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Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Matesic
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- zu belustigen schienen. Zu seinem Pferd, das er Arok nannte, pflegte er offensichtlich eine liebevolle Beziehung. Er bedachte es oft mit Streicheleinheiten und flüsterte ihm freundliche Worte ins Ohr, wenn er seinen Kopf tätschelte. Er war offensichtlich ein Einzelgänger, der sich nicht viel aus Gesellschaft machte. Elea hatte auch genügend Gelegenheiten, Maéls Gesicht aus der Nähe in Augenschein zu nehmen. Sie konnte überhaupt nicht verstehen, warum er diese schreckliche Maske die ersten Tage ständig getragen hatte; denn Grund, sich dahinter zu verstecken, hatte er keineswegs. Er hatte feine Gesichtszüge, die ihm etwas Edles verliehen. Seine schwarzen Augenbrauen verliefen in einer leicht geschwungenen Linie über seinem blauen und schwarzen Auge, die etwas schräg standen, was ihm wiederum etwas Geheimnisvolles und Fremdartiges verlieh. Die hohen Wangenknochen, die schlanke, gerade Nase und das etwas kantige Kinn betonten seine männlichen Gesichtszüge. Sein Mund hatte sanft geschwungene Lippen. Die Brandnarbe auf der Wange unter seinem blauen Auge verlieh ihm ein verwegenes, fast wildes Aussehen - ebenso wie sein nachtschwarzes, blau schimmerndes Haar, das sein blasses Gesicht mit glatten, dicken Strähnen bis über die Schultern hinaus umrahmte. Elea musste widerwillig zugeben, dass er der bestaussehendste Mann war, dem sie jemals begegnet war. Zusammen mit seiner überdurchschnittlichen Größe und seinem schlanken athletischen Körper gab er einen imposanten Mann ab. Mit der Schätzung seines Alters hatte Elea allerdings Probleme. Er war auf jeden Fall älter als Kellen, aber deutlich jünger als Albin.
    Am letzten Tag vor dem geplanten Aufbruch nach Moray drehten sich Eleas Gedanken - wie so oft in diesen letzten Tagen – um Maél. Sie war wütend auf sich selbst, weil er sie zunehmend faszinierte. Die Frage, warum sein Hass und seine Brutalität, mit denen er ihr anfangs begegnete, in ein fast freundschaftliches Necken umgeschlagen waren, ließ sie einfach nicht los.
    Tief in ihren Grübeleien versunken war ihr gar nicht aufgefallen, dass die Krieger sich mit ihren Schwertern um Maél versammelt hatten. Sie standen in einem weiten Kreis um ihn herum, direkt vor dem Vorsprung, unter dem sie ihren trockenen Schlafplatz hatten. Elea saß erwartungsvoll auf ihrem Umhang und schaute gebannt auf die Männer.
Was machen die nur?
Maél stand im Mittelpunkt des Kreises in konzentrierter Abwehrposition und hatte – Elea konnte es kaum glauben – die Augen verbunden. Alle Männer hatten ihre Brustpanzer angelegt. Elea fühlte die Anspannung der Krieger bis in ihre Fingerspitzen. Plötzlich wurde die schwere Stille von dem Schrei eines Kriegers, der hinter Maél stand, gestört. Dieser hatte sich blitzschnell gedreht und die auf ihm entgegenkommenden, mit brachialer Gewalt ausgeführten Hiebe gekonnt abgewehrt und seinerseits den Krieger mit eleganten, fast lässigen Stößen wieder zu seiner Ausgangsposition zurückverbannt. Maél hatte kaum seinen Platz in der Mitte wieder eingenommen, da kam schon der nächste Angriff durch einen Schrei angekündigt. Auch dieser Krieger konnte Maéls schnell hin und her tanzender Klinge kaum folgen und wurde ebenfalls auf seinen Platz verwiesen. Nachdem jeder eine Kostprobe von Maéls Kunst der Schwertführung genießen durfte, zog der offensichtlich allen überlegene hoch gewachsene Mann noch ein zweites Schwert aus der Scheide. Es war kürzer, aber dafür hatte es eine breitere Klinge. Dann stellte er sich wieder in die Mitte des Kreises, nahm die Augenbinde ab und ging in Abwehrstellung. Elea biss sich angespannt auf die Unterlippe und rutsche nervös auf ihrem Umhang hin und her. Nach einer Weile schrie Maél:
„Jetzt!“
Elea traute ihren Augen nicht. Das Schauspiel, das sich ihr bot, raubte ihr den Atem. Alle Männer stürzten sich gleichzeitig auf Maél, der pfeilschnell durch die Luft wirbelte und die von allen Seiten auf ihn zustoßenden Hiebe parierte. Er schlug einen Salto rückwärts über einen Angreifer, während er in der Luft ein anderes auf ihn zukommendes Schwert abwehrte, das den Krieger durch die Wucht von Maéls Abwehrschlag zurücktaumeln ließ. Dann drehte sich Maél blitzschnell im Kreis und schlug mit seinen beiden Schwertern den Angriff von vier Soldaten nieder, indem er sogar zwei gekonnt mit seinen zwei Klingen das Schwert entwand. Elea wurde ganz schwindelig, da sie, wie gebannt, nur Maéls Bewegungen verfolgte und ihn keinen Moment aus den

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