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Die Terranauten 084 - Die Gen-Parasiten

Die Terranauten 084 - Die Gen-Parasiten

Titel: Die Terranauten 084 - Die Gen-Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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mußte ich nutzen. Versagte ich, war alles verloren. Dann ging dieses Kettenglied der Langen Reihe unter. Dann starb der Weltenbaum. Dann starb der Sternenwanderer.
    Nein, ich durfte nicht versagen.
    Ich mußte so lange leben, bis die Kosmischen Sporen herbeieilten. Erst dann war meine Aufgabe erfüllt. Erst dann konnte ich mich der Letzten Ruhe hingeben.
    Erst dann …
    Ich erhob mich. Die Biokammer streichelte mich mit ihren Hautfäden. In meinem Außenpanzer knirschte es.
    »Öffne dich für mich«, sagte ich leise. Gedankentrauer antwortete meiner Stimme, und in der Außenwand der Biokammer bildete sich eine Spalte, durch die ich hinaustrat.
    In den Korridor hinein. In den Gang, der fast so alt wie der Weltenbaum war. In den Gang, der zu seinem Wurzelgeflecht führte. Ich zögerte kurz. Ich ließ alles hinter mir – ein Leben, das Äonen gewährt hatte. Meine Treue, die dem kosmosumspannenden Netz der Weltenbäume galt, meine Pflicht als Lenker.
    Meine Pflicht. Ich brach zu einem Letzten Dienst auf, so wie vor einer Ewigkeit meiner Begleiter und treuen Freunde, die anderen Lenker. Auch sie hatten den nahen Tod geahnt, aber sie hatten sich nicht gefürchtet.
    Der Biomorpher zog sich enger um meinen Außenpanzer zusammen und begann mit der Nährstoffanreicherung. Wärme entstand in mir. Neue Kraft strömte durch meine Nerven. Ich wußte, es wurde Zeit.
    Und ich ließ die Biokammer hinter mir zurück. Für immer. Ein Trauergesang ertönte in meinen Gedanken, und so schwer es mir auch fiel, ich blockte mich ab. Ich durfte mich jetzt nicht ablenken lassen. Dazu war meine Letzte Aufgabe zu bedeutsam.
    Aus der Decke des Ganges wuchsen tropf steinförmig gewachsene Leuchtkristalle. Sie tauchten das Terrain in ein geisterhaftes, unwirkliches Licht. Die Temperatur fiel. Mir machte das alles nichts aus. Ein Lenker war nicht auf adäquate Umweltbedingungen angewiesen.
    Steinschaber wichen mir mit flinken Bewegungen aus, nachdem sie mich aus ihren Glühaugen forschend betrachtet hatten und offenbar zu dem Schluß gekommen waren, ich sei keine potentielle Mahlzeit. Ich kümmerte mich nicht darum. Sie stellten keine Gefahr für mich dar. Nichts konnte mich bedrohen.
    Und doch fühlte ich den nahen Tod.
    Denn der Sternenwanderer näherte sich der entropiebeschleunigenden Energieballung viel zu rasch. Ich spürte, daß der Weltenbaum bereits mit einer erneuten Einkapselung seines zellularen Restbewußtseins begann. Eine reflexive Schutzmaßnahme, die die Erfüllung meiner Pflicht weiter erschwerte. Ich wußte, ich mußte mich völlig verausgaben, um eine der Transmitterstraßen zu aktivieren und die Kosmischen Sporen herbeizurufen. Konnte ich es überhaupt noch schaffen …?
    Ich verdrängte den Zweifel und beschleunigte meine Schritte.
    Kurz darauf erreichte ich den Ödbereich.
    Hier wuchsen keine Leuchtkristalle mehr. Hier war der Boden zu meinen Füßen ohne Leben. Hier war die Luft stickig.
    Und hier hatten die Überreste zweier meiner Freunde die Letzte Ruhe gefunden.
    Ich blieb kurz stehen und sah hinab. Dort lag Shya, umarmt von der Kälte des Tropfeises. Als er starb, war sein Körper in der Zeitspanne, in der das Licht nur wenige Zentimeter zurücklegt, mumifiziert worden. Der Außenpanzer glänzte nicht. Die Augen waren nur noch leere Höhlen. Für die Ewigkeit konserviert.
    Kurz darauf stieß ich auf den zweiten Lenker. Xyma war einer der Alten gewesen. Manche meiner Freunde hatten behauptet, er wäre sogar noch den letzten Uralten begegnet. Er hatte uns gelehrt, wie ein Lenker zu denken und zu handeln. Eine Ironie des Schicksals – der Lehrer war gestorben, der Schüler hatte überlebt.
    Ich marschierte weiter. Die Wärme in mir nahm weiter zu. Sie gaukelte unbeschränkte Kraft vor, und meine Zuversicht stieg. »Nein«, flüsterte ich mir dann zu. »Laß dich davon nicht täuschen. Selbstüberschätzung führt zu Versagen. Und du darfst nicht versagen.«
    Dann erreichte ich das Wurzelgeflecht. Ich spürte einen vagen psionischen Schimmer, eine kurze Gedankenberührung, als taste mich ein anderes Ich ab, das trotz der Schädigung durch die lange zurückliegende Katastrophe ungleich stärker war als ich. Der Weltenbaum.
    Der Biomorpher leuchtete auf. Die Wände der großen unterirdischen Kaverne reflektierten den blauglühenden Schein. Ich näherte mich der Hauptwurzel.
    Höre mich an, Weltenbaum! gellten meine Signale. Hier steht ein Lenker. Du hast mir zu gehorchen. Wenn du mir weiterhin die Mitarbeit verweigerst,

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