Die Tote im Keller - Roman
Sie noch einmal bei mir angerufen haben«, sagte er.
Er wich ihr rasch mit dem Blick aus, und Irene hörte, wie er murmelte: »Oder vielleicht war ich es ja auch nicht.«
Sie beschloss, so zu tun, als hätte sie diese Worte nicht gehört, und sagte:
»Es ist nett, dass Sie noch einmal gekommen sind. Ich habe Ihnen etwas sehr Bedauerliches mitzuteilen.«
Stefan Sandberg saß ihr während ihrer Ausführungen auf seinem Stuhl reglos gegenüber. Irene erklärte ihm, welche Rolle sein Stiefvater bei dem Mord an der kleinen Russin, die Tanja genannt wurde, gespielt hatte. Sie wollte, dass er die ganze Wahrheit erfuhr, ehe sie ihm als Schlagzeile entgegengeschrien wurde.
Er schwieg lange, nachdem sie geendet hatte. Irene fragte sich schon, ob der Schock vielleicht größer war, als sie vermutet hatte. Torleif und er hatten sich schließlich nach seiner eigenen Aussage nicht sonderlich nahe gestanden.
»Das hier kommt für mich nicht vollkommen überraschend«, sagte er schließlich.
Als hätte er Irenes Gedanken ahnen können.
»Ich hatte Torleifs Computer mitgenommen, einen Laptop. Und das Buch über Ahnenforschung, das daneben lag. Ich dachte, dass es vielleicht interessant sein könnte, mehr über ihn zu erfahren. Schließlich bin ich sein alleiniger Erbe.«
Er presste die Lippen zusammen und fixierte seine gefalteten Hände, die auf der Tischplatte lagen.
»Natürlich gab es da auch Dateien über Ahnenforschung. Und über das Haus in Thailand, aber vor allen Dingen Unmengen von Pornographie. Aller Art! Das Übelste und Ekligste, was man sich vorstellen kann.«
Er strich sich mit der Hand über das Gesicht, als wolle er die Bilder verscheuchen, die er vor seinem inneren Auge sah.
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns diesen Computer zur Verfügung stellen könnten. Er könnte Beweise enthalten. Wir können danach aber auch die Festplatte neu formatieren, falls Sie ihn zurückhaben wollen.«
»Nein danke. Ich will das Ding nie mehr sehen.«
Es schüttelte ihn, dann sagte er nachdenklich:
»Ich fand ihn immer seltsam. Ich mochte ihn nicht. Mama hat immer gesagt, er sei ein Mann mit einem kleinen Gesicht.«
»Drolliger Ausdruck. Was hat sie damit gemeint?«
»Dass Torleif so durchschnittlich war. Dass er nicht auffiel. In einer Menschenmenge hätte ihn niemand bemerkt. Er war irgendwie beige, um es einmal so auszudrücken. Aber wenn man ihn näher betrachtete, dann hatte er seine kleinen Eigenheiten. Er war Vegetarier und rührte keinen Alkohol oder sonstwas an. Er war pedantisch und geizig. Und laut Mama besaß er keinerlei Humor. Ein unauffälliger Mann mit einer etwas seltsamen Persönlichkeit. Aber dass er zu so etwas fähig sein könnte, hätte ich nie gedacht.«
»Nein. Das konnte sich keiner von uns vorstellen.«
Ein großes Dankeschön an:
Thomas Ekman , Kriminalkommissar, Polizeibehörde Västra Götaland, LKP/Trafficking/Dezernat für Menschenhandel. Es war ungemein wertvoll zu erfahren, wie die Situation auf dem Markt für Zwangsprostituierte heute in Schweden aussieht und was die Polizei in Göteborg zur Bekämpfung des Menschenhandels unternimmt.
Leif Johansson , Leiter der Abteilung Kinder und Jugendliche, und Kristina Andersson , Koordinatorin, beide von der Auslängerbehörde. Sie verschafften mir einen Einblick in die Frage, wie mit Kindern, die ohne Angehörige einreisen und Asyl beantragen, verfahren wird.
Lena Krönström , Lehrerin in Sunne mit estnischer Abstammung. Sie hat mir mit korrekten estnischen Namen für einige meiner Romanfiguren ausgeholfen.
Wie immer habe ich mir große Freiheiten in geographischen Details erlaubt. Ich passe meine Erzählungen nicht an die tatsächliche Geographie an, sondern die Wirklichkeit richtet sich nach den Geschichten. Keine meiner Figuren hat bewusste Ähnlichkeit mit lebenden Personen, mit Ausnahme von Sammie, meinem eigenen Hund. Und dieser begegnet seinem zweiten Dasein als fiktiver Hund mit Gelassenheit.
Helene Tursten
Die schwedische Originalausgabe erschien 2007 unter dem Titel »En man med litet ansikte« bei Piratvörlaget, Stockholm.
2. Auflage
Genehmigte Taschenbuchausgabe Februar 2010
Copyright © der Originalausgabe 2007 by Helene Tursten Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2007 by btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Umschlaggestaltung: semper smile, München
Umschlagfoto: plainpicture / Johner
SL · Herstellung: SK
eISBN
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