Die Teerose
sagte Fiona. Andrew wurde allmählich genauso unerträglich wie Roddy. Er wußte, daß sie Joe traf. Er hatte neben ihr gestanden, als sie Mrs. Merton sagte, sie würde die Kutsche nehmen und ihn bei Oliver’s treffen. Es wurde ihr langsam zuviel. Burton war fort. Sheehan war tot. Donaldson hatte die Wachen von ihrem Haus abgezogen, aber Roddy bestand immer noch darauf, daß Andrew sie überallhin begleitete. Wenn sie nachmittags Tee trinken wollte, folgte er ihr zu Fortnum & Mason’s. Wenn sie ein neues Kleid oder hübsche Unterwäsche kaufen wollte, gingen sie beide zu Harrods. Als würde sich William Burton unter einem Teetisch verstecken oder aus einem Berg Damenhöschen vorspringen!
Ärgerlich drehte sie an ihrem schönen Skarabäusring, als sie ins Lagerhaus trat, aber der mürrische Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwand schnell wieder. Sie war glücklich, viel zu glücklich in letzter Zeit, um sich lange über etwas zu ärgern. Manchmal, wenn sie über die letzten Wochen, über alles, was ihr widerfahren war, nachdachte, kam es ihr so unglaublich vor, daß sie sich ganz überwältigt fühlte und versuchte, nicht darüber nachzugrübeln. Statt dessen genoß sie ihr Glück. Die Wärme von Joes Liebe und ihre wiedergefundene Fähigkeit, das Glück zu genießen.
Sie sah auf ihren Ring hinab. Obwohl sie Joe an dem Abend, als er ihr den Ring gab, geneckt hatte, stellte sich später heraus, daß es tatsächlich ihr Verlobungsring war. In vierzehn Tagen würden sie heiraten. Und wenn sie jetzt daran dachte, wie alles zustande gekommen war, mußte sie lachen.
Vor einer Woche hatten sie seine Eltern besucht. Fiona war so begierig gewesen, sie wiederzusehen, daß sie auf dem Weg zu ihnen kaum noch an sich halten konnte. Sobald die Haustür in der Montague Street aufgegangen und Rose herausgeeilt war, brachen die beiden Frauen in Tränen aus. Rose hatte so wundervoll nach all den Dingen ihrer Kindheit geduftet – nach Lavendelseife, die im Eckladen von einem großen Block abgeschnitten wurde, nach Röstkartoffeln, gebratenen Zimtäpfeln und starkem Tee. Ihre Umarmung war stürmisch und liebevoll zugleich gewesen, wie die ihrer Mutter. Als sie schließlich voneinander lassen konnten, führte sie Rose ins Haus zu Peter und dem Rest der Familie. Sie traf Joes Großvater wieder, Jimmy und seine Frau Meg, die ihr erstes Kind erwartete, Ellen, ihren Mann Tom und deren drei Kinder und schließlich Cathy, die während der Begrüßungen und Vorstellungen starr zu Boden sah.
»Tut mir leid wegen der Karte«, sagte Cathy verlegen und sah schließlich zu ihr auf. »Freunde?«
»Freunde«, sagte Fiona und streckte die Hand aus. Cathy ergriff sie. »Mein Gott, was für ein hübscher Ring!« rief sie aus und bewunderte den Skarabäus. »So was hab ich noch nie gesehen.«
»Der ist schön, nicht? Joe hat ihn mir geschenkt«, antwortete Fiona, ohne nachzudenken.
»Wirklich? Dann seid ihr verlobt?« fragte Cathy.
Fiona wußte nicht, was sie sagen sollte. Bis jetzt hatten sie darüber nur Scherze gemacht. Peinliches Schweigen trat ein, bis Ellen zischte: »Mensch, Cathy, so was fragt man doch nicht!«
»Warum denn nicht? Er hat ihr doch einen Ring geschenkt, oder? Und seit Ewigkeiten schmachtet er hinter ihr her. Na sicher will er sie heiraten.«
»Gütiger Gott«, seufzte Peter und sah zur Decke.
»Cathy, du bist das unverschämteste, dümmste …«, begann Rose. Dann hielt sie inne und wandte sich an Fiona. Ihre Miene wurde milder. »Seid ihr verlobt, meine Liebe?«
Fiona, wäre am liebsten in den Boden versunken. Da das nicht möglich war, antwortete sie: » Ich … wir haben noch nicht …«
»Also, ich weiß, daß er dich heiraten will«, unterbrach Rose sie schnell. »Was anderes hat er nie gewollt. Du nimmst ihn doch, oder?«
Fiona wurde rot und lächelte dann. »Wenn es dich glücklich macht, Rose, dann heirate ich ihn.«
Rose stieß einen Freudenschrei aus und umarmte sie. »Hast du gehört, Junge?« rief sie. »Sie heiratet dich!«
»Ja, das hab ich mitbekommen. Danke, Mama. Ich selber wär nie draufgekommen, sie zu fragen«, fügte er hinzu.
Als sie sich schließlich zum Essen niederließen, war entschieden worden, daß die Hochzeit in drei Wochen stattfinden sollte. So lange, glaubte Rose, würde es mindestens dauern, um Familie und Freunde zusammenzutrommeln und ein richtiges Hochzeitsfest auszurichten. Inmitten des Trubels sah Fiona Joe an und beschwor ihn stumm, sie zu retten oder ihr wenigstens beim
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