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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Whiskey. Einfach verdammt toll!
    »Ach, Papa, du langweilst doch den armen Joe nicht etwa mit deinen alten Geschichten?«
    Millie hatte sich zu ihnen gesellt. Peterson legte den anderen Arm um seine Tochter. »Bestimmt nicht«, antwortete er leicht schwankend. »Joe hört sich gern Geschichten übers Geschäft an«, sagte er leicht lallend. »Stimmt’s, Junge?«
    »Ganz richtig, Sir«, sagte Joe, ebenfalls ein wenig lallend.
    Millie sah von ihrem Vater zu Joe und kicherte. Er fragte sich, ob sie betrunken wirkten. So fühlte er sich jedenfalls.
    »Nun, ich aber nicht«, sagte sie und warf den Kopf zurück. »Es wird viel zuviel übers Geschäft geredet. Reden wir lieber über Freudenfeuer. Und über Guy Fawkes. Wie zum Beispiel denjenigen, den deine treuen Angestellten gerade im Hof rumtragen, Papa. Denjenigen, der ganz so aussieht wie du.«
    Sie lachte wieder. Alberne Millie, dachte Joe. Immer lachend, immer blitzende Augen und diese großen, runden Brüste, die fast aus den Nähten platzten. Ein schönes, kicherndes Mädchen.
    »Na, das woll’n wir uns doch mal ansehen«, sagte Tommy und tat so, als wäre er beleidigt. Er stellte seinen Whiskey ab und rückte seine Krawatte zurecht. »Denen werden wir’s zeigen. Und du, junger Mann …«, fügte er auf Joe deutend hinzu, » … du redest heute abend nicht mehr über Obst und Gemüse. Millie hat recht. Junge Leute sollten sich auf einer Party vergnügen und nicht übers Geschäft reden.« Er hob die Hände und scheuchte sie vom Balkon ins Haus zurück. »Millie, führ Joe herum. Besorg ihm was zu essen und zu trinken.«
    »Ja, Papa«, antwortete sie. Sobald er über die Balkonstufen in den Garten verschwunden war, wandte sie sich zu Joe um und sagte: »Ich hoffe, er stolpert nicht und bricht sich den Hals. Er ist blau wie eine Haubitze.« Dann hängte sie sich bei ihm ein und führte ihn aus dem Wohnzimmer. »Komm mit, ich zeig dir das Haus.«
    Joe ließ sich fortziehen. Er hätte sich auch kaum wehren können. Nicht nur Tommy war blau. Er mußte sich zusammenreißen. Hoffentlich hatte Millie nicht bemerkt, in welchem Zustand er war. Er wollte nicht, daß sie ihrem Vater erzählte, wie sturzbesoffen er war.
    Leute sahen sie an und lächelten ihnen zu, als sie von Raum zu Raum gingen. Joe erwiderte ihr Lächeln, er genoß die Aufmerksamkeit. Sie müssen mitbekommen haben, daß ich der neue Chefeinkäufer bin, dachte er benommen. Frauen flüsterten und nickten anerkennend. Harry winkte aus der Ecke. Alle waren so nett. Das Haus war schön. Millie war schön. Er stieß mit dem Zeh an eine Teppichkante und wäre fast gestolpert, was sie wieder zum Kichern brachte. Warum gehorchten ihm seine Füße nicht? Wieder tauchte ein Glas Scotch vor ihm auf, das sie ihm in die Hand drückte. Er nahm einen kleinen Schluck, nur aus Höflichkeit.
    Millie zeigte ihm das Empfangszimmer, das sie à la japonnaise einrichten wollte, was immer das auch hieß. Sie zeigte ihm das Arbeitszimmer ihres Vaters mit dem riesigen Mahagonischreibtisch, den dicken Teppichen und den schweren Vorhängen, und sie zeigte ihm die Küche, in der ein ganzes Aufgebot an Köchen und Kellnern beschäftigt war. Und dann führte sie ihn die Treppe hinauf. Auf der Hälfte der Stufen wußte er, daß er in Schwierigkeiten war. Ihm war schwindelig geworden.
    Millie bemerkte sein Unbehagen. Zu seiner Erleichterung war sie nicht böse. »Du Armer«, sagte sie. »Mach dir keine Sorgen. Wir suchen dir einen Platz, wo du dich ausruhen kannst, bis dir wieder besser ist.«
    Sie gingen an vielen Türen vorbei, aber sie zeigte ihm keine Zimmer mehr, sondern führte ihn einen Gang entlang zu einem Raum am Ende. Ihm war furchtbar schlecht. Er schwankte wie ein Matrose an Bord eines schlingernden Schiffs. Millie öffnete die Tür zu dem letzten Zimmer und führte ihn hinein. Da stand ein Bett, weich und einladend, er ließ sich darauf nieder und erwartete, daß sie ihn nun sich selbst überlassen würde. Statt dessen setzte sie sich neben ihn und begann, ihm seine Jacke auszuziehen. Er protestierte, erklärte ihr, daß er schon zurechtkäme, daß er nur einen Moment ausruhen wolle, aber sie gebot ihm zu schweigen und sagte, daß er es so viel bequemer habe. Sie zog ihm die Jacke aus, löste seine Krawatte, schob ihn aufs Bett zurück und sagte, daß er still liegen und die Augen schließen solle, und das alles mit ihrer süßen, sanften Stimme.
    Er tat, wie ihm befohlen wurde. Tief atmend, versuchte er, das Kreiseln in

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