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Die Tochter der Ketzerin

Die Tochter der Ketzerin

Titel: Die Tochter der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Kent
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du mich zum Gottesdienst ins Versammlungshaus begleiten. Anderenfalls könnte man dich aus der Stadt jagen. In letzter Zeit gab es zu viele Auseinandersetzungen mit Neuankömmlingen, die Anspruch auf Land erhoben. Außerdem reichen die Eifersüchteleien und Feindseligkeiten der Leute hier, um einen Brunnen zu füllen. Warte nur ein Weilchen, dann wirst du es selbst sehen.«
    Vater blickte ins Feuer, und man merkte ihm an, wie es in ihm brodelte. Sollte er den Gesetzen des Versammlungshauses gehorchen oder versuchen, seinen Wunsch nach Unabhängigkeit in allen Dingen durchzusetzen? Trotz meiner Jugend wusste ich, dass er sich in Billerica nicht allzu großer Beliebtheit erfreut hatte, denn dazu war er viel zu sehr Eigenbrötler und verteidigte allzu nachdrücklich seine unverrückbaren Vorstellungen von Gerechtigkeit. Hinzu kamen das ständige Gemunkel über seine Vergangenheit und die hinter vorgehaltener Hand geäußerten Vermutungen, er könnte etwas Ungesetzliches getan haben, sodass er sich immer weiter vor seinen Mitmenschen zurückzog. Im letzten Jahr hatte Vater wegen eines Grenzstreits mit einem Nachbarn zwanzig Pence Geldstrafe bezahlt. Dennoch hatte dieser Nachbar wegen Vaters Körpergröße, seiner Kraft und seines Rufs klein beigegeben, sodass mein Vater trotz der Geldstrafe die Grenzpfosten dort in den Boden rammen konnte, wo es ihm gefiel.
    »Warum tust du es nicht für deine Frau und deine Kinder?«, fragte Großmutter nun anteilnehmend.
    Vater beugte den Kopf über den Teller. »Dir und meinen Kindern zuliebe werde ich auf deinen Rat hören. Was meine Frau angeht, musst du sie selbst fragen. Sie kann Reverend Barnard nämlich nicht ausstehen und würde mir diesen Vorschlag sehr übelnehmen.«

    Großmutter war zwar sanft und gütig, konnte aber auch sehr überzeugend sein. Getreu dem Wahlspruch »Steter Tropfen höhlt den Stein«, setzte sie Mutter so lange zu, bis diese sich einverstanden erklärte, am nächsten Tag den Gottesdienst zu besuchen. »Lieber würde ich Steine essen«, murmelte sie, holte aber dennoch ihren guten Leinenkragen heraus, um ihn zu waschen. An diesem Morgen sollten Richard und Andrew Vater zum nördlichen Ende von Andover begleiten, um sich ins Stadtregister einzutragen und den Treueeid abzuleisten, in dem sie gelobten, die Stadt gegen Angreifer zu schützen und den Geistlichen pünktlich den Zehnten zu zahlen. Ich zwickte Andrew fest in den Arm und nahm ihm das heilige Versprechen ab, mir alles, was er sah und hörte, haarklein zu berichten. Tom und ich sollten bei Mutter bleiben und ihr beim Kochen und Brennholzsammeln helfen. Großmutter fand, dass es nur recht und billig sei, außerdem Reverend Francis Dane, der gleich gegenüber vom Versammlungshaus wohnte, einen Besuch abzustatten. Der Reverend war seit über vierzig Jahren Pastor in Andover und sehr beliebt. Obwohl er das Amt schon vor Jahren an Reverend Barnard hätte übergeben sollen, spürte er als guter Hirte, dass der junge Mann etwas Wölfisches an sich hatte, und hielt es deshalb für nötig, auch weiterhin seine schützende Hand über seine Schäfchen zu halten. Das Ergebnis war, dass sich die beiden Männer zähneknirschend alle zwei Wochen in der Kanzel und bei der Predigt abwechselten. Ich stand in der Tür und blickte dem Karren nach, bis er an der Straßenecke hinter gewaltigen Schneewehen verschwand.
    Als ich die Tür schloss, saß Großmutter schon am Spinnrad. Obwohl ihr Fuß das Pedal bediente, ruhte ihr Blick nachdenklich auf mir. Die Spindel bestand aus dunklem Eichenholz und war mit wunderschön geschnitzten Ranken verziert, die sich um den äußeren Rand schlängelten. Gewiss war das Gerät uralt, denn das Muster war viel zu kompliziert, um in Neuengland entstanden zu sein. Großmutter rief mich zu sich und fragte mich, ob ich spinnen könne. Ich erwiderte, ja, so einigermaßen, aber im Nähen sei ich besser, was nicht ganz der Wahrheit entsprach. Vermutlich sah die Naht eines Feldchirurgen auf einem verletzten Körperteil eleganter aus als das, was ich mit Nadel und Faden zustande brachte. Großmutter zog die Wolle durch ihre gichtigen Finger, die vom Wollfett glänzten, und wickelte die Fäden ordentlich um die Spule. Durch sanftes Nachfragen entlockte sie mir die Geschichte unserer Zeit in Billerica, so wie sie aus dem Gewirr aus Rohwolle in ihren Händen einen feinen Faden zog.
    Ich kam nicht auf den Gedanken, ihr zu erzählen, wie einsam wir dort gewesen waren, weil ich kein anderes Leben

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