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Ein Cowboy für Bille und Zottel

Ein Cowboy für Bille und Zottel

Titel: Ein Cowboy für Bille und Zottel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Caspari
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Frau Beck hat ein Geheimnis
     
    „Ich wünschte, ich wäre die heilige Johanna!“ stöhnte Karlchen und starrte verbiestert auf einen einzelnen Strohhalm zu seinen Füßen, den Bille beim Ausfegen der Stallgasse übersehen hatte.
    „Und warum denn das, um Himmels willen?“
    Bille ließ vor Staunen fast den Besen fallen. Sie konnte sich Karlchen allenfalls als Wikingerfürsten vorstellen, mit seinem brandroten Schopf und den Sommersprossen auf der Nase. Aber als Jungfrau in glänzender Ritterrüstung — womöglich noch mit Heiligenschein?
    „Ganz einfach!“ Karlchen lehnte sich verträumt zurück und drückte das Geschichtsbuch, in dem er gerade gelesen hatte, liebevoll an die Brust. „Ich würde zu meinen Eltern gehen und sagen: Hört mal, Leute, mir ist da eben ein Engel erschienen, der mir befohlen hat, nach Frankreich zu ziehen — am besten gleich ans Mittelmeer — und dort ein neues, glücklicheres Land zu gründen, wo die Menschen frei sind von Zwang und Nötigung. Gebt mir ein Pferd und eine Rüstung, der Rest wird sich finden...“
    „Der Vergleich hinkt doch auf allen vier Füßen!“ meinte Bille kopfschüttelnd. „Erstens hat die heilige Johanna kein neues Reich gegründet. Zweitens würdest du deine Eltern sicher nicht um ein Pferd bitten, sondern um ein neues Moped — und drittens: was willst du mit der Rüstung? Außerdem kapiere ich immer noch nicht, warum du in Frankreich ein neues, glückliches…“
    „Herrgott noch mal!“ unterbrach Karlchen sie. „Ist das so schwer zu verstehen? Ich brauchte meinen Eltern nicht von den drei Fünfern in Mathe zu sagen und davon, daß sie in die Sprechstunde unseres Klassenlehrers kommen sollen. Es wäre klipp und klar, daß ich zu Höherem berufen bin und daß so kleinliche, irdische Dinge für mich keine Bedeutung haben.“
    „Komisch, mir ist noch nie aufgefallen, daß du dich zur Heiligkeit berufen fühlst“, sagte Bille grinsend und fegte die letzten Strohhalme in eine der Boxen. „Komm, hilf mir den Hafer verteilen!“
    Karlchen rutschte widerwillig von der Futterkiste hinunter und öffnete den Deckel.
    „Fast nichts mehr drin! Wir müssen auf Petersen warten, der hat den Schlüssel für den Speicher.“
    „Na schön — dann setz ich mich solange in die Reithalle und schau Herrn Tiedjen bei der Arbeit zu. Du kannst ja pfeifen, wenn du mich brauchst.“
    Bille verließ den Stall und ging über den Hof zur Reithalle hinüber. Es war ein ungewöhnlich milder Dezembertag, fast roch die Luft nach Frühling, aber die früh einbrechende Dämmerung erinnerte daran, daß bald Weihnachten war.
    Auf dem Hof war es still. In der Küche des Gutshauses von Groß-Willmsdorf gingen die Lichter an, dort begann jetzt Frau Engelke, die Haushälterin Herrn Tiedjens, das Abendbrot vorzubereiten. Eigentlich traurig, dachte Bille, so ein großes Haus, in dem die meisten Zimmer nie bewohnt werden...
    Auch im Büro drüben brannte Licht. Bille erkannte die alte Gutssekretärin Frau Beck, die mit dem Verwalter, Herrn Lohmeier, und dem landwirtschaftlichen Assistenten, der scherzhaft von allen „Edmund der Weise“ genannt wurde, heftig diskutierte. Worüber die sich wohl stritten? Sicher wieder über eine der allerneuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Edmund der Weise aus einer Fachzeitschrift ausgegraben hatte und nun in der Praxis anwenden wollte. Musikberieselung für das Getreide, damit es besser wuchs, oder so was.
    Bille betrat die Reithalle und hockte sich leise auf die Bank, die sich hinter der Ballustrade an der Stirnseite des Raumes befand.
    Herr Tiedjen lächelte Bille kurz zu, dann konzentrierte sich seine Aufmerksamkeit wieder ganz auf das Pferd, das er ritt — Troilus, einen Neuling unter dem Sattel, einen bildschönen Fuchswallach, mit breiter Blesse und vier gleichmäßig weißen Fesseln. Er wird fast noch hübscher als seine Mutter Troja, dachte Bille. Ein richtiger Star, wenn er sich auch unter dem Sattel so erfolgreich entwickelt.
    Troilus tänzelte und warf unruhig den Kopf hin und her. Herr Tiedjen sprach leise auf ihn ein, versuchte ihn immer wieder ruhig zu stellen und lobte ihn reichlich, wenn er gehorcht hatte.
    Das Gewicht des Reiters in seinem Sattel schien Troilus durcheinanderzubringen. Kein Wunder, es war erst das zweite Mal, daß Herr Tiedjen ihn nicht an der Longe hatte. Ein halbes Jahr lang hatten der alte Petersen und Herr Tiedjen Troilus auf diesen Tag vorbereitet — hatten ihn an der Führleine daran gewöhnt, auf

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