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Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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antwortete und Carolin sich in die Polster drückte und die Lippen zusammenpresste. Wie blass sie war! Nicht nur, dass sie helle Haut und aschblonde Haare hatte, auch ihre Kleidung war blass. Die bunten Pullis, die Lucia ihr gekauft hatte, die gemusterten T-Shirts, die grünen, roten und pinkfarbenen Baumwollhosen – sie alle lagen unberührt in Carolins Schrank.
    Erik wandte sich wieder um und ging langsam auf den Imbiss zu, in dem sich viele Wartende die Zeit mit Kaffee und Snacks vertrieben. Doch er blieb vor der Tür stehen und hielt das Gesicht in den Wind. »Wie ist diese Frau ermordet worden?«
    »Erdrosselt, Chef. Mit einem Stück Wäscheleine. Anscheinend aus dem eigenen Badezimmer.«
    »Wann?«
    »Schwer zu sagen. Aber Dr. Hillmot meint, sie ist schon seit mindestens zwei Tagen tot. Genaueres wird er uns später erzählen.«
    »Und wer hat sie gefunden?«
    »Ihre Putzfrau. Die kommt jeden Montag. Sie hat einen eigenen Schlüssel.«
    »Irgendwelche Verdächtigen?«
    »Bis jetzt nicht. Aber wir fangen ja auch gerade erst an.«
    In der Imbissstube wurden die Zeitungen zusammengefaltet, die Tassen zur Seite geschoben, die Jacken vom Haken genommen. Einige Autofahrer liefen zu ihren Wagen, die ersten Motoren wurden gestartet. »Es geht los, Sören. Ich liefere meine Schwiegermutter zu Hause ab, dann komme ich nach Kampen.«
    Als der Wagen auf den Autozug rollte, war das Meer schon ein Stück näher gekommen. Erik liebte diesen Augenblick. Er öffnete das Fenster einen Spalt und sog die Luft ein, die in kleinen übermütigen Böen hereinfuhr.
    Mit einem Mal wurde Carolin redselig. »Mit dem Bau des Hindenburgdamms wurde 1923 begonnen«, teilte sie ihrer staunenden Großmutter mit. »Aber schon im Spätsommer kam eine Sturmflut und machte alles wieder kaputt.«
    »Dio mio!« Mamma Carlotta griff sich ans Herz.
    »Keine Sorge«, warf Erik ein, »heute ist keine Sturmflut zu erwarten.«
    Mamma Carlotta nickte beruhigt und lauschte weiter den Erklärungen ihrer Enkelin: »Am 1. Juni 1927 war alles fertig. Und da der Damm vom damaligen Reichspräsidenten Hindenburg eingeweiht wurde, nannte man ihn Hindenburgdamm.«
    »Madonna, was bist du doch für ein kluges Mädchen, Carolina. Genau wie deine Mamma!«
    Der Zug setzte sich langsam in Bewegung, rumpelte dann immer lauter und schneller, strebte dem Meer entgegen, das schon wie eine Verheißung hinter den Weiden zu erahnen war. Der Wind, der das Auto voller frischer Nordseeluft pumpte, wurde immer kühler, immer dreister. Mamma Carlottas Augen wurden größer, ihre Gesten immer pathetischer, bis sie schließlich die Hände vor der Brust faltete, als das Wattenmeer sich öffnete. Es sah so aus, als wollte sie ein Dankgebet zum Himmel schicken. Erik empfand in diesem Augenblick eine ganz neue Sympathie für seine Schwiegermuter angesichts dieser gefalteten Hände. Vielleicht würde Mamma Carlotta, die zu Hause bei fünfundzwanzig Grad im Schatten schon zu frösteln begann, ja doch das raue Klima der Nordseeinsel ertragen, ohne täglich mehrmals die Madonna anzurufen und um eine andere Strafe zu bitten.
    Lucia hatte sich selbst im Hochsommer demonstrativ eine Strickjacke übergeworfen, wenn sie an den Strand ging. Aber dann hatte Erik einmal beobachten können, wie sie lächelnd, mit sanften, verträumten Augen, den Möwen nachblickte, die kreischend den Sylt-Shuttle verfolgten – und in diesem Augenblick wurde ihm klar, dass sie nach einem Urlaub in Umbrien genauso heimkehrte wie er selbst. Sylt war Lucias Heimat geworden. Diese Erkenntnis war einer der glücklichsten Momente in Eriks Leben gewesen.
    Eigentlich hatte er vorgehabt, einen Umweg zu fahren, Mamma Carlotta die schönsten Seiten von Westerland zu zeigen, ihr einen Blick auf die Dünen und den Strand zu gönnen, dann ganz gemächlich nach Wenningstedt hinein, am Kurzentrum vorbei, bei Gosch an der Kliffkante frischen Fisch fürs Abendessen kaufen, vielleicht sogar einen Prosecco trinken, damit Mamma Carlotta sich heimisch fühlte … Aber nun wollte er so schnell wie möglich nach Kampen. Der Mordfall ließ ihm keine Ruhe.
    Sie hatten kaum das Ortseingangsschild passiert, da lachte Mamma Carlotta so befreit auf, als habe sie plötzlich entdeckt, dass Sylt eine Region Italiens sei. Aufgeregt wies sie auf ein Schild: »Da! Vino rosso! Vino aus Montepulciano!«
    Erik warf nur einen kurzen Blick zur Seite. »Das ist der Imbiss am Hochkamp. Der Inhaber brüstet sich damit, viel herumgekommen zu sein. Deswegen

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