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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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jedes seiner Worte in sich aufgenommen. Sie konnte niemals genug bekommen von den Erzählungen aus dem fernen Asien, von den ruhmreichen Taten der britischen Ostindien-Kompanie, die Asmussen in den höchsten Tönen lobte, und von den verschiedenen Teesorten, die angeblich nur besonders begabte Menschen am Geschmack und am Geruch genau unterscheiden konnten.
    Asmussen dozierte weiter. Gelegentlich warf der Besucher etwas ein. Betty rutschte etwas näher an die Öffnung heran. Der andere Mann war der Stimme nach zu urteilen jung. Er sprach nicht wie die Leute hier, obwohl sein Deutsch fehlerfrei war. Er hatte eine tiefe, weiche Stimme mit einem leichten Akzent. Woher kam er? Betty rutschte weiter voran.

    »Ich denke gar nicht daran, Silber für so ein windiges Unternehmen zur Verfügung zu stellen!«, schnauzte Asmussen den Fremden nun an. »Wie kommen Sie nur darauf, dass ausgerechnet in Darjeeling Tee gedeihen könnte! Und wieso, um Himmel willen, sollte ich meinen Sohn mit Ihnen nach Indien schicken? Gut, er wird bald siebzehn Jahre alt und er wird später das Teehandelshaus übernehmen...«
    »Da wird es nicht mehr viel zu übernehmen geben, wenn die Teepreise weiterhin so steigen und wenn sich alle Teehandelshäuser weiterhin von den Engländern abhängig machen, anstatt sich an eigenen Teegärten zu beteiligen!«, entgegnete der Fremde.
    Nun erklang ein schabendes Geräusch, und Betty wusste auch, ohne hinzuschauen, dass Asmussen den schweren Reliefglobus herangerückt hatte, um dem Gast genau zu zeigen, wo Darjeeling lag. Betty hatte den klangvollen Namen noch niemals gehört. Ein Teeanbaugebiet war das jedenfalls nicht, da war sie sich ganz sicher. Was also wollte der Fremde? Und wieso sollte Anton mit ihm fortgehen? Ihr wurde ganz schummrig bei dem Gedanken.
    Asmussen drehte jetzt den Globus. Es quietschte leise. Betty liebte es, wenn der alte Asmussen IHR die Lage der Teeanbaugebiete in China und auf Java zeigte. Aber leider kam das nur sehr selten vor. Nur dann nämlich, wenn zufällig auch Anton im Raum war, dem die Erläuterungen eigentlich gelten sollten. Nur dass sie Anton nicht interessierten. Er hatte aber eine hohe Fertigkeit in der Kunst des Interessiertblickens erlangt. Dabei richtete er seine Augen ins Nichts, legte den Kopf schief, öffnete den Mund leicht und... hörte ganz gewiss nicht zu. »Du siehst aus wie ein Schaf, wenn du so guckst«, sagte Betty dann. »Aber Vater denkt, dass ich ihm zuhöre!«, entgegnete Anton jedes Mal. Es war herrlich, mit Anton zu lachen und herumzualbern.

    Betty schaute hinab.
    »Darjeeling!«, blökte Asmussen nun unten in seinem Kontor und piekte seinen hageren Zeigefinger auf die Stelle unter den weißen Erhebungen, die wie Eischnee aussahen und die den Himalaja darstellen sollten. »Das ist doch im Himalaja! Im höchsten Gebirge der Erde. Wo soll der Tee da wachsen? Unter dem Schnee?«
    »Ich weiß sehr genau, wo Darjeeling liegt«, antwortete die andere Männerstimme nun und ihr Klang war so weich wie schwarzer Samt. »Es ist grün dort. Die Erde ist tief und weich und schwarz und alles wächst wie in einem Garten Eden. Das Gebiet liegt sehr hoch, aber es herrscht dort ein tropisches Klima. Ein Dschungel, könnte man sagen, und ja, da haben Sie recht, es liegt an den Ausläufern des Himalaja in etwa 2000 Meter Höhe. Es ist perfekt für den besten Tee.« Er machte eine kurze Pause. »Es hat dort übrigens noch niemals geschneit!«
    »Unsinn«, rief Asmussen. »In Darjeeling wächst kein Tee. Da fahren die Engländer doch immer zur Sommerfrische hin, wenn es ihnen in Kalkutta zu warm wird. Dschungel ist dort mit Sicherheit nicht. Oder glauben Sie, die englischen Damen lassen freiwillig dicke schwarze Spinnen über ihre Sommerkostüme huschen? Darjeeling ist ein Ort zum Kricketspielen. Da gibt es Wiesen. Bin schließlich selbst als junger Mann in Indien gewesen, wenn ich das an dieser Stelle mal erwähnen darf. Und Sie wollen dort Tee anbauen? Wissen Sie nicht, was die Briten in Assam erlebt haben? Eine Pleite nach der anderen, weil der Chinatee dort jahrzehntelang nicht gedeihen wollte!«
    »In Darjeeling werden wir aber keinen Chinatee, sondern ganz besondere Teepflanzen anbauen. Einheimische Pflanzen, die direkt aus dem Regenwald kommen. Der Darjeelingtee wird schon bald als der Champagner unter den Tees gelten! Er wird die Sinne betören und den Geist leicht und frei machen.«

    Wie das klang! Betty hatte noch niemals zuvor einen Mann das Wort »betören«

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