Die Terranauten 097 - Der Präventivschlag
der freundlichen, ruhigen, zärtlichen Dunkelheit verbracht hatte, bis er wieder die Augen öffnete.
Er trug sein Riemengewand, doch Bitterkeit und Trauer gehörten der Vergangenheit an.
Llewellyn fühlte sich erfrischt, ausgeruht, entspannt, tatendurstig. Neugierig sah er sich um. Er schwebte in einem Raum, dessen Ausmaße nicht abzuschätzen waren.
Feines blaues Licht lag über dieser Sphäre, die leer war wie die Abgründe zwischen den Milchstraßensystemen.
Er schwebte und kreiste, und schließlich formte sich ein Etwas aus dem allgegenwärtigen Blau.
Ein Würfel.
Ein transparenter Würfel, der doppelt so groß war wie ein Mensch.
Im Innern des Würfels – reglos, schlafend – David terGorden.
»David«, flüsterte Llewellyn erleichtert.
Der laut ausgesprochene Name schien einen Bann zu brechen.
Aus dem Nirgendwo dröhnte eine Stimme und umbrauste den Riemenmann wie ein Sturmwind.
»Ich bin der Realschalter. Ich bin kein Ding, kein Wesen. Ich diene niemandem. Ich diene allen. Ich bin der Realschalter.«
Llewellyn blickte sich um, doch alles, was er sah, war das Blau, das sich bis in die Unendlichkeit fortsetzte.
»Was ist mit David?« fragte er. »Was ist mit meinen Freunden?«
»Der Mensch David terGorden wartet. Auf die nächste Welt, die die wahre Welt sein kann. Entropische Störungen verwischen die Grenzen zwischen den Wahrscheinlichkeiten. David terGorden ist das Zentralelement. In seiner Hand liegt die Entscheidung. Es ist ein gefährliches Spiel. Es ist ein tödliches Spiel.
Ich bin der Realschalter.
Ich knipse die Wirklichkeiten an und aus. Alle Wirklichkeiten. Diese und die anderen. Diese Realität ist instabil. Diese Realität ist von Zerstörung bedroht.
Ihr Untergang wird alles beenden. Alles.
David terGorden besitzt den Konnex-Kristall. Die Erinnerungsschlacke aus dem Prä-Universum.
Ich bin der Realschalter.
Ich bin das Konzentrat der präkosmischen Erinnerungsschlacke. Der Konnex-Kristall ist nur ein Splitter.
Die Entitäten wissen nichts. Nichts. Sie benutzen mich. Niemand benutzt mich. Ich bin die Hoffnung der Uralten. Ich bin die Hoffnung der Zukunft. Ich bin der Realschalter.«
Die Stimme dröhnte und hallte wie Hammerschläge in Llewellyns Bewußtsein.
»Ich verstehe nicht«, flüsterte er. »Ich begreife nicht, was du meinst.«
»Der Weiße Stern. Die Kosmischen Spektren. Neun Erben der Macht. Einer von ihnen ist David terGorden. David terGorden besitzt den Konnex-Kristall. Alles liegt in seiner Hand. Alles.
Ich bin der Realschalter.
Ich tauche durch die Möglichen Welten, durch die Alternativen Seinszustände, und ich trage acht Kosmische Spektren in meinem Bauch. Keines von ihnen hat in seiner Realität den Konnex-Kristall gefunden.
Nicht ein einziges Spektrum hat den letzten Schritt zur Langen Reihe der Uralten gewagt.
Nur David terGorden.
Bei ihm liegt die Entscheidung.
Er wird kämpfen müssen. Wenn er unterliegt, knipse ich die Wirklichkeiten aus. Alle. Ausnahmslos. Um zu verhindern, daß sich eine ähnliche Katastrophe wie der Untergang des Prä-Universums wiederholt. Dies darf nicht geschehen. Unter keinen Umständen. Dann gibt es keine Hoffnung mehr. Dann ist das Ende der Zeit, das Ende des Seins gekommen.
Dann bleibt nur noch das Nichts übrig.
Wenn er unterliegt, knipse ich die Realitäten aus und warte zehn oder zwanzig oder hundert Milliarden Jahre. Ich warte, bis sich die entropischen Störungen gelegt haben, und knipse das Sein wieder an, in der Hoffnung, daß sich die Dinge anders entwickeln.
David terGorden wird kämpfen müssen.
Wenn er siegt, vereinigen sich die Kosmischen Spektren zum Weißen Stern, und die Lange Reihe des Interkosmischen Anti-Entropie-Systems wird aktiviert, um die entropischen Störungen endgültig und für immer zu bannen.
Es wird ein schwerer Kampf.
Er wird Hilfe brauchen.
Die Hilfe eines Freundes. Eines Freundes.«
Llewellyn 709 drehte sich in der blauen Unendlichkeit, rotierte schwerelos um den transparenten Würfel, in dem David terGorden schlief und wartete.
Auf einen Kampf, von dessen Natur der Riemenmann nicht das geringste wußte.
»Ich helfe ihm«, brüllte er der Stimme entgegen. »Ich bin ein Freund. Ich helfe ihm.«
»Es ist gut«, hallte die Stimme des Realschalters. »Es ist gut.
Und deine Freunde … Ihnen geschieht nichts. Ich brauche sie nur für eine Weile. Ich brauche ihre Gedanken, ihre einfachen, geradlinigen menschlichen Gedanken.
Sie zeigen mir, welche Bilder ich entwerfen muß.
Sie
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