Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
Vom Netzwerk:
dir finden wird, also gib dich nicht mit den Fangstößen ab, die die Arme, Beine und den Kopf schützen, sondern pariere nur Stöße, die auf den Körper zielen, obwohl du natürlich weißt, daß einer kommen wird, den du nicht parieren kannst.
    Seine rechte Hand drückte zitternd auf seine Magengrube, und er fragte sich beklommen, welches Stück gegenwärtig gesunder Haut bald zerreißen würde, um mehrere Zoll kalten Stahls einzulassen.
    In einer Stunde wird es vorüber sein, dachte er. Bemühe dich, in dieser letzten Stunde soviel Haltung zu zeigen wie Jacky, als ihre Zeit gekommen war. Denn auch sie hatte es gewußt, hatte es seit jenem Abend im Jahre 1815 gewußt, als du hinreichend betrunken warst, ihrem Drängen, Zeitpunkt und Umstände ihres Todes zu erfahren, nachzugeben.
    Ashbless straffte die Schultern und ging von der Anhöhe den Pfad zum Fluß hinab, seinem Mörder auf halbem Weg zu begegnen.
    Der Mann blickte auf und schien erschrocken, Ashbless auf sich zukommen zu sehen. Ich frage mich, was die Ursache unseres Streites sein wird, dachte Ashbless. Wenigstens ist er nicht jung - sein Bart ist so weiß wie meiner. Und nach seiner gebräunten Hautfarbe zu urteilen, hat er sich im Ausland aufgehalten. Doch sieht sein Gesicht irgendwie vertraut aus.
    Als sie noch ein Dutzend Schritte auseinander waren, blieb Ashbless stehen. »Guten Morgen«, rief er, und er war stolz, wie ruhig und fest seine Stimme klang.
    Der andere blinzelte und grinste schlau, und Ashbless begriff mit Unbehagen, daß der Mann geistesgestört war. »Du bist er«, sagte der Fremde mit brüchiger Stimme. »Nicht wahr?«
    »Ich bin wer?«
    »Doyle. Brendan Doyle.«
    Ashbless antwortete in einem Ton, der seine Überraschung verbarg: »Ja, aber das ist ein Name, den ich seit fünfunddreißig Jahren nicht mehr führe. Warum? Kennen wir uns?«
    »Ich kenne dich. Und...«, sagte er, den Degen ziehend, »ich bin gekommen, dich zu töten.«
    »Ich dachte es mir«, sagte Ashbless ruhig. Er trat zurück und zog den eigenen Degen. Der Wind wisperte im langen Gras. »Hat es einen Sinn, nach dem Grund zu fragen?«
    »Du weißt, warum«, versetzte der andere und sprang rasch wie ein Peitschenschlag vor; Ashbless konnte den Stoß mit einer wilden Außenparade in der Sixt parieren, vergaß aber den Gegenstoß.
    »Ich weiß wirklich nicht, warum«, keuchte er, bemüht, auf dem weichen Grund einen festen Stand zu finden.
    »Es ist, weil...«, sagte der Mann und stieß eine schnelle Finte mit sofortigem Nachstoß, der Ashbless mit einer kreischenden Kreisparade knapp entging, »weil ich nicht sein kann, solange du lebst.« Der Degen des Mannes flog aus der Bindung hoch und stieß nach Ashbless' Brust, so daß dieser aus der Distanz springen mußte. Als er sich von neuem aufgebaut hatte, stieß er seitwärts vor, und Ashbless fühlte, wie die, Degenklinge Jackenärmel und Hemd und Unterarm durchschnitt und gegen den Knochen schrammte.
    Er war so verblüfft, daß er beinahe vergaß, den nächsten Stoß zu parieren. Das ist falsch, dachte er verwirrt; ich weiß, daß man mich nicht mit einem verwundeten Arm finden wird!
    Und dann lachte er befreit auf, denn er hatte die Erklärung gefunden.
    »Gib auf oder stirb«, rief Ashbless seinem Gegner beinahe fröhlich zu.
    »Du bist es, der sterben muß«, stieß der gebräunte Mann hervor, setzte zu einem Vorstoß an und brach ihn auf halbem Weg ab, um Ashbless zu einer vorzeitigen Parade zu provozieren; Ashbless aber fiel nicht darauf herein und band die gegnerische Klinge mit einer eigenen Quart, stieß dann mit einer starken Bindung vor, die seine Degenspitze korkenzieherartig vorwärts trieb, und tief in den Bauch des anderen. Er fühlte, wie die schmale Klinge gegen die Wirbelsäule stieß und sich bog.
    Der Mann fiel zurück und saß gekrümmt im nassen Gras, hielt sich mit Händen, die schon blutig waren, den Leib. »Schnell«, keuchte er, blaß unter seiner Bräune, »ich sei du.«
    Ashbless starrte auf ihn hinab, und seine Hochstimmung war augenblicklich verflogen.
    »Mach schon!« knirschte der Mann am Boden, der seinen Degen verloren hatte und nun vorwärts zu kriechen versuchte. »Geh über mich!«
    Ashbless trat zurück. Sein Gegner kroch noch einen Schritt oder zwei vorwärts, dann brach er zusammen und blieb im Gras liegen.
    Mehrere Minuten vergingen, ehe Ashbless sich von der Stelle rührte, und als er es tat, geschah es, um neben dem Körper niederzuknien, der aufgehört hatte zu atmen, und die Hand

Weitere Kostenlose Bücher