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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Nacht getan haben, und mich im Dunkeln allein lassen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich zeigte auf mich, dann auf die Hand, die ich immer noch höher hielt. Ich bin von dieser Welt, wieder eine Geste. Wie du. Der nächste Teil war schwieriger. Ich versuchte zu zeigen, dass es eine Verbindung gab, ein Band zwischen einer Welt und der anderen. Aber vorsichtig; es gab ein paar Dinge, die ich nicht aussprechen durfte, nicht einmal mit Zeichen. Der Rote nickte.
    »Ich habe ihre Stimmen gehört«, sagte er. »Ich habe sie verstanden, obwohl ich nicht sagen könnte, in welcher Sprache sie gesprochen haben. Wer waren sie, Jenny? Und wie haben sie dich verstanden, wie konnten sie dich hören, wenn du nicht sprechen kannst?«
    Ich zeigte wieder die untere Welt. Zwei. Zwei Geschöpfe, sehr groß. Ich zog einen Kreis um meinen Kopf, versuchte eine Krone anzuzeigen.
    »Eine Königin und ein König, äh, dieses anderen Reiches?« Ich nickte. Das war nahe genug dran. Dann versuchte ich, die nächste Frage zu beantworten. Mund, Worte – nein. Geist, Gedanken – Ohr, hören. Hören ohne Worte.
    »Warum kann ich dich dann nicht hören?«
    Ich sah ihn ernst an, dann zeigte ich auf ihn und machte eine weit ausholende Geste, zeigte den Ort, an den er gehörte. Der Ort, der ihm gehörte. Du bist ein Brite. Ich zuckte die Achseln. Was hattest du erwartet?
    Ich glaube, das hat ihn beleidigt. Er kniff den Mund ein wenig fester zusammen, wenn das noch möglich war, und der Blick wurde ein wenig kühler. Welche Antwort er auch von mir gewünscht hatte, es war nicht jene. Es dauerte eine Weile, bevor er wieder sprach. »Wenn ich das glauben soll«, sagte er, »dann verändert sich alles. Alles.« Er setzte sich auf die unterste Stufe, mit dem Rücken zu mir, und starrte seine gefalteten Hände an. Ich musste mich bewegen, damit er sehen konnte, was ich zu sagen versuchte.
    Nein. Das ist nicht nötig. Du hier; alles um dich herum. Deine Bäume; deine Leute. Alles ist richtig. Ich – gehe weg. Weit weg, über das Meer. Ich gehe nach Hause. Du – vergisst.
    Er sah mich einfach nur an.
    »Nichts ist so einfach«, sagte er. »Das weißt du so gut wie ich. Wie könnte ich das vergessen? Ich sagte dir doch, ich höre ihre Stimmen im Traum, diese Welt ist nahe, ist Teil von mir, ob ich das will oder nicht. Ob ich es glaube oder nicht. Und du bist hier.«
    Ich – gehe weg. Ich zeigte auf ihn, kreuzte die Hände über dem Herzen. Dein Versprechen. Ich – gehe nach Hause.
    »Das habe ich nicht vergessen«, sagte der Rote leise. »Ich vergesse nichts, und ich werde dieses Versprechen halten wie jedes andere, das ich gegeben habe. Erzähl mir von meinem Bruder, und ich werde dafür sorgen, dass du sicher nach Hause kommst. Was immer es mich kostet. Aber – die Dinge werden nicht wieder so sein wie vorher. Das ist unmöglich. Das ist etwas, was mir jeden Tag klarer wird.«
    Seine Worte verstörten mich. Ich wusste bereits, dass meine Anwesenheit in Harrowfield einen Haushalt in Unruhe versetzt hatte, der bis dahin ordentlich und ruhig gewesen war. Das tat mir Leid, und ich wünschte, ich könnte es ändern. Mehr als das beunruhigte es mich, wenn ich die Menschen von Zauberei reden hörte, von jenem Bann, den ich angeblich über ihren Herrn geworfen hatte. Denn ich nahm an, sie fühlten sich ganz ähnlich wie ich, als ich zusah, wie Lady Oonagh nach Sevenwaters kam und ihr Netz über meinen Vater warf. Nur dass diesmal ich die Hexe war. Aber mich trieb die Notwendigkeit, meine Arbeit zu vollenden und meine Brüder zu retten. Nichts zählte so sehr wie das. Und zu diesem Zweck musste ich hier bleiben, unter dem Schutz des Roten. Ich hatte gedacht, wenn es vorüber wäre, würde ich gehen, und der Teich würde sich wieder beruhigen, als hätte nie jemand die Stille gestört. Ich hatte nie daran gedacht, wie dem Roten zumute sein musste. Vielleicht, weil es zu schwierig war, mir vorzustellen, ihm von seinem Bruder zu erzählen, wie ich es eines Tages wohl würde tun müssen.
    Ich kniete mich vor ihn hin, so dass er mich ansehen musste. Zeigte ihm einen Spiegel seines eigenen Gesichts. Du – müde. Du – traurig, besorgt. Das bewirkte ein freudloses Grinsen. Es gefiel ihm nicht, dass ich das Gespräch seinen eigenen Gefühlen zuwandte.
    »Ja, mir fehlt es ein wenig an Schlaf. Das passiert, wenn man nachts aufwacht und einem Dämonen ins Ohr flüstern. Aber wie könntest du wissen, wie sich das anfühlt?« Er hatte mir diese Bemerkung

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