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Die Toten von Bansin

Die Toten von Bansin

Titel: Die Toten von Bansin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pupke
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die Haustür aufgeht. Die Frau, die eilig hereinstürmt, trägt trotz ihres Alters und einer beträchtlichen Körperfülle Jeans und eine knallrote Steppjacke, die gut zu den kurzen grauen Haaren passt. Sie hat die gleichen strahlend blauen Augen wie Sophie und auch die hohen Wangenknochen sowie das ausgeprägte Kinn lassen Verwandtschaft erahnen. Die Zeit hat im Gesicht der Alten mehr Lach- als Sorgenfalten hinterlassen und Sophie hofft, dass sie in 25 Jahren genauso aussieht wie ihre Tante heute.
    Â»Plötz will wissen, was du an Fisch haben willst, er hat schönen Zander gefangen«, teilt die nun kurzatmig mit, ohne sich mit einem Gruß aufzuhalten.
    Sophie lacht. »Guten Morgen, Tante Berta. Setz dich erst mal hin, so eilig wird es ja wohl nicht sein. Kaffee?« Sie hat die Kanne schon in der Hand und nimmt eine Tasse vom Frühstücksbüfett.
    Berta schüttelt den Kopf. »Natürlich ist es eilig, sonst wär ich ja wohl nicht so gerannt. Da sind schon einige am Strand, die Fisch haben wollen. Heute Mittag gibt’s nichts mehr. Also, was ist nun?«
    Â»Hast du eigentlich schon von der Erfindung des Telefons gehört? Ich glaub, sogar die Fischer haben inzwischen Handys.«
    Â»Ja, bloß dass Plötz da nicht rangeht, wenn er gerade anderes zu tun hat. Und das hat er. Nämlich Fisch verkaufen.«
    Â»Also gut. Renate!«
    Die Köchin wischt sich die Hände an ihrem Vorstecker ab, als sie aus der Küchentür schaut. »Guten Morgen, Berta«, grüßt sie freundlich und sieht Sophie fragend an.
    Â»Lass doch mal Anke einen Moment auf das Essen aufpassen und geh zum Strand runter. Wenn’s da ein paar schöne Zander gibt, können wir die heute Abend für die Halbpension nehmen, oder was meinst du?«
    Â»Wir können den auch schön heute Mittag verkaufen, die Pensionsgäste hatten schon zweimal in dieser Woche Fisch und gestern Rinderbraten, wir wollen doch mal nicht übertreiben.« Renate blickt ihre Chefin herausfordernd an.
    Berta nickt zustimmend. »Richtig. Der Winter ist lang und die Bank will jeden Monat ihr Geld haben. Bratkartoffeln mit Hering sind auch ein schönes Essen.«
    Â»Na, dann seid ihr euch ja mal wieder einig.« Sophie gießt ihrer Tante nun doch Kaffee ein. »Sag Plötz, er soll eine Rechnung schreiben, Berta bringt ihm nachher das Geld«, ruft sie der Köchin nach, die eine Jacke über ihren weißen Kittel gezogen hat und schon das Haus verlässt.
    Dann setzt sie sich ihrer Tante gegenüber. »Magst du ein Brötchen? Die sind noch schön frisch.«
    Berta seufzt. »Du weißt doch, was der Doktor gesagt hat. Ich soll abnehmen. Aber – na ja. Ich kann ja morgen damit anfangen.«
    Â»Schmier doch statt Leberwurst Quark drauf. Und heute Abend isst du eben mal nur Knäckebrot oder Schwarzbrot ohne Butter und ein Stück Fisch.«
    Â»Ja. Und in der allergrößten Not, da schmeckt der Fisch auch ohne Brot«, höhnt Berta, streicht dick Marmelade auf die Brötchenhälfte und legt eine Scheibe Käse darauf. Sophie schüttelt sich.
    Â»Ãœbrigens«, die alte Frau spült den letzten Bissen mit einem Schluck Kaffee herunter und sieht ihre Nichte besorgt an, bevor sie weiterspricht.
    Â»Bist du eigentlich sauer, dass sich der Stammtisch praktisch an den Strand verlagert hat? Ich meine – wenn du willst, bring ich die Gäste wieder her. Plötz wächst das sowieso bald über den Kopf. Da kommen immer mehr, tun so, als wollen sie nur Fisch kaufen und setzen sich dann in seine Hütte und trinken Bier. Und dann pinkeln sie einfach in die Dünen.«
    Â»Nein, lass die um Gottes Willen bloß da. Ich meine, als das hier noch deine Kneipe war, gehörten die Fischer am Stammtisch einfach dazu. Aber jetzt passen die nicht mehr hierher. Du weißt ja, wie sie manchmal hier ankamen, direkt vom Strand, in Stiefeln und Arbeitsklamotten voller Fischschuppen. Dazu der Lärm, wenn sie getrunken haben, und das Rauchen ist inzwischen auch verboten. Nein, sei mir nicht böse, das geht wirklich nicht mehr.«
    Â»Na gut. Ehrlich gesagt, fühlen wir uns da in der ollen Fischerhütte auch wohler als hier, wo alles piekfein ist. Aber wenn es uns da zu kalt wird im Winter, dann dürfen wir doch mal wieder herkommen, oder?«
    Â»Klar, Tante Berta. Im Winter ist das kein Problem. Wenn nicht gerade eine Reisegruppe da ist. Dann mach ich

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