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Die Tochter des Fälschers

Die Tochter des Fälschers

Titel: Die Tochter des Fälschers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Heigel
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Sie, bitte ich, wie den Schmuck. Leben Sie wohl! Gott segne Sie! Gott segne Herrn Reinhold – Theodor!“
    Lange starrte Michaelis das Papier an. Es mußte wohl auch in der Stube eine kalte Luft wehen, denn der Doctor wischte sich die Angen und schüttelte sich. „Blitzkind!“ sagte er dann. „Läuft mir davon! – Trotzdem gefällt’s mir. Sie hat Ehrgefühl und steht auf eignen Füßen. – Aber, Donnerwetter, sie soll ja nicht schon selbstständig handeln! Wozu bin ich Vormund? – Wenn das die Stadt erfährt, giebt es ihrem Ruf den Rest. Ich muß eine Ausrede finden.“
    Er verschloß Zimmer und Haus. Im Garten blieb er stehen. Es fehlte ihm etwas. Plötzlich schlug er sich ärgerlich vor die Stirn. „Richtig, den Hans hab’ ich vergessen! Nun läuft er in der Stadt umher. Ah, Alles geht schief! Am liebsten ging’ ich auch davon.“
    7.
    Der Weihnachtsabend brach an. Ein Duft von Tannen, ein geschäftiges Hin- und Hergehen und geheimnißvolles Treiben in allen Straßen und Häusern der Hauptstadt. Für Amanda schmückte Niemand den Christbaum. Still saß sie über ihre Arbeit gebückt in der Tante Wohnstube. Frau Schunke – so hieß die Tante – war eine kleine, corpulente Pastorswittwe, voll der seltsamsten Widersprüche im Innern und Aeußern. Schneeweißes Haar rahmte ein volles Gesicht von lebhafter Hautfarbe, mit hervorquellenden grauen Augen ein. Trotz ihrer sechzig Jahre trug sie beständig helle Kleider und war in ihren Bewegungen hastig und ruhelos, wie ein ungezogenes Mädchen. Jetzt aufgelöst in Schwermuth und Sentimentalität, loderte sie im nächsten Augenblick wegen eines Nichts grimmig auf und schrie und schimpfte wie ein Fischweib. Gutmüthig und boshaft, keck und schlau, hatte sie etwas von einer Katze, die nach Laune schmeichelt oder kratzt. Kinder hatte sie nie gehabt. Seit ihres Mannes Tod ertheilte sie jungen Mädchen Gesangunterricht, und obwohl alle Welt ihre geringen Fähigkeiten dazu kannte und schmähte, benutzte und zwang sie nichtsdestoweniger alle Welt, ihr jährlich eine Anzahl von Schülerinnen zu schaffen.
    Als Amanda am Morgen ihrer Ankunft sich der Tante vorstellte, die traurigen Ereignisse erzählte und um Rath bat, riß Frau Schunke sie enthusiastisch an ihr Herz, vergoß Ströme von Thränen und schwur bei den Manen ihres Gatten sowohl, als ihrer Schwester, Amanda wie eine Tochter zu halten. Sie räumte ihr ein Stübchen zum Arbeiten ein und gab ihr Nachts ein Bett neben ihrem eigenen. Am dritten Tag schon änderte sich ihre Laune und blieb die folgenden Wochen gleich schlecht. Sie hatte tausend Dinge an ihrer Nichte auszusetzen, hielt zornige Reden über schlechte Erziehung, beweinte die Heirath ihrer Schwester und schmähte den Rendanten; kurz, Amanda hatte schwere, kummervolle Stunden. Sie sollte das Hauswesen in Ordnung halten, nähen, sticken und gleichwohl immer bei der Tante und für deren Unterhaltung besorgt sein; sie mußte in ihrer Trauer singen und Clavier spielen, was Frau Schunke jedesmal Gelegenheit gab, über die Talentlosigkeit ihrer Nichte sich die Haare zu raufen. Allabendlich waren die Sünden des Rendanten das Gesprächsthema, und wenn Amamda um Schonung bat, ward ihr versteckter Hochmuch und eitle Verblendung vorgeworfen. Amanda ertrug alle Launen, Nachts aber weinte sich ihr gepreßtes Herz aus. Dann wachte nicht selten Frau Schunke, die einen leisen Schlaf hatte, auf und schrie das arme Mädchen an, daß sie seinetwegen die ganze Nacht nicht schlafen könne. –
    Am Weihnachtsabend war Amanda müde, denn vom frühsten Morgen an hatte sie der Magd beim Scheuern und Gardinenaufziehen geholfen. Trotzdem ließ sie, sobald die Lampe brannte, sich zu neuer Arbeit am Stickrahmen nieder, während die Frau Schunke bequem auf dem Sopha lag und gähnend bald in der Bibel, bald in Modejournalen und Notenheften blätterte.
    „Es thut mir leid,“ begann die Tante, „es thut mir leid, daß ich Dich heute allein lassen muß. Aber sage selbst, ob ich Deinetwegen die Einladung der Baronin Großkopf refusiren konnte? – Du kennst die Baronin?“
    „Nein, Frau Tante.“
    „Du kennst sie nicht? Das wundert mich. Sie besucht mich doch sehr oft!“
    „Sie vergessen, Tante, daß ich bei Ihren Besuchen nie zugegen sein darf.“
    „Nicht darf?! Als ob ich es Dir je verboten hätte! Gott, ich bin ja so gut! Aber ich kenne die Aristokratie. Adelige werden durch die Gegenwart armer, bürgerlicher Wese, wie Du, genirt. Deshalb lobe ich es, daß Du Dich nicht zu

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