Die Terranauten 059 - Eine Welt für Yggdrasil
eine Frage: »Ist euch nicht prophezeit, daß irgendwann alle Clans wieder zueinanderfinden werden?«
»Die Zeit ist gekommen nach unseren alten Überlieferungen«, nickte die alte Hexe, »aber unsere Erinnerungen sind lückenhaft. Wir haben die Heiligen Bücher nicht. Nach dem Krieg wurden die Drachenhexen als Verwalter der Prophezeiungen eingesetzt, und wir konnten die Heiligen Texte nur im Gedächtnis behalten. Sie wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Von der Mutter auf die Tochter.«
»Ja, von dir zu mir«, flüsterte die jüngere Hexe.
David sah zum Himmel. Chrama hatte Barnum fast berührt und eilte weiter, dem Westen entgegen. Morgen würde es soweit sein. Und er wußte, daß dann auch für ihn die Zeit gekommen war, Yggdrasils Samen zu pflanzen.
*
Asen-Ger hatte sich auf einen triumphalen Empfang vorbereitet. Sie waren in Hochstimmung. Die verbleibende Besatzung der Fangstation war gerettet, und auch Tonn Sprott und der Gardist lobten die Terranauten wegen ihres ungewöhnlichen Einsatzes.
Der beschädigte, aber immer noch flugtaugliche Gleiter, der dazu noch hoffnungslos überladen war, setzte zur Landung in Transit City an. Tonn Sprott war sicher, daß die Queen lobende Worte für ihn finden würde – vielleicht auch mehr …
Der Gleiter landete deshalb nicht auf dem Raumhafen, sondern direkt vor dem Tower der Queen Stella by Starlight. Und es war so, wie Sprott erhofft hatte. Natürlich hatten sie ihre Ankunft angekündigt und in kurzen Worten den Sachverhalt geschildert.
Der Gleiter landete und war sofort von Grauen Garden umringt. Aber das Lächeln auf den Gesichtern der Heimkommenden gefror, als sie den Ausdruck der Queen sahen, die auf einem Schwebesessel vor dem Portal zum Palast hockte und ihre blinden Augen auf die Ankommenden richtete.
Es ging alles zu schnell. Jeder der Terranauten, aber auch Sprott, der Gardist und die restliche Besatzung der Fangstation hatten mindestens zwei Graue neben sich. Darüber klang die eiskalte Stimme der Queen.
»Sperrt sie ein. Alle. Und den da«, sie wies mit einem zitternden Finger auf Asen-Ger, »den bewacht ganz besonders. Und wenn ihr sicher seid, daß er keinen Schaden mehr anrichten kann, bringt ihn zu mir. Ich habe etwas Besonderes mit ihm vor!«
*
Asen-Ger hing in einem energetischen Netz, dessen Aufrechterhaltung ein Vermögen kosten mußte. Man hatte ihm Ringe um Handgelenke und Fesseln gelegt, und diese Ringe standen in Korrespondenz zum Kraftfeld. Er hing in einem Kreis leuchtender Energie wie der Leonardo-Mann auf der berühmten Zeichnung. Er hatte Schmerzen, aber vor allen Dingen war er wütend.
»Ich hoffe, Ihr wißt, was Ihr tut, Queen«, sagte er heiser. »Ich stehe unter dem Schutz des Konzils und der Cosmoralität, vergeßt das nicht. Ihr werdet Euch zu verantworten haben!«
»Es ist genügend, daß ich den begründeten Verdacht habe, daß Ihr diesen Schutz auf Adzharis zur Vorbereitung einer Rebellion mißbraucht«, sagte die Queen kalt. Ihr turmartiger weißer Haaraufbau schien Funken zu sprühen. Sie trug ein Kleid, das nur aus raffiniert angeordneten Löchern zu bestehen schien und den Stolz seiner Trägerin auf einen jugendlichen Körper nachdrücklich unterstrich. Mit einer Queen im Sinne der Grauen Garden, hatte die Frau längst nichts mehr zu tun.
»Ihr versteht nichts«, sagte Asen-Ger abfällig. »Ihr sitzt auf einem drittklassigen Planeten und könnt überhaupt nicht beurteilen …«
»Das Konzil wird beurteilen, was mit Euch geschehen soll«, triumphierte die blinde Queen.
»Das wird Euch den Kopf kosten, Queen«, sagte Asen-Ger angewidert. »Man wird einen Inspektor schicken, der hier aufräumt. Was glauben Sie, wer Sie sind, Sie Närrin?!«
»Ihr plant, Adzharis an den Bund der Freien Welten anzuschließen«, sagte die Queen und spielte ihren Trumpf aus. »Wer gehörte noch zur Mannschaft der TASCA? Zwei Personen fehlen. Während Ihr vortäuschtet, angebliche Reparaturen auszuführen, wurden sie über Adzharis ausgeschleust. Wer sind diese Personen? Sind sie unterwegs, um ein Bündnis mit den Hexen aus dem Versiegelten Land zu schließen?«
Asen-Ger wußte, wann er verspielt hatte. Früher oder später wäre es ohnehin herausgekommen. Es war ja nur darum gegangen, David einen Vorsprung zu ermöglichen. Er konnte nur hoffen, daß David diesen Vorsprung genutzt hatte.
»Wie haben Sie das herausbekommen?« fragte er einfach.
Stella by Starlight lachte. »Ihr habt recht, Logenmeister,
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