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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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ich. Lass mich nachdenken … ist der Vater des Mädchens ein Armeeangehöriger? In ziemlich hoher Stellung?«
    »Ein General. Ich bin ihm schon begegnet.«
    »Ah, du machst also Fortschritte! Ja, er war ein Kunde. Jetzt weiß ich’s wieder! Vor ein oder zwei Monaten. Ich kann in meinen Büchern nachsehen, wenn du willst, aber ich erinnere mich an das meiste … er kam, um Kontakt zu seiner Frau zu bekommen. Sie ist gestorben. Vor drei Jahren, oder?«
    »Ach ja. Netter Kerl, aber mir war, als ob ihn eine Aura der Niedergeschlagenheit umgab.«
    »Eine Aura, wie? Ich glaube, diesen Begriff hast du nicht aus dem Polizeihandbuch!«
    »Das ist nicht der rechte Zeitpunkt, um schnoddrig zu werden, Maisie! Etwas, das er sagte, vermittelte mir diesen Eindruck … etwas Trauriges.« Joe runzelte die Stirn in dem Bemühen, sich an die Worte zu erinnern, die so leichthin gesagt worden waren. »Er bat mich, ich solle mich gut um Tilly kümmern, denn sie ›ist alles, was ich noch habe‹ - etwas in der Art.«
    »Ja, sie ist offenbar wirklich alles, was er noch hat. Die Leute kommen immer mit einer Frage, weißt du, Joe. Traurig, denn an diesem Abend kam keine Antwort, aber was er von seiner Frau wollte, war die Zusicherung, dass ihre älteste Tochter es sicher geschafft hatte und nun bei ihrer Mutter in der geistigen Welt war. Manche Menschen haben immer noch Zweifel, dass man auf der anderen Seite willkommen ist, wenn man Selbstmord begeht. Sie hat sich umgebracht, Joe.«

27. KAPITEL
    »Tja, sie ist nicht gerade Dorothy Wilding, oder?« Cyril betrachtete den Fotoausschnitt, den Joe auf den Tisch gelegt hatte. »Ich nehme ein Bier vom Fass, wenn Sie es spendieren. Und ein Schinkensandwich mit Senf.«
    Joe bahnte sich seinen Weg zur Bar in der Cock Tavern und gab seine Bestellung auf. Er trug die Humpen in die Abgeschiedenheit des Ecktisches, für den sie sich entschieden hatten, und beide nahmen dankbar einen Schluck. Joe beschloss, ein allgemeines Gesprächsthema zu wählen, während sie auf die Brote warteten. »Lassen Sie uns das genießen, solange wir können, oder, Cyril? Man weiß nie, wie lange die Vorräte noch reichen! Ich schätze mich glücklich, Sie an diesem Dienstagmorgen erwischt zu haben - den man den ersten echten Streiktag nennt. Keine Untergrundbahn. Keine Züge. Heftige Kampfreden im Parlament, Chaos in den Straßen - ich hätte gedacht, Ihr Chefredakteur würde Ihnen eine Kette anlegen und Sie an die Schreibmaschine fesseln, damit Sie auch ja alles aufschreiben.«
    Cyril gab einen geringschätzigen Laut von sich. Offenbar hatte ihn sein Humor verlassen. »Genau das Gegenteil. Wir sind verdammt noch mal ausgesperrt worden! Auf Anweisung der Regierung. Erst wurde die Daily Mail geschlossen und jetzt wir. Der Rest folgt noch. Aber machen Sie sich keine Sorgen - die neuesten Nachrichten werden dennoch veröffentlicht. Ich habe von einem Kumpel bei der Morning Post gehört, dass sie ab heute die Büroräume besetzt haben und ein Propagandablatt mit dem Titel British Gazette auf die Straße bringen. Als Herausgeber fungiert der Finanzminister!«
    »Dieser Feuerfresser Churchill? Er ist vehement gegen den Streik. Hält ihn für einen Versuch, die Regierung zu stürzen.«
    »Dann haben wir wohl kaum eine unvoreingenommene, objektive Berichterstattung zu erwarten«, schmollte Cyril.
    »Sind Sie geschockt, Cyril?«, meinte Joe leise. »Ich bin nämlich geschockt. Sieht so die Pressefreiheit aus, an der uns allen so viel liegt?«
    »Oh, es wird noch schlimmer!«, erklärte Cyril kummervoll. »Sie haben sich jetzt das Radio vorgenommen. Senden fünfmal am Tag Regierungsbulletins. Fangen mit Baldwins flammender Rede vor dem Parlament an und rufen dann die Allgemeinheit - damit ist jeder zwischen siebzehn und siebzig gemeint - dazu auf, sich freiwillig für Streikbrecheraufgaben zu melden. Busse zu fahren oder bei der Bahn und in den Kraftwerken zu arbeiten. Das wird mörderisch! Können Sie sich das vorstellen? Studenten in Knickerbockerhosen am Steuer eines Londoner Omnibusses! Schüler an den Kontrollen einer U-Bahn! Großmütter in den Stellwerken!«
    Er nahm einen stärkenden Schluck Bier und schimpfte weiter. »Und sind Sie in letzter Zeit am Hyde Park vorbeigekommen? Sieht aus wie ein Armeelager. Ich war heute Morgen dort. Sie bezeichnen es als Lebensmittelausgabe. Es wimmelt vor Damen mit Titeln, alle tragen identische Hüte mit hoher Krempe und Regenmäntel im Militärstil. Als ob sie sich gegenseitig angerufen

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