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Die Tochter der Hexe

Die Tochter der Hexe

Titel: Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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hetzen.
    «Was glaubst du denn? Du wirst eine reiche Frau! Wobei – wenn ich dich so sehe, meine ich fast, du bist es bereits. So fremd und vornehm, wie du aussiehst. Ich wette, da steckt ein Mann dahinter.»
    Marthe-Marie stand auf und ging wortlos davon.
    «Warte.» Diego sprang auf und folgte ihr. An der Stiege zum Wohnwagen holte er sie ein.
    «Ich habe es nicht so gemeint. Willst du mir nicht sagen, was los ist?»
    «Ich bleibe in Ravensburg. Das ist mein letzter Abend bei der Truppe.»
    «Es ist also so weit», murmelte er. Dann fiel sein Blick auf die Kiste. «Gepackt hast du auch.»
    Mit hängenden Schultern ging er hinüber zu seinem Wagen und holte einen prall gefüllten Reisesack von der Größe eines Bierfässchens.
    «Hier. Dein Erbe aus Freiburg.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Du weißt, dass ich davon nichts will. Gib es dem Prinzipal.»
    «Willst du den Sack nicht wenigstens auspacken? Es sind auch Bücher dabei und Briefe. Briefe von dir und deiner Ziehmutter Lene.»
    «Später vielleicht.»
    «Gut. Dann lege ich den Sack zu deinen anderen Dingen.»
    Er öffnete den Deckel ihrer Reisekiste und stutzte, als er das Holzkästchen zuoberst liegen sah.
    «Für Marthe-Marie», las er laut. Dann klappte er den Deckel wieder zu.
    «Jetzt verstehe ich. Ein Geschenk des geheimnisvollen Bräutigams. Den hast du aber rasch kennen gelernt.»
    «Es gibt keinen Bräutigam. Das Kästchen ist von Jonas.»
    Diego ließ den Sack, den er im Arm gehalten hatte, zu Boden gleiten. Er starrte sie an.
    «Jonas.» Es klang wie ein Urteil. «Wann hat er dir das geschenkt?»
    «Es lag gestern früh auf dem Absatz des Wohnwagens.»
    «Gestern früh», wiederholte er. Dann nickte er langsam, als versuche er zu begreifen. «Jonas ist also in Ravensburg. Er ist hier.»
    Sein Blick verdüsterte sich, und einen kurzen Augenblick lang befürchtete Marthe-Marie, er könne in Zorn ausbrechen. Dann aber zeigte sich ein trauriges Lächeln auf seinen Lippen. «Gut – ich gebe mich geschlagen. Jonas hatte wohl die wirksameren Waffen.»
    «Dass ich hier bleibe, hat nichts mit Jonas zu tun. Ich habe meinen Vater gefunden.»
    «Deinen Vater?»
    Sie nickte. «Er lebt seit langem in Ravensburg. Er ist Witwer, hat vier Kinder. Agnes ist bereits bei ihm.»
    Mit einem Mal fühlte sie mit aller Macht den Abschiedsschmerz über sich hereinbrechen, den sie bis dahin so gut fern zu halten vermocht hatte.
    «Jetzt erzähl mir von Freiburg.» Sie versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. «Bitte.»
    «Im Grunde gibt es da nicht viel zu berichten.» Er lehnte sich gegen die Trittleiter. «Nach deiner Beschreibung hatte ich das kleine Haus in der Predigervorstadt rasch gefunden. Es wohnen immer noch Gesellen und Lehrlinge dort, wie zu Zeiten deines Vaters, in jeder der Kammern mindestens drei, also musste ich den nächsten Tag abwarten, bis alle bei der Arbeit waren. Da bin ich dann in den Keller hinunter, denn wo sonst sollte jemand etwas versteckt haben. Der Raum war zwar verwinkelt, aber klein, und so konnte ich schnell feststellen, dass es außer altem Holz und Gerümpel nichts Aufregendes zu entdecken gab. Bis auf eine mit schwerem Schloss versehene Truhe, aber die schien mir zu neu, als dass sie Siferlins Beutestücke hätten enthalten können. Du wusstest doch, dass das Haus einst Siferlin gehört hat?»
    «Nein.»
    «Ich wollte bereits aufgeben, da entdeckte ich eine Luke neben der Kellertreppe. Voller Spinnweben, mit Brettern vernagelt. Die habe ich mit einer Axt aufgeschlagen.»
    «Aufgeschlagen?»
    «Jetzt schau mich nicht so an. Hätte ich beim Magistrat um Erlaubnis bitten sollen?»
    «Aber wenn man dich dabei erwischt hätte?»
    «Dann würde ich jetzt am Galgen baumeln und mir von den Krähen die Augen aushacken lassen.»
    «Und was hast du da für eine Wunde an der Stirn?»
    Wie er jetzt grinste, war er beinahe wieder der alte Diego, der mit seinem unbekümmerten Selbstbewusstsein fast so etwas wie Liebe in ihrem Herzen entfacht hatte. Sie würde ihn schmerzlich vermissen, das wusste sie nun mit Sicherheit.
    «Nun ja, ganz ohne Schwierigkeiten bin ich denn doch nicht an den Schatz gekommen. Von dem Lärm, den ich veranstaltet habe,ist wohl ein Stadtwächter angelockt worden. Jedenfalls, gerade als ich den Zugang zu einer Art Eiskeller freigeschlagen hatte und darin die Kiste fand, dreht mir jemand von hinten den Arm auf den Rücken.»
    «Und dann?»
    «Ich dachte mir, so kurz vor dem Ziel kannst du nicht aufgeben. Da blieb mir

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