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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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gekostet hatte. Vor vier Jahren hatte er dreitausend davon abgelöst und für den Rest eine dreißigjährige Hypothek zu sechs Prozent übernommen. Pro Monat mußte er zweiundsiebzig Dollar abbezahlen. Im November hatte er die Zahlungen eingestellt und schuldete der Bank jetzt dreihundertsechzig Dollar plus fünfundzwanzig Dollar Überziehungszinsen. Wenn Ellis sie nach Profit und Prozenten fragte, wenn er wissen wollte, wie hoch die Hypothek im Verhältnis zu ihrem erwarteten Einkommen oder wie hoch ihre Betriebsausgaben waren, wäre sie aufgeschmissen. Ich werde alles vermasseln, sagte sie sich. Er wird mich gar nicht anhören, mich überhaupt nicht ernst nehmen. Er …
    Franklin Ellis drehte sich um. Fiona lächelte, streckte die Hand aus und sagte: »Guten Tag, Mr. Fiona. Ich bin Finnegan Ellis.« Ach, verdammter Mist! dachte sie. »Nein, ich … ich meine … ich bin …«
    »Nehmen Sie Platz, Miss Finnegan«, antwortete Ellis knapp und deutete auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. Ihre ausgestreckte Hand ignorierte er. »Soweit ich weiß, sind Sie hier, um über das Anwesen Eighth Avenue Nummer einhundertvierundsechzig zu reden.«
    »Ja, Sir«, antwortete sie und versuchte, sich zu fassen. »Ich hab genügend Bargeld, um die dreihundertfünfundachtzig Dollar zu bezahlen, die mein Onkel schuldet. Und ich möchte, daß Sie in Erwägung ziehen, mich die Führung des Geschäfts übernehmen zu lassen.«
    Mit Mühe beruhigte sie sich, konzentrierte sich und begann, ihr Anliegen vorzutragen. Sie öffnete die kleine Ledermappe, die sie sich von Maddie geliehen hatte, nahm die Quittungen der Lieferanten ihres Onkels heraus und zeigte, daß alle seine Außenstände bezahlt waren. Als nächstes erklärte sie ihre Pläne bezüglich einer maßvollen Werbung: eine halbe Seite in der Lokalzeitung an drei folgenden Sonntagen – weil die Annoncen in der Sonntagszeitung billiger waren als am Samstag. Sie zeigte ihm die Anzeige – eine ansprechende Tuschezeichnung des Ladens von Maddie und Nate, auf der die hervorragenden Waren und der ausgezeichnete Service herausgehoben wurden. Die Zeichnung würde zwei Zielen dienen: einmal als Anzeige, zum anderen als Flugblatt mit einem Gutschein für ein Dreiviertelpfund Tee bei einem Einkauf von mindestens einem Dollar.
    Während sie ihre Pläne für den Laden erläuterte, vergaß Fiona ihre Nervosität. Sie sah nicht, daß Ellis’ Blick auf seine Uhr und über ihren Busen wanderte. Sie wußte nicht, daß er ihr gar nicht zuhörte, sondern über seine Dinnerpläne nachdachte. Sie deutete auch den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht richtig. Sie sah Interesse, wo nur milde Amüsiertheit vorhanden war – wie jemand, der den Kunststücken eines Hundes zusah, der Antworten bellte.
    Da sie glaubte, seine Aufmerksamkeit zu besitzen, wurde Fiona kühner. Sie redete von den Verbesserungen, die sie gemacht hatte: die neue Farbe, die Blumenkästen, die hübschen Spitzenvorhänge. Sie erzählte ihm alles über ihre Ideen, das Angebot zu verbessern, indem sie selbstgebackenen Kuchen, höherwertige Qualitätswaren und frische Blumen anbieten wollte. Sie habe sogar einen Lieferdienst geplant, weil sie sich gedacht habe, wenn sie den Nachbarsfrauen ohne Aufgeld ein bißchen Zeit erspare, würden sie ausschließlich bei Finnegan’s einkaufen.
    »Verstehen Sie, Mr. Ellis«, schloß sie begeistert mit hochroten Wangen, »ich glaube, ich kann den Laden meines Onkels profitabel führen und jeden Monat in voller Höhe die geforderten Zahlungen aufbringen.«
    Ellis nickte. »Wie alt sind Sie, sagten Sie, Miss Finnegan?«
    »Ich hab nichts gesagt, aber ich bin achtzehn.«
    »Und haben Sie schon einmal einen Laden geführt?«
    »Also … ich … nicht wirklich, nein, Sir, das habe ich nicht.«
    »Ich schätze Ihre Bemühungen für Ihren Onkel, Miss Finnegan, aber ich fürchte, Sie sind ein bißchen zu jung und unerfahren, um die Verantwortung für ein Geschäft zu übernehmen. Ich bin sicher, Sie werden verstehen, daß ich die Interessen der Bank zu berücksichtigen habe, und angesichts der gegenwärtigen Umstände erscheint mir die Versteigerung immer noch als die sicherste Art des Vorgehens.«
    »Verzeihen Sie, Sir, aber das ergibt keinen Sinn«, widersprach sie. »Bei der Versteigerung werden Sie Geld verlieren. Ich biete Ihnen an, die rückständigen Zahlungen zu übernehmen und die Hypothek weiterhin abzubezahlen. Das sind sechs Prozent Profit. Sie nehmen doch sicher lieber Geld ein, als es in den

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