Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
nicht einmal ruhig daliegen, während ich Gefahr laufe, mich vor Qualen einzunässen, ohne dass irgendetwas Schwachsinniges passiert. Ich habe die Stimme doch weggeschickt.«
»Und dann hast du sie zurückgeholt.«
»Und dann bin ich sie noch einmal losgeworden!«, fauchte er. »Ich habe sie weggeschickt und seit einer Woche nichts mehr von ihr gehört … oder … eher seit zwei Wochen. Es ist schwierig, auf dem Meer die Zeit im Auge zu behalten.« Er deutete nachdrücklich auf den Sandboden unter seinen Füßen. »Jedenfalls sollte dieser Mist vorbei sein.«
»Ach, nun sieh dich nur an«, meinte sie und grinste. »Du regst dich schließlich darüber auf, dass eine verrückte Stimme in deinem Kopf, die dir befiehlt, Dämonen zu töten, nicht logisch ist.« Sie seufzte. »Der Grund, warum du von mir träumst, ist derselbe, der dir überhaupt ermöglicht hat, sich ihrer Hilfe zu bedienen. Genauer, seiner Hilfe. Er lässt einen niemals wirklich allein.«
»Was? Niemals?«
»Er ist ein Teil von dir. So wie du ein Teil von ihm bist. Er hat seine Macht in dich investiert und kann nicht so einfach abgeschüttelt werden.«
»Das habe ich niemals gewollt.«
»Nein wirklich, du hast das nicht gewollt? Keiner von uns wollte das! Aber er hat uns trotzdem auserwählt. Und wir tun, was er von uns verlangt.«
»Aber …« Lenk rieb sich den Kopf. »Ich habe noch andere Stimmen gehört. Diese Leute im Eis haben mir einiges erzählt. Aber dort war einer, der mir sagte, ich solle Kataria nichts tun, weil das nichts …« Er starrte sie plötzlich an, als er begriff. »Du. Du hast das zu mir gesagt.«
»Das habe ich.«
»Aber du hast gesagt, wir …«
»Er wollte nur, dass du sie tötest, weil sie dich von dem abgelenkt hat, was er von dir wollte. Du hast ihn ihretwegen bekämpft. Natürlich wollte er, dass sie verschwindet. Aber du hast dich geweigert, immer und immer wieder.«
»Und was tut er jetzt? Schläft er?«
»Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. So etwas hat noch nie jemand mit ihm gemacht. Er könnte verschwunden sein. Vielleicht ist er einfach weggegangen, vielleicht versucht er auch herauszufinden, wie er dich kontrollieren kann und ob es hilft, wenn er dir deine Hoden durch die Nase herauszieht.«
»Aha. Du bist also hierhergekommen, nur um mir das zu erzählen?«
»Ich bin hierhergekommen, weil ich mir Sorgen um dich gemacht habe. Ich wollte, dass du in Sicherheit bist und glücklich. Es gibt nämlich wirklich nicht mehr so viele von uns, und diejenigen, die übrig sind, leben für gewöhnlich nicht lange. Entweder werden wir aus der Gesellschaft ausgestoßen und von den Menschen ermordet, oder aber von Dämonen, wenn wir alt genug sind, um gegen sie kämpfen zu können.«
»Was denn, es gibt noch andere Dämonen?«
»Selbstverständlich. Sie existieren bereits seit Äonen, schmieden insgeheim Ränke gegeneinander und versuchen diejenigen zu sein, die am Ende die totale Macht über die Sterblichen erringen. Jetzt gibt es einen weniger.« Sie lachte leise. »Das bedeutet natürlich nur, dass die anderen jetzt ein Hindernis weniger überwinden müssen und ihrem Ziel viel näher gekommen sind, uns alle zu versklaven. Aber lass dich davon nicht entmutigen.«
Lenk sah blinzelnd auf seine Füße. »Also, was passiert jetzt?«
»Das kann ich dir wirklich nicht verraten. Niemand wird dir jetzt noch sagen, was du tun sollst.« Sie drehte sich herum und zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, dass dein Wille und dein Schicksal jetzt dir gehören.« Sie runzelte die Stirn. »Ich beneide dich. Ein bisschen jedenfalls.«
»Warum nur ein bisschen?«
»Weil du möglicherweise an deinen Verletzungen sterben könntest und er nicht da ist, um das zu verhindern.«
»Oh.« Er blickte auf den Boden, als sie davonging, den Strand entlang. Dann kam ihm ein Gedanke. »Warte. Ich konnte dich hören … und auch die anderen, die toten Leute im Eis. Ich kann sie jetzt nicht mehr hören, aber …«
Sie lächelte schelmisch, als sie über die Schulter blickte. »Ich vermute, dass ich dann wohl nicht tot bin.« Sie blickte hoch, als könnte sie etwas an dem wolkenlosen Himmel ablesen. »Du wirst jetzt aufwachen wollen.«
»Aber ich habe immer noch …«
»Vertrau mir.«
Sie ging weiter, verblasste in nur drei Atemzügen und verschwand, während die Sonne heller erstrahlte.
Er schreckte aus dem Schlaf hoch, aus Gewohnheit. Er konnte sich einfach nicht mehr daran erinnern, wie Leute normalerweise aufwachten. Vielleicht
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