Die Terranauten TB 09 - Das Schiff der Träume
fauchte: »Ausgerechnet du mußt das fragen, Fermens?« Es klang aggressiv und angriffslustig. »Denke an deinen Zusammenbruch! Wir machen schon wieder einen Fehler: Wir pauschalieren zu sehr. Muß denn alles Negative gleich mit der Kaiserkraft zusammenhängen? Gibt es denn sonst keine Gefahren? Was wissen wir denn über die Physik des Universums? Doch nur das, was wir zu wissen glauben! Nichts ist absolut. Und jetzt sollten wir endlich landen und uns der Gefahr stellen. Oder hat jemand einen anderen Vorschlag?«
»Ja, ich!« meldete Colman sich kleinlaut. »Wißt ihr, ich habe diese Reise mitgemacht, um vor der Vergangenheit zu fliehen.« Er zitterte auf einmal wie Espenlaub. »Verdammt, ich bin ein Treiber und war immer ein Treiber, obwohl ich mich stets gegen die PSI-Fähigkeiten in mir wehrte. Aber sonst kann ich nichts. Um zu überleben, mußte ich mich mit der Logenarbeit beschäftigen. Mein Gott!« Er begann zu weinen und schwang mit dem Oberkörper vor und zurück. »Mein Gott, begreift ihr denn nicht, wieso ich fliehen mußte? Ich – ich muß meine Treiberkräfte ständig gebrauchen, sonst – sonst stauen sie sich, und dann – dann kommt es zur …«
Seine Gedanken waren chaotisch und erschreckten die anderen. Selbst Fermens rückte automatisch von Colman ab – als könnte ein größerer räumlicher Abstand vor diesem Chaos bewahren.
Colman schüttelte die Fäuste und schrie: »Ich habe Angst, ihr verdammten Idioten. Begreift ihr das? Ich habe Angst vor mir selber, vor dem schwarzen Moloch in meinem Ich, vor dem Fremdartigen, das alles verschlingt, wenn ich es nicht seiner Macht beraube – stets und ständig, indem ich mich mit der Logenarbeit beschäftige.
Ja, seht mich nur an, ihr Schwachköpfe. Ich bin Colman, Treiber und Terranaut. Was glaubt ihr, warum ich Terranaut wurde und mich gegen das Konzil stellte? Was das Konzil unter Max von Valdec auch alles angerichtet hat: Mit der Kaiserkraft sollte die Treiberraumfahrt abgeschafft werden und mit dem Abschaffen der Treiberraumfahrt würde der Moloch in mir allmählich immer mächtiger werden. So kämpfte ich lieber und bin mit euch unterwegs, weitab der Terranautenzentren, um niemanden zu gefährden.«
Er barg das Gesicht in den Händen.
Fermens berührte seine zuckenden Schultern und sagte sanft: »Ich verstehe dich, Colman, glaube mir. Ich begreife, was du uns sagen willst: Es hat in deiner Vergangenheit Augenblicke gegeben, in denen deine PSI-Kräfte unkontrollierbar waren. Es ist vorbei, was damals geschah, Colman, hörst du? Es gibt keinen schwarzen Moloch. Er existiert nur in deiner Phantasie, die von den Bildern der Erinnerung geschürt wird. Als du lerntest, deine Treiberkräfte sinnvoll anzuwenden, hast du auch gelernt, sie zu bändigen.«
Colman hob den Kopf und ließ die Hände sinken. Seine Miene war ausdruckslos.
»Soviel hast du nicht gesprochen, seit ich dich kenne. Du sprichst von mir, aber was ist mit dir selber?«
Fermens wich aus: »Jeder hat seine Vergangenheit, Colman. Es wäre idiotisch anzunehmen, alle Terranauten wären Heilige. Wir sind Menschen mit einer besonderen Begabung, mit der wir fertig werden müssen – zusätzlich zu unseren menschlichen Problemen. Das stempelt uns ab und bestimmt meistens unser Handeln.«
Colman wandte sich den anderen zu. »Es – es tut mir leid, daß ich durchgedreht habe. Es ist einfach – weil ich ahne, daß die Stunde der absoluten Wahrheit kommt, falls wir es wagen, auf Clarks-Planet zu landen!« platzte er heraus. »Merkt ihr denn nicht, daß wir uns verändert haben, seit wir im Orbit des Planeten sind? Das Fremde, Unfaßbare verändert uns. Es löst langsam unsere Masken auf und bringt unser wahres Ich zum Vorschein, das wir krampfhaft gegenseitig zu verbergen versuchen.«
»Die Stunde er Wahrheit?« echote Merrin-kläck. »Dann ist es um so wichtiger, daß wir landen, Colman! Fermens hat recht: Wir alle fliehen vor etwas, vor dem es kein Entrinnen gibt. Das hat er zwar nicht wörtlich gesagt, aber so gemeint. Wir sind so wie wir sind, weil wir verlernt haben, das zu erkennen, vor dem wir fliehen. Sollten wir nicht die Chance nutzen? Ein erkannter Feind ist ein Feind, den man bekämpfen und besiegen kann. Außerdem sind wir eine verschworene Gemeinschaft – als Loge. Jeder hat seinen eigenen Komplex. Wir – könnten uns gegenseitig helfen!«
»Dazu müßten wir ehrlich zueinander sein – ehrlicher als bisher!« sagte Macson und betrachtete dabei nicht zufällig
Weitere Kostenlose Bücher