Die Terranauten 070 - Das grüne Paradies
der maritimen Korallenstadt einzudringen.« Sie lächelte. In ihren Augen war ein seltsamer Glanz. Es war das erste Mal seit den Ereignissen um die Vertreibung Valdecs von Sarym, daß Asen-Ger sie wiedersah. Hin und wieder hatte sie sich in der PSI-Aura gemeldet, aber das war alles, Lyda Mar und ihre Tochter Aura Damona waren in der PSI-Aura der Korallenstadt aufgegangen. Der Körper, den er sah, war nicht ihr wirklicher Körper.
»Wir haben Probleme«, sagte Asen-Ger dumpf und ließ sich wieder in den Sessel fallen. Er hatte Schwierigkeiten, seinen Blick von dem zernarbten Gesicht Lydas abzuwenden. Einst war sie eine Terranautin mit nur begrenzten psionischen Fähigkeiten gewesen. Ein Mauerblümchen, das immer ein wenig abseits gestanden hatte. Heute war sie zusammen mit ihrer Tochter ein Orakel, ein PSI-Operateur, der versuchte, die geballte Macht des systemumspannenden PSI-Netzes, das einst die Knospen geschaffen hatten, zu kontrollieren. Noch wußte niemand, wie groß die Macht wirklich war, die dieses Vermächtnis der Knospen darstellte.
»Ich weiß«, gab Lyda zurück. »Die Stummen Treiber. Einige von ihnen reagieren allergisch auf das biopsionische System. Ich kann ihre Bio-PSI-Allergie noch nicht genau analysieren, aber es besteht große Gefahr für das Leben der Betroffenen.«
Asen-Ger nickte bekümmert. »Es hat einige Tote gegeben.« Er sah auf. »Wir hatten gehofft, du könntest uns helfen.«
Sie schüttelte den Kopf. Traurig, ein wenig deprimiert. »Aura Damona und ich haben noch eine Menge zu lernen. Es gibt Störungen im PSI-Netz, die wir nicht genau lokalisieren können. Wir sind jedoch sicher, daß die Veränderung der Stummen genau darauf zurückzuführen ist. Vielleicht sind diese Störungen damals entstanden, als die Renegaten-Knospen mit der kaiserkraftähnlichen Energie experimentierten, die die Korallenstadt hier auf dem Südkontinent zerstörte und der Knospen-Zivilisation auf Gleichgewicht den Untergang brachte.«
»Kannst du diese Störungen … beseitigen?«
»Vielleicht.« Ihr Blick kehrte sich nach innen. »Aber es wird lange dauern. Und ihr habt nicht viel Zeit. Die Veränderungen schreiten immer rascher voran. Nur noch ein paar Tage, und sie sind irreparabel. Dann werden die Betroffenen sterben. Die Abstoßungsreaktion verstärkt sich, Asen-Ger. Es gibt einen Faktor im Bereich des PSI-Netzes, der die Stummen gleich einem innerorganischen Fremdkörper zu eliminieren versucht.«
»Aber warum nur die Untergruppe der Dritten Kategorie? Die anderen Stummen sind gesund und zeigen keine Veränderungen.«
»Es hat etwas mit dem Faktor PSI zu tun. Aura Damona versucht weiter, diesen Faktor zu lokalisieren und möglicherweise auszuschalten. Aber es besteht nicht viel Hoffnung. Wir kennen die PSI-Aura der maritimen Korallenstadt noch nicht gut genug.« Sie zögerte kurz. »Aber ich bin aus einem anderen Grund gekommen – David! Er befindet sich in höchster Gefahr.«
»Er weist nicht die Veränderungen wie die Stummen auf«, sagte Asen-Ger leise. Lyda Mar nickte.
»Er lebt in einer Traumwelt seines eigenen Unterbewußtseins. Ein Schock hat eine winzige Lücke in der Barriere geschaffen, die sein wahres Ich, sein Erbe der Macht, umgibt. Doch er ist noch nicht in der Lage, den Schock der Erkenntnis zu verkraften. Erinnere dich an die Ereignisse im Herzen Rorquals. Er hat nicht auf den Lenker gewartet, ein kaum wiedergutzumachender Fehler. Denn der Lenker hatte die Absicht, ihn auf dem ersten Schritt der Erkenntnis zu begleiten, sein Bewußtsein dabei zu schützen. Jetzt aber ist der Prozeß ohne Kontrolle. Wenn David allein und ohne Führung einen Blick auf sein Wahres Ich wirft, wird er daran zugrunde gehen, so, wie der Schatten Lalaja Banimanjajas, als sie in den Geist Luther Straightwires blickte, damals, im Türkis-System.«
Asen-Ger war völlig verblüfft. »Woher weißt du …?«
Sie lächelte erneut. »Oh, ich weiß vieles. Aber wir dürfen keine Zeit mit langen Erklärungen vergeuden. Wenn es mir möglich wäre, mich in Davids Traumwelt zu materialisieren, wäre ich vielleicht in der Lage, ihm bei der Erkenntnis zu helfen. Sie ist mir jedoch versperrt. Es gibt nur eine Möglichkeit: In dem Augenblick, wo David einen inneren Schock erleidet – die einzige Möglichkeit, die die Stabilität seines Ego-Gefängnisses erschüttern kann –, muß ich für einen psionischen Schock sorgen. Vielleicht gelingt es dadurch, sein Leben zu retten. Vielleicht …«
*
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