Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
dass eine erneute Schwangerschaft äußerst riskant wäre, folgte die Nervenkrise und bald darauf ihr innerer Rückzug.
Und nachdem sie ihre Therapie abgebrochen hatte, schwante Hilmar allmählich, dass es etwas Dunkles in ihrer Vergangenheit gab, über das sie nicht sprechen wollte. Er konnte sich aus ihren Andeutungen bloß zusammenreimen, dass es etwas mit ihrer Zeit im Referendariat zu tun hatte, er vermutete eine äußerst unglückliche Liebschaft, manchmal sogar einen sexuellen Übergriff, den sie hatte erleiden müssen.
Immer wieder hatte er Versuche gestartet, sie zum Reden zu bringen, doch vergeblich.
Und irgendwann hatte er es ganz aufgegeben.
Dass sie in ihren Beruf zurückkehrte, war wohl ausgeschlossen, auch wenn er es ihr insgeheim wünschte, der Mensch wuchs doch mit seinen Aufgaben, zumindest war das Hilmars Credo.
Er hatte ein paar Mal versucht, sie zu einer leichteren Tätigkeit zu überreden, ihr vorgeschlagen, sich selbstständig zu machen, ihr sogar angeboten, dafür eine Immobilie zu kaufen. Theresa in einem kleinen Laden mit allerhand Krimskrams, so hübsch hatte er sich das ausgemalt. Theresa hingegen war wütend geworden. Das sei unter ihrem Wert, hatte sie ihn angeschrien.
Alles, was ihr blieb, war ihr Tanzkurs zweimal in der Woche, Modern Dance , wenn er sich recht entsann. Hilmar verstand nicht viel vom Tanzen.
Und dann die Nächte bei ihrer Schwester, wenn sie es bei ihm nicht mehr aushielt. Nächte der Distanz.
Abstand, dachte er, den brauchte er auch gelegentlich. Manchmal war es für ihn leichter, zerschlagen im Büro auf der Liege zu erwachen und zum Kaffeeautomaten draußen im Gang zu schlurfen, als Theresas hoffnungslosen Blick am Morgen zu ertragen und sich wieder fragen zu müssen, ob jemals der Glanz in ihre Augen zurückkehren würde.
Und bald darauf empfand er aber wieder dieses heftige Aufwallen von Zärtlichkeit für sie, wenn er es bereute, sie zu oft allein gelassen zu haben, und einmal mehr eine zaghafte Wiederannäherung im Bett wagte, im Dunkeln nach ihrer Hand griff und sie zu streicheln begann.
Hilmar würde sich selbst nicht unbedingt als den leidenschaftlichen Typ bezeichnen, doch etwas mehr Entgegenkommen von ihr wäre erfreulich, ein schwaches Signal ihrer Lust, ein Aufseufzen vielleicht.
Zuweilen erschreckte ihn der Gedanke, sie hätte mit ihrer Körperlichkeit längst abgeschlossen.
Und nun dieser bittere Verdacht, so plausibel, dass er einer jähen Erkenntnis glich: Sie betrügt mich.
Ein Satz wie ein Giftpfeil. Worte, die nicht mehr aus seinem Kopf zu verbannen waren.
Dass er nicht schon früher daran gedacht hatte. Wie arglos von ihm, was für eine Selbsttäuschung.
Und er hatte sich noch zurückgenommen, bemüht, sein Herzklopfen zu ignorieren, als Stefanie Dachs neu zu ihnen in die Mordkommission gekommen war, ihr Lächeln, der Blick, ihr Eifer, seine Freude, mit ihr zusammenzuarbeiten, seine heimlichen Überlegungen, ob er sie nicht einmal scheinbar unverfänglich nach der Arbeit irgendwo treffen könnte: Nichts, er hatte sich jeden Gedanken daran umgehend verboten. Er war doch verheiratet, und Theresa brauchte ihn.
Und heute, nach dem dritten vergeblichen Versuch, sie auf dem Handy zu erreichen – es war zwar eingeschaltet, aber sie hob einfach nicht ab –, folgte das verhängnisvolle Gespräch mit Hanna, ihrer Schwester.
In Endlosschleife lief es vor ihm ab.
»Hallo, hier ist Hilmar, könntest du mir mal Theresa an den Apparat holen ?«
»Ist gerade ungünstig.«
»Ich möchte ihr nur kurz etwas sagen.«
»Schreib ihr doch eine SMS .«
»Also, hör mal …«
»Ich glaube, sie schläft schon.«
»So früh ?«
Sein Misstrauen wuchs. Doch um sie nicht zu verschrecken, verwickelte er sie zunächst in ein harmloses Geplänkel über ihr Privatleben. Sie lebte allein, seines Wissens hatte sie nie einen Mann gehabt, hinzu kam ihre berufliche Unzufriedenheit, ein stressiger Job als Krankenschwester, Wechselschichten, schlecht bezahlt. Er vernahm Schluckgeräusche, ein Glas klirrte, sie schenkte sich wohl öfter nach. Offenbar hatte er sie in einem schwachen Moment erwischt.
Schließlich versuchte er es mit einem überraschenden Vorstoß: »Du kannst mir ruhig die Wahrheit erzählen, Hanna. Ich weiß doch längst, dass Theresa nicht bei dir ist.«
Sie schwieg einen Tick zu lange.
»Natürlich ist sie hier, ich sagte doch, sie schläft.«
»Ich glaub dir kein Wort.«
Wieder wurde Flüssigkeit in ein Glas geschüttet, wieder hörte er
Weitere Kostenlose Bücher