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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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Gouvernement keine schlimmen Krankheiten gegeben habe, Epidemien, tödlich verlaufende Fieber, Pocken und dergleichen; und nach allem fragte er mit einer Genauigkeit, die auf mehr als bloße Neugierde schließen ließ. In seinen Manieren hatte der Herr etwas Gesetztes und schneuzte sich außerordentlich laut. Es war nicht zu erkennen, wie er das eigentlich anstellte, aber seine Nase tönte wie eine Trompete. Diese anscheinend ganz unschuldige Eigenschaft erwarb ihm indes in hohem Grade die Achtung des Kellners, so daß dieser jedesmal, wenn er den betreffenden Ton hörte, seine Haare zurückwarf, sich respektvoll geraderichtete und, von seiner Höhe den Kopf herabbiegend, fragte, ob etwas gefällig sei.
    Nach dem Mittagessen trank der Herr eine Tasse Kaffee und setzte sich auf das Sofa, wobei er sich ein Kissen hinter den Rücken schob, das, wie in russischen Gasthäusern üblich, statt mit elastischer Wolle mit etwas gestopft war, was mit Ziegeln und Kieselsteinen die größte Ähnlichkeit hatte. Hier begann er zu gähnen und ließ sich daher auf sein Zimmer führen, wo er sich hinlegte und zwei Stunden schlief. Nachdem er sich auf diese Weise erholt hatte, schrieb er, der Bitte des Kellners nachkommend, auf ein Stück Papier seinen Rang, Vornamen und Familiennamen, damit dies gebührendermaßen der Polizei mitgeteilt werde. Während der Kellner die Treppe hinunterstieg, las er auf dem Zettel buchstabierend folgendes: »Kollegienrat Pawel Iwanowitsch Tschitschikow, Gutsbesitzer, in eigenen Angelegenheiten.«
    Während der Kellner immer noch an dem Zettel herumbuchstabierte, ging Pawel Iwanowitsch Tschitschikow selbst aus, um sich die Stadt anzusehen. Er schien mit ihr zufrieden zu sein, denn er fand, daß die Stadt anderen Gouvernementsstädten nichts nachgab: die gelbe Farbe der Steinhäuser fiel stark ins Auge, während das Dunkelgrau der Holzhäuser bescheiden wirkte. Die Häuser waren teils ein-, teils zwei-, teils anderthalbstöckig; im letzteren Falle hatten sie jenes ewige Halbgeschoß, das nach der Ansicht der Baumeister der Gouvernementsstädte so hübsch ist. An manchen Stellen sahen diese Häuser wie verloren aus in Straßen von gewaltiger Breite und zwischen endlosen Holzzäunen; an anderen Stellen drängten sie sich auf einen Haufen zusammen, und hier war mehr Leben und Bewegung der Bevölkerung zu spüren. Es fanden sich auch vom Regen fast verwaschene Schilder mit Brezeln und Stiefeln, hier und da auch mit einem gemalten blauen Paar Hosen und dem Namen irgendeines »Schneiders aus Warschau«; dann wieder war da ein Mützengeschäft mit der Aufschrift: »Wasili Fjodorow, Ausländer«; an einer anderen Stelle war ein Billard gemalt mit zwei Spielern in Fracks, wie sie bei uns auf dem Theater die Gäste zu tragen pflegen, die im letzten Akte auf die Bühne kommen. Die Spieler waren dargestellt, wie sie mit den Queues zielten, die Arme etwas nach hinten hinausdrehten und die Beine krumm bogen, als ob sie soeben ein Entrechat in der Luft gemacht hätten. Unter dem Ganzen stand geschrieben: »Hier ist ein Restaurant.« Hier und da standen Tische mit Nüssen, mit Seife und mit Pfefferkuchen, die wie Seife aussahen, einfach auf der Straße. Auch fand sich eine Garküche mit einem gemalten, dicken Fische und einer darinsteckenden Gabel. Am häufigsten begegnete ihm der schon schwärzlich gewordene zweiköpfige kaiserliche Adler, der jetzt bereits durch die lakonische Inschrift »Trinkstube« ersetzt ist. Das Pflaster war überall ziemlich schlecht. Er warf auch einen Blick in den Stadtgarten, der aus dünnen, nur schlecht fortkommenden Bäumchen bestand, unten mit Stützen in Gestalt von Dreiecken, die sehr hübsch mit grüner Ölfarbe angestrichen waren. Obgleich übrigens die Bäumchen nicht höher als Schilf waren, so wurde doch in den Zeitungen bei Schilderung einer Illumination von ihnen gesagt: »Unsere Stadt ist dank der Fürsorge des Stadthauptmannes mit einem Garten geschmückt, der aus schattigen, breitästigen Bäumen besteht, die an schwülen Tagen eine angenehme Kühle spenden«, und »es war sehr rührend zu sehen, wie die Herzen der Bürger vor überwältigender Dankbarkeit zitterten, und wie sie Ströme von Tränen vergossen zum Zeichen der Erkenntlichkeit gegen den Herrn Stadthauptmann.« Nachdem er sich bei einem Polizisten eingehend erkundigt hatte, wie er am nächsten gehen könne, wenn er nach dem Dom, nach dem Gericht und zum Gouverneur wolle, ging er hin, um sich den Fluß anzusehen, der

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