenden Schicht überzogen waren.
Die beiden Boote kamen mit gedrosselten Motoren näher, bis sie in den Bereich der Küstenscheinwerfer gerieten. Dann drehten sie noch einmal voll auf und schossen auf den Strand zu. Die Besatzungen zweier Streifenwagen der estnischen Polizei, die auf der Uferstraße standen, starrten ihnen mit großen Augen entgegen, ohne sich zu rühren.
Wagner hätte ihnen am liebsten zugerufen, schleunigst zu verschwinden, doch damit hätte er die Angreifer auf sich und seine Männer aufmerksam gemacht. So konnte er nur zusehen, wie die Plane des vordersten Bootes hochgeschlagen wurde. Vier Männer sprangen von Bord und feuerten auf die
Esten. Der Klang ihrer Schüsse wurde durch Schalldämpfer verschluckt. Wagner fluchte, denn er hatte gehofft, der Lärm würde die Sicherheitsbeamten alarmieren. Außerdem merkte er jetzt,
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