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Die Tochter des Fälschers

Die Tochter des Fälschers

Titel: Die Tochter des Fälschers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Heigel
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Augen öffnen über den Betrug, der an ihnen verübt wurde und noch wird.“ Damit erhob sie sich, fest und mit gereiftem Entschluß. –
    Reinhold aber schritt in behaglicher Gemächlichkeit auf dem Weg nach Hause. Die Fürstin hatte ihm viel Verbindliches über seine Predigt gesagt. Er war in gehobener, freudiger Stimmung. Wie ruhevoll und stattlich lag hinter den Lindenbäumen das Pfarrhaus! Der junge Priester konnte nicht umhin, vor seinem Eintritt einen dankbaren Blick zum Himmel auszusenden, der ihn mit seltenem Glück überschüttet hat, denn es ward ihm bei äußerem Wohlstand ein heiliger Beruf, dem er mit Begeisterung anhängt, eine schöne, geliebte Braut, und als Zeugin seines Glücks lebt ihm noch in voller Gesundheit die Mutter.
    „Glauben Sie,“ sprach er zu dieser, als Beide wenige Minuten nach Reinhold’s Heimkehr beim Mittagsmahl saßen. „daß ich der Vorbereitung zu meinen Predigten kaum bedürfte. Sobald ich die Kanzel betrete und mein Auge auf Sie, auf Amanda fällt, bin ich von der Güte und Liebe Gottes so durchdrungen, daß die Worte sich von selbst fügen, ja, daß mir die Stunde nicht genügt, meiner Gemeinde das zu sagen, was mich im Innersten so schön bewegt. Wohl glaube ich vom Himmel mehr als Viele begünstigt zu sein, aber auch nirgends finde ich unglückliche Verhältnisse, ohne die Spur eines ursprünglich weisen Planes, der zum Glück führte, wenn nicht die Menschen ihn durch eigene Schuld verwirrten!“
    Die Mutter schwieg. Hatte sie vorher die traurige Mittheilung beabsichtigt, so wagte sie jetzt doch nicht, eine gottselige Stimmung durch den entsetzlichen Mißton zu entweihen. „Ich kann nicht!“ rief das Muttergefühl in ihr, „ich kann es nicht über die Lippen bringen; mag er das Unheil von Andern erfahren!“
    Nach der Mahlzeit verabschiedete sie sich daher vom Sohn, um einige Freundinnen zu besuchen. Sie kannte die Welt und kannte die Macht der Fama.
     
    Kaum zwei Stunden waren vergangen, so wußte vom Verbrechen des Rendanten der reichste und ärmste Bürger. In allen Kreisen tönte die Kunde: Günther hat seine Casse bestohlen! und wer sie hörte, ward erschüttert. In den Sälen des benachbarten Schlosses, in Wirthsstuben, Küchen und Ställen der Stadt flüstert man, ringt man die Hände. Auf den Straßen hält man sich an und raunt sich’s zu, zweifelt eine Secunde, um dann desto fester zu glauben. Vieler Jahre hat es bedurft, den Ruf Günther’s so stolz und in Aller Herzen zu begründen, eine Stunde genügt, ihn zu stürzen. Das ist ein schwerer Schlag für gute und ehrliche Gemüther, das ist ein Fest für die bösen Zungen! – –
    In der Gesellschaftsstube des Gerichtsrathes sitzt ein Kreis von älteren Damen und Herren um den Kaffeetisch. Die junge Welt schäkert und plaudert in traulichen Ecken und Fensternischen. Da wird die Thür aufgerissen; mit hochrothem Antlitz stürzt die fürstliche Räthin, eine geschworene Feindin der königlichen Rathsgattin, in’s Zimmer. „Wissen Sie das Neueste?“ ruft sie. „Der Rendant Günther hat in sieben Jahren die Summe von achttausend Thalern unterschlagen.“
    Alles fährt empor.
    „Um Gottes willen, schweigen Sie!“ bebt der Herr des Hauses, ein würdiger, edel gesinnter Mann. Aber es ist zu spät.
    [ 35 ] Ein bleiches Mädchen tritt mit funkelnden Augen auf die Dame: „Das ist nicht wahr, das hat mein Vater nicht gethan!“ Und sie schlägt einen Blick, einen verzweiflungsvoll bittenden Blick zum Justizrath empor. Vertheidige den Geschmähten! Wie sie die Verwirrung, das rasche Erröthen und Erbleichen des Mannes sieht, wie nach einer Minute athemloser Spannung dieser schweigend sich abwendet, da bricht sie ohnmächtig in den Armen Reinhold’s zusammen, mit dem sie kurz vorher in seliger Liebe geschwärmt hatte.
    Man bringt sie zu sich; man bittet, beschwört sie, man schmeichelt ihr, man tröstet das arme Kind – aber sie ist kein Kind mehr. Sie hört nicht auf das Nichts der glatten Worte, sie fühlt nur die einzige, furchtbare Wahrheit. Stumm lehnt sie jede Hülfe, jede Beileidsbezeigung, selbst die Hand ihres Geliebten ab und verläßt das Haus, das zum Grab ihres Glücks geworden.
    Wie sie nach Hause kam, wußte sie nicht. Was sie den Vater dort fragte und sagte, wußte sie nicht. Aber dieser schreit gegen die Tochter, wie gegen eine Gespenstererscheinung, die zur Gruft winkt. Und als sich gleich darauf die Thür des Krankenzimmers öffnete und der Justizrath mit fahlem, unglücksweissagendem

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