Die Tote im Keller - Roman
Funken Interesse in seinen Augen entzündet.
»Draufgekommen … ich ahnte etwas, als der Indianer sagte, Heinz Becker hätte Tanja mit einem besonders vertrauenswürdigen Freier zum Arzt geschickt. Wer hielt sich zum Zeitpunkt des Mordes nicht sonderlich weit vom Erdkeller auf? Wer war schon vertrauenswürdiger als ein ehemaliger Polizist? Und von welchem der Beteiligten hatten wir bisher kein DNA-Profil erstellt? Von Torleif Sandberg.«
Andersson nickte jetzt, als würde er sich langsam mit den Tatsachen abfinden.
»Wie glaubst du, ist es abgelaufen?«, fragte er kurz.
Irene überdachte ihre Rekonstruktion noch einmal rasch und antwortete dann:
»Alles begann auf Teneriffa. Laut meinem Gewährsmann bei der Polizei gab es dort schon lange Spannungen zwischen verschiedenen Gangstergruppierungen. Vor allem im Zusammenhang mit dem Drogenhandel. Einer der Gangsterbosse, Jesus Gomez, hatte Schulden bei einem anderen Gangsterboss namens Lembit Saar. Gomez verfügte zwar nicht über Bargeld, aber über etwas anderes, worauf Lembit Saar aus war. Er besaß Kontakte. Saar brauchte Mädchen für seinen neueröffneten Nachtclub. Für den eigentlichen Nachtclub gab es sicher genügend Bewerberinnen. Aber er brauchte spezielle Mädchen für spezielle Kunden. Mädchen, die in den Hinterzimmern gefangen gehalten wurden. Mädchen, die sich nicht wehren konnten und die alles mit sich machen ließen. Mädchen, die ihren Besitzern eine Menge Geld einbrachten. Sexsklavinnen.«
Sie verstummte, um Atem zu holen und nachzudenken. Ihre Kollegen unterbrachen sie nicht.
»Jesus Gomez setzte sich mit Heinz Becker in Verbindung. Dieser hatte zwei Mädchen, die Saars Wünschen entsprachen. Sehr jung und blond. Becker war mit den Mädchen auf Bordell-Tournee, konnte sich aber vorstellen, sie weiterzuverkaufen, nachdem sie in Schweden gewesen waren. Das Problem
war nur, dass keines der Mädchen einen gültigen Pass besaß. Beide hatte Becker ins Land geschmuggelt. Gomez besorgte also gefälschte Pässe. Und damit alles ganz glattgehen würde, ließ er seinem zweiten Mann, Sergej Petrov, gleich auch noch einen ausstellen. Petrov bekam eine neue Identität. Er hieß jetzt Andres Tamm und sollte sich als Vater der Mädchen ausgeben. Mit diesem Decknamen sollte Petrov die Mädchen von Schweden nach Teneriffa eskortieren.«
»Aber die Sache ging schief«, sagte Jonny.
»Das kann man wirklich sagen. Die kleine Russin, die wir Tanja nennen, wurde krank. Schwer krank. Sie bekam eine aggressive Form der Gonorrhö, die sich rasch im ganzen Körper ausbreitete. Sergej Petrov sollte am Donnerstag, den 19. Januar, in Schweden eintreffen, um die Mädchen abzuholen. Am Dienstag, den 17., sah Heinz Becker ein, dass er Tanja zum Arzt bringen musste. Sie war wahrscheinlich in sehr schlechter Verfassung. Aus verschiedenen Gründen konnte er sie nicht selbst ins Krankenhaus bringen. Entweder bat er seinen vertrauenswürdigen Kunden Torleif Sandberg, dafür zu sorgen, dass das Mädchen medizinisch versorgt würde, oder Torleif bot es von sich aus an. Auf alle Fälle war Heinz Becker sicherlich zu Dank verpflichtet. Er wollte bestimmt geheim halten, dass er sich im Land aufhielt und dass das Mädchen ihm gehörte.«
»Kruska-Toto nahm das Mädchen also in seinem Auto mit, fuhr aber nicht geradewegs zum Arzt, sondern nutzte die Gelegenheit dazu, sich etwas Gratis-Sex zu verschaffen«, vermutete Jonny.
Irene nickte.
»So muss es sich zugetragen haben. Wenn man sich die Fotos im Handy ansieht, spricht sehr viel dafür. Außerdem befand sich das Sperma in ihrem Haar. Aber irgendwas ging schief. Wir haben ja gesehen, wie sie sich wehrte. Vielleicht wurde er ja wütend, als sie sich nicht fügen wollte. Was genau passierte, werden wir wohl nie erfahren, aber wir wissen, dass er sie erwürgt hat.«
»Mein Gott«, stöhnte Andersson.
»So ein Schwein!«, rief Fredrik.
»Ja. Das steht außer Frage. Nachdem er Tanja getötet hatte, musste er die Leiche irgendwie beseitigen. Er kannte die Gegend beim Delsjö sehr gut und auch den alten Erdkeller, der nicht mehr verwendet wurde. Er wickelte Tanja in die blaue Fleecedecke, die wir in seinem Auto gefunden haben. Die Fasern der Decke entsprechen den Fasern, die wir an der Leiche gefunden haben. Er fuhr auf diesen kleinen Weg – oder vielleicht befand er sich ja auch dort, als er das Mädchen ermordete –, um Tanjas Leiche in dem Erdkeller zu verstecken. Mit Hilfe irgendeines Werkzeugs brach er das Vorhängeschloss
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