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Die Tochter Der Goldzeit

Die Tochter Der Goldzeit

Titel: Die Tochter Der Goldzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Cabullo zog den Rotz hoch und spuckte über die Zinnen.
    »Kenn ich auch nicht. Ein Großgreif und darunter ein Schild zwischen zwei Vierbeinern, hab ich noch nie gesehen.«
    Das stimmte nicht - Bosco kannte die Tiere von Bildern. Und die Bilder kannte er aus einem frühen Band der Chronik von Tikanum. Lauter vergilbte und verblichene Bilder enthielt der, Bilder von Dingen, die heute kein Mensch mehr für möglich hielt, von Dingen, die es nicht mehr gab oder die zumindest Bosco noch nie gesehen hatte. Diesen Bildband hatte Bosco am häufigsten herausgeholt, noch in den Tagen, bevor er zum letzten Mal aus der Erdstadt nach oben in die Wälder gezogen war. Wie hatten sie dieses Tier gleich genannt damals, in den goldenen Zeiten lange vor der Götternacht?
    Sämtliche Wildsaujäger und Fischer drängten sich inzwischen auf dem Wehrgang des Hafentors, dazu eine Menge Halbwüchsiger, die schon mit Waffen umgehen konnten oder wenigstens meinten, mit Waffen umgehen zu können; nicht ganz sechzig Mann, schätzte Bosco. Die Tiefländer hatten doppelt so viele Kämpfer, mindestens. Und die Fremden?
    Der erste Viermaster ging bereits im natürlichen Hafen von Chiklyo vor Anker, nur einen Steinwurf weit entfernt vom Segler der Poruzzen. Die anderen sechs folgten nacheinander. In drei großen Ruderbooten setzten etwa fünfzig Mann der Fremden kurz darauf an Land über.
    Daraufhin taten die Poruzzen, was sie am besten konnten: Sie griffen an. Das Geschwätz auf dem Wehrgang verstummte schlagartig, als die mit der Flut einsetzende Morgenbrise ihr Kampfgeschrei herüber auf die Siedlungsmauer wehte.
    »Sie machen einen Fehler.« Bosco dachte laut, während er durch sein Binocular die Seeräuber auf der Düne beobachtete. Sie gebärdeten sich wie Tobsüchtige, brüllten, schüttelten ihre Mähnen und Fäuste, sprangen auf und ab wie Jagdcaniden, die es kaum erwarten konnten, von der Kette gelassen zu werden. Schon stürmten die ersten zum Strand hinunter. »Sie machen einen großen Fehler, das schwör ich dir, Cabullo! Die Fremden sehen nämlich nicht aus, als suchten sie Streit.«
    Diesen Eindruck machten die Männer tatsächlich nicht. Einige waren bereits an Land gegangen, standen jetzt aber still und blickten den Angreifern entgegen. Verblüfft wahrscheinlich, aber zugleich auch irgendwie gelassen. Fürchteten sie sich denn überhaupt nicht?
    »Freuen wir uns über jeden Fehler, den die wilden Kerle machen!« Der Cabullo schlug Bosco auf die Schulter. Er wirkte deutlich entspannter jetzt, wo der Dünenkamm sich leerte, weil die Poruzzen den Strand stürmten und aus dem Blickfeld der Männer auf der Mauer gerieten. »So ein Fehler, Bosco, weißt du? So ein Fehler, der beschert uns vielleicht ein paar tote Belagerer, der beschert den Tiefländern vielleicht so viele blutige Nasen, dass sie endlich abziehen, weißt du?« Der Cabullo hörte nicht auf, seine Schulter zu tätscheln. Er betrachtete Bosco längst als Schwiegersohn.
    Das war ein Problem. Bosco dachte nicht daran, sich in diesem Kaff niederzulassen, nicht einmal auf der Insel wollte er dauerhaft leben. Er brauchte die Wälder, die Hügel, die Süßwasserseen, die Welse, die Karpfen, das Wild und die Vögel; und hin und wieder musste er zur Sozietät in die Erdstadt hinuntersteigen, und sei es nur, um sich mit seinem Vater und seiner Schwester zu streiten, unter dem prüfenden Blick der Meisterin Gewissensbisse zu empfinden und ein wenig in der Chronik zu schmökern. Er brauchte das einfach, na und? Aber mit einer Barbarin als Frau? Unmöglich, sie mit nach Tikanum zu nehmen! Andererseits ...
    Andererseits konnte er von dem Mädchen nicht lassen. Es war ein Problem, wirklich wahr.
    In dem ersten Ruderboot erhob sich jetzt einer der Fremden. Der Riese? Das Glas gegen die Augen gepresst, beugte Bosco sich zwischen die Zinnen. Ja, der Riese, der Schwarze, der Eiserne! Der drehte sich um und winkte den Leuten auf seinem Viermaster zu.
    »Gib her!« Der Cabullo entriss Bosco das Binocular. »Will auch gucken!«
    Genau in diesem Moment warfen die Fremden, die schon an Land waren, sich in den Sand, und die noch in den Booten hockten, beugten ihre Oberkörper über die Schenkel und verschränkten die Arme über den Köpfen. Ein Blitz zuckte, ein Donner krachte, eine Fontäne aus weißem Sand, Schwertern, Äxten, Stiefeln, Jacken und rötlichen Gliedmaßen stieg hinter den Dünen auf, öffnete sich weit, stand einen Wimpernschlag lang still und fiel dann in sich zusammen. Eine

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