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Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Matesic
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einer Weile kam sie darauf, warum sie sie immer wieder anstarrten. Sie hatte vergessen, ihr Tuch um den Kopf zu wickeln. Da sie es zum Waschen benutzt hatte, wollte sie es erst trocknen lassen, bevor sie es wieder um ihren Kopf drapierte. Rasch stellte sie ihre Schüssel auf den Boden und war im Begriff aufzustehen, als Maél das Schweigen brach. „Was habt Ihr vor?“
    „ Ich will nur mein Kopftuch holen. Eure Männer starren mich an, als müssten sie um ihr Leben fürchten.“
    „ Das ist nicht notwendig. Sie sind Krieger und sollten eigentlich vor einer jungen Frau, keine Furcht verspüren. Oder was meinst du, Jadora?“, wandte er sich spöttisch an den Hauptmann, der Maél einen verdrießlichen Blick zuwarf und die Männer schroff aufforderte, sich zusammenzureißen.
    „ Außerdem haben wir auf diese Weise eine zweite Lichtquelle, meint Ihr nicht auch“, fuhr Maél in amüsiertem Ton fort. „Sehr witzig!“, erwiderte Elea empört, setzte sich aber wieder ohne weiteren Kommentar und zermarterte sich beim Kauen das Hirn, warum dieser einst so brutale Mann sich auf einmal damit zufrieden gab, sich ständig über sie lustig zu machen. Langsam macht mich diese harmlosere Seite fast genauso wütend wie seine arrogante und grausame.
    Nach dem Essen durfte Jadora Elea noch zu einer Stelle führen, wo sie ihre Notdurft verrichten konnte. Als sie zum Lagerplatz zurückkehrten, fiel ihr Blick sofort auf Maél, der, wie schon in den ersten Nächten, nur zwei Schritte von ihrem Schlafplatz entfernt auf dem Rücken lag. Auf ihrem Umhang lag ein fremdes Schlaffell. Sie ging darauf zu, nahm es in die Hand und roch vorsichtig daran. Ihre Nase nahm einen nicht unangenehmen Geruch wahr. Bevor sie fragen konnte, wem das Fell gehörte, kam ihr der Mann zuvor. „Es gehört mir. Ich brauche es aber nicht so dringend wie Ihr. Ihr habt nichts auf den Rippen und müsst Euch erst noch ein paar Fettpolster anfuttern, um der Kälte besser widerstehen zu können. Deshalb werden wir auch noch ein oder zwei Tage länger hier bleiben, um Euch wieder aufzupäppeln. Die Ruhe wird Euch guttun. Wir haben noch eine anstrengende Reise vor uns.“ Elea kochte innerlich vor Wut. Der mehr als aufschlussreiche Hinweis auf ihre fehlenden Fettpolster brachte das Fass zum überlaufen. Sie warf ihm wutentbrannt das Fell ins Gesicht. „Danke, ich verzichte“, fauchte sie ihn an. Maél richtete sich halb auf dem Unterarm abstützend auf und sagte in drohendem Ton: „Ihr könnt wählen: Entweder nehmt Ihr mein Fell und deckt Euch damit zu oder ich hole Euch zu mir herüber und wir decken uns beide damit zu.“ Wutschnaubend riss sie ihm das Fell wieder aus der Hand, wickelte sich mit fahrigen Bewegungen in ihren Fellumhang und deckte sich theatralisch mit Maéls Fell zu. „Ist es so recht?“, fragte sie spöttisch. Sie ist wieder widerspenstig wie damals im Wald. Das kann ich wohl als Zeichen ihrer Genesung werten. „Braves Mädchen.“ Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, das Elea allerdings in der Dunkelheit nicht sehen konnte. Zu seinem Entzücken blieb ihm jedoch ihre Mimik keineswegs verborgen. Er konnte jede einzelne Veränderung in ihrem Gesicht genau erkennen, da sie sich zu ihm gedreht hatte und ihn genauso fixierte wie er sie. „Was ist eigentlich los mit Euch? Ich erkenne Euch nicht wieder“, platzte es schließlich aus Elea heraus. Maél stellte sich dumm und fragte seinerseits: „Was meint Ihr?“
    „ Ihr wisst genau, was ich meine! Erst jagt ihr mich wie ein wildes Tier durch den Wald, schlagt mich bewusstlos, erniedrigt mich vor meiner Familie, tötet meinen Bruder und hängt mich bei Regen und Kälte an einen Baum. Und dann spielt ihr den barmherzigen Wohltäter und überhäuft mich mit eurer Fürsorglichkeit. Darüber hinaus scheint Ihr es Euch zu einem krankhaften Zeitvertreib gemacht zu haben, Euch über mich lustig zu machen.“
    „ Wenn es Euch lieber ist, werde ich wieder in meine alten Verhaltensweisen verfallen. Ich persönlich ziehe allerdings die neuen vor“, erwiderte er in belustigtem Ton. „Und wie kam es zu dieser wundersamen Wandlung?“, war Elea gespannt zu erfahren. „Nennen wir es eine glückliche Fügung für Euch.“
    „ Eine glückliche Fügung! Dass ich nicht lache! Ich bin immer noch Eure Gefangene und ihr mein Entführer, oder etwa nicht?!“, schnaubte Elea zu dem Mann hinüber. „Da muss ich Euch Recht geben. Aber Ihr müsst zugeben, dass sich die Bedingungen Eurer Gefangenschaft erheblich

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