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Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin

Titel: Die Tochter des Magiers 01 - Die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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neuer Trichter. Es dauerte nur wenige Augenblicke, und er war bis zur Hüfte eingesunken. Dabei war er immer noch zu weit von Tasil entfernt, sodass der ihm nicht helfen konnte – nur zusehen.
    Zuerst versank das bis zuletzt kämpfende Pferd und mit ihm der lederne Sack, dann der Junge, mit in Todesangst weit aufgerissenen Augen. Tasil stand mit zusammengebissenen Zähnen am Rand des Trichters und wartete, bis es vorbei war. Der Sand füllte leise raschelnd die Vertiefungen auf, die die beiden Körper hinterlassen hatten, dann rührte sich nichts mehr. Tasil blickte zum Himmel. Die Bussarde waren verschwunden. Die Sonne stand immer
noch am Scheitelpunkt ihrer Bahn und versengte mitleidlos jedem Geschöpf, das sich zu dieser Tageszeit in die offene Wüste wagte, die Haut. Es war die tote Stunde. Tasil bedachte sie mit einem Fluch. Dann stieg er auf sein Pferd und trieb es weiter nach Süden.

Die Dolche der Hakul
    Verlassen und leer liegt das Land zwischen den Roten Hügeln und dem Dhanis, und kein Korn Gerste fließt mehr von dort in die Kammern des Raik.
     
Kerva der Schreiber , Bericht für den Hohen Verwalter
     
     
    Die Nacht war angebrochen, und die Taube hatte am Ufer des Dhanis angelegt. Sie war ein gedrungenes Schilfboot, beinahe eher ein Floß, fast so breit wie lang, mit wenig Tiefgang und einem rechteckigen Segel am kurzen Mast. Im Bug waren Fässer, Ballen und Bündel gestapelt, im Heck gab es einen Verschlag für lebende Ware. Etwa zwei Dutzend Menschen drängten sich in dem engen Holzkäfig. Es waren Sklaven, Namenlose. Sie fanden kaum genug Platz, um zu sitzen, und sicher nicht genügend, dass in der Nacht alle gleichzeitig liegen und schlafen konnten. Sie saßen dicht an dicht, einige mit dem Rücken aneinandergelehnt, und unterhielten sich flüsternd.
    »Ich dachte, wir würden es heute schaffen, und jetzt müssen wir noch eine Nacht in diesem Loch verbringen«, sagte ein junger Mann.
    »Ja, ich verstehe es auch nicht. Meine Knochen würden sich freuen, wenn ich sie mal wieder richtig ausstrecken könnte«, bestätigte ein älterer.
    Trotz der drangvollen Enge gab es eine schmächtige Gestalt,
die alleine in einer Ecke des Käfigs saß. Es schien, als wollten die anderen ihr nicht zu nahe kommen. Zwei Krieger bewachten den Verschlag. Sie standen am Mast, und ihre Silhouetten zeigten, dass sie mit Speer und Schild bewaffnet waren.
    Die Schiffsführer hatten die Taube in einer kleinen Bucht vertäut. Hier floss das Wasser des Stroms nur träge. Am Ufer hatte einst eine Siedlung gelegen, eingezwängt zwischen dem Dhanis und dem Höhenzug des Glutrückens, doch das Dorf war wohl schon vor langer Zeit zerstört worden. Ölpalmen und Rotdornbüsche wuchsen zwischen den Ruinen, und raues Gras hatte sich auf geborstenen Lehmziegeln angesiedelt.
    »Was macht Atib?«, fragte der Jüngere jetzt.
    »Er steht immer noch da drüben auf der Mauer.«
    »Aber wozu?«
    »Frag ihn doch«, brummte der ältere.
    Atib der Händler stand auf den Mauerresten eines niedergebrannten Hauses und starrte nach Osten. Die ersten Sterne zeigten sich am Himmel. In Mauerspalten hockten Zikaden und Grillen und erfüllten die warme Abendluft mit ihrem zirpenden Gesang. Der Fluss rauschte leise. An einem Lagerfeuer, dicht beim Schiff, saßen sechs Männer. Zwei von ihnen trugen den rockartigen Sker, die kurze, leichte Kleidung der Flussschiffer. Drei der anderen waren an ihren ledernen Waffengurten und den schmucklosen Bronzehelmen als Krieger zu erkennen. Ihre Speere hatten sie in Griffweite in den Boden gerammt, die mannshohen Lederschilde an eine verbrannte Mauer gelehnt. Der Jüngste von ihnen war damit beschäftigt, die Sehne seines kurzen Bogens zu fetten.
    »Sieh dir nur den kleinen Dyl an«, flüsterte einer der Sklaven im Verschlag.
    »Was ist mit ihm?«, fragte eine junge Frau zurück.
    »Er behandelt den Bogen mit einer Liebe, wie er sie sicher noch keiner Frau geschenkt hat.«

    Leises Gelächter lief durch den Verschlag. Die beiden Wachen am Mast hoben argwöhnisch die Köpfe, und das Lachen verstummte.
    Der größte der Männer am Feuer, der alle anderen noch im Sitzen um Kopfeslänge überragte, trug einen langen, ledernen Schuppenpanzer, der ihm im Stehen sicher bis an die Schenkel reichte. Jetzt lag der Saum in Falten im Staub. Eine schwere Bronzeaxt ruhte auf seinen Knien. Ihr Blatt war geschwärzt, aber an der einen oder anderen Stelle schimmerte matt das Metall hindurch. Ein Zeichen häufiger Benutzung. Der

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