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Die Tote

Die Tote

Titel: Die Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion
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so erholt, dass ich’s kaum aushalte. Wann fährst du zu Wedel?«
    »Jetzt gleich«, antwortete Charlotte und griff nach den Autoschlüsseln.
    »Ich komm mit«, sagte Bergheim und stemmte sich aus seinem Stuhl.
    Charlotte blickte ihren Freund und Kollegen liebevoll an. »Du weißt, dass das nicht geht. Du bist krankgeschrieben. Die eine Woche hältst du es schon noch ohne den   ZKD   aus, oder?«
    »Nein«, erwiderte Bergheim, »ich habe tausend Realityshows, eine Million Quizsendungen, etliche Thriller und zwei Krimis gesehen. Schauderhaft.«
    Bergheim schüttelte sich und hüpfte auf Charlotte zu, die ihm die Krücken reichte.
    »Vielleicht solltest du es mal mit Lesen versuchen«, schlug Charlotte vor und hielt ihm die Tür auf. »Tom Sharpe, zum Beispiel. Der ist schön zynisch, den wirst du mögen.«
    »Von mir aus«, brummte Bergheim und stakte hinter Charlotte den Flur entlang. »Hauptsache keinen Krimi.«
    »So einen schon«, erwiderte Charlotte grinsend und nahm sich vor, das Buch heute Abend aus ihrer Krimisammlung herauszusuchen, die neben Georges Simenon, Poe und natürlich Agatha Christie auch Romane wie »Puppenmord« von Tom Sharpe enthielt.
    * * *
    Sie saß geduckt hinter dem langen Vorhang und biss an ihren Fingerspitzen herum. Die Nägel waren längst bis auf die wunden Kuppen abgekaut. Aber sie biss weiter, weil der Schmerz guttat. Seltsam, dachte sie noch, wie konnte Schmerz guttun? Vielleicht war sie nicht normal? Vielleicht war sie hier schon durchgedreht und wusste es bloß noch nicht? Sie klemmte die Lippen zwischen die Zähne und die Hände in die Achselhöhlen.
    Da war es wieder. Die Klinke wurde hinuntergedrückt. Es war kaum zu sehen, weil sie keine Glühbirne in ihrer Lampe hatte und von dem trüben Tag da draußen nur wenig Licht durch das schmutzige vergitterte Fenster fiel. Es klopfte, und sie begann wieder zu kauen. Es hatte wenig Sinn, die Tür zu versperren, das wusste sie. Er würde sie aufbrechen, auch wenn er sich damit noch Zeit ließ.
    Sie hatte einen der alten Holzstühle zertrümmert und von dem abgesplitterten Holz einen Keil unter die Tür geschoben. Das würde ihn nicht lange aufhalten. Wenn sie nur das Bett davorschieben könnte. Aber es war so schwer, dass sie es keinen Millimeter hatte bewegen können. Und dann hatte sie festgestellt, dass es an der Wand festgeschraubt war. Und außer dem Bett hatte sie nur den Stuhl gehabt und einen kleinen Tisch. Was sie tat, war zwecklos, aber irgendwas musste sie tun, wenn sie schon nicht hier wegkam.
    Der Keil bewegte sich. Er hämmerte von der anderen Seite dagegen. Sie presste sich in die Fensternische, wickelte sich in den Vorhang ein und wusste doch, dass es ihr nicht helfen würde. Gleich würde er reinkommen. Sie schloss die Augen, presste die Stirn auf die Knie, die sie umschlang. Noch kleiner konnte sie sich nicht machen.
    Sie hörte das schabende Geräusch, das die sich öffnende Tür verursachte, und wusste, dass er drin war.
    * * *
    Charlotte war Dr.   Wedel wirklich dankbar, dass er die Obduktion so schnell angesetzt hatte. Er hatte wohl im Moment nicht so viel zu tun. Vielleicht waren ja am Wochenende einfach mal weniger Leute gestorben. Sie hasste es nämlich, untätig herumzusitzen, und solange sie keine Informationen über die Todesumstände und Identität eines Opfers hatte, blieb ihr kaum etwas anderes übrig, als untätig herumzusitzen. Schliemann war noch dabei, die Vermisstenlisten zu überprüfen, bis jetzt aber ohne Ergebnis.
    Es war kurz vor zwölf, als sie das Büro von Frau Schneider, Wedels Assistentin, betrat. Frau Schneider war eine magere, farblose Person in den Dreißigern, mit blondem Kurzhaarschnitt und dünnen Lippen, die ihren Chef anbetete und Charlotte nicht mochte, weil Wedel sie mochte. Sie hob die Augenbrauen, als Charlotte eintrat und höflich grüßte.
    »Ist Dr.   Wedel schon fertig?«, fragte sie dann und setzte sich unaufgefordert auf den Stuhl, der vor Frau Schneiders aufgeräumtem Schreibtisch stand.
    Frau Schneider nahm die Brille ab und klappte ihr Notebook zu. »Nein, Sie können gerne runtergehen und ihm Gesellschaft leisten.«
    Charlottes Mundwinkel zuckten. »Lieber nicht, ich warte hier, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Frau Schneider nahm Anlauf zu einer schnippischen Erwiderung, die Charlotte aber erspart blieb, denn in diesem Moment kam – oder sollte man besser sagen, quälte sich – Dr.   Wedel durch die Tür. Als er Charlotte sah, zog sich ein breites Grinsen

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