Die Trantüten von Panem
»Tja, für mich gibt es nur ein Mädchen.«
Das Publikum ist entzückt und will mehr wissen.
Einige der Leute werfen ihm sogar Kusshändchen zu. Wirklich bemerkenswerte Zuschauer.
»Ich habe eine Freundin«, fährt Pita fort, »aber ich habe keine Lust mehr auf sie. Sie stört mich bei meiner Selbstentfaltung, verstehen Sie?« Er blickt direkt in die Kamera. »Emily, falls du zuschauen solltest: Es ist aus. Ich mache Schluss mit dir.«
»Ah … So ein Pech aber auch«, meint Caesarsalad. »Dann gibt es in deinem Leben im Augenblick also niemanden, an dem du besonders hängst?«
»Doch, gibt es«, antwortet Pita. »Die da.« Ich schnappe nach Luft, als ich merke, dass er auf mich zeigt.
Das bringt mich zur Weißglut. Welches Recht hat Pita – oder überhaupt ein Junge –, einfach zu behaupten, dass er mich mag ? In meinem ganzen Leben bin ich noch nie unbegründeter wütend gewesen! Es reichte ja schon, dass wir beim Training so tun mussten, als ob wir befreundet wären. Aber zu behaupten, dass er mich mag ? Dass ich für ihn jemand Besonderes bin? Und das auch noch im Fernsehen ? Das überschreitet alle Grenzen, die ich mir gerade ausgedacht habe, und so einfach lasse ich ihn nicht damit davonkommen.
Außer mir vor Wut stehe ich auf und stürme auf Pita zu. Als er sich umdreht, verpasse ich ihm einen solchen Kinnhaken, dass er von der Bühne stürzt.
»Aua! Würden Sie nicht auch gerne die Vorgeschichte zu diesem vortrefflichen Schlag kennen?«, fragt Caesarsalad das Publikum. Pita klettert benommen zurück aufs Podium. »Aber leider müssen wir uns an die Regeln halten. Die Zeit ist um, die Show ist zu Ende. Bitte bleiben Sie dran und verpassen Sie nicht die neue Episode von Präsident Schneeflöckchen ist ein weiser und gerechter Führer! Gleich jetzt im Anschluss!«
Ich bin noch immer außer mir, als wir das Trainingscenter erreichen. Der Rest meines Teams wartet schon in unserem Apartment auf mich. Es scheint so, als ob alle aus irgendeinem Grund stocksauer auf mich sind.
»Was zum Teufel war mit dir los?«, fährt Edelkitsch mich an. »Du hast nicht ein einziges Mal gehustet!«
»Aaa … no wos«, unterbricht Efi, »warum host etz an Pita so hergfozt?«
»Weil er gesagt hat, dass er mich mag«, erkläre ich. »Und das auch noch vor so vielen Leuten .« Mann, versteht mich hier denn gar keiner?
»Er hod di ›begehrenswert‹ gmacht!«, entgegnet Efi verärgert. »Wenn der Pita sogt, dass er dei Gschpusi sei wui, mechertn des alle. A scheens Deandl is nia alloa!«
Ich komme ins Grübeln. Vielleicht hat mein Team ja doch recht. Ob er mich wirklich begehrenswerter gemacht hat? Vielleicht bin ich mit Pita ein bisschen zu hart ins Gericht gegangen, als ich ihm so heftig wie möglich in die Fresse gehauen habe.
Just in diesem Augenblick wankt er weinend ins Zimmer. »Du … Du hast mich sehr hart geschlagen«, bringt er zwischen den Schluchzern hervor.
»Es tut mir leid, Pita«, entschuldige ich mich. »Ich hätte dir keinen Kinnhaken verpassen sollen.«
Pitas Miene hellt sich auf, als er meine Entschuldigung hört. »Obwohl mein Gesicht immer noch wehtut«, meint er, »geht es meiner Seele schon viel besser. Und die Seele und Gefühle sind schließlich das Wichtigste.«
Beim Abendessen sehen wir uns die Wiederholung der Interviews an, und mein Team versichert mir, dass mein gewaltiger Hieb dem Liebesaspekt bestimmt nicht geschadet hat. »Die Zuschauer glauben jetzt bestimmt, dass du ihn mit einem Mumienliebesfluch belegt hast oder so«, erklärt Penna.
Dann ist es an der Zeit, Abschied von Edelkitsch und Efi zu nehmen. Morgen geht das nicht mehr, da ist alles zu eng getaktet. Efi wünscht mir alles Gute für die Arena, weigert sich aber, mir die Hand zu schütteln. »Des kannt ja oana schpitzgriang«, gibt sie zu bedenken.
»Haben Sie noch einen letzten Ratschlag für mich?«, frage ich Edelkitsch.
»Immer schön am Leben bleiben«, knurrt er und beugt sich zu mir herunter, um mir etwas zuzuflüstern. »Und töte Pita am vierten Tag mit einem stumpfen Gegenstand. Mit deinem Husten hast du mich nämlich ganz schön in Schulden gestürzt.«
Ich verspreche ihm, darüber nachzudenken. Auf dem Weg in mein Zimmer komme ich an Pita vorbei. Er starrt gedankenversunken aus dem Fenster auf die Skyline des Kapitals.
»Worüber denkst du nach?«, erkundige ich mich.
»Ich hoffe nur, dass …«, beginnt er mit belegter Stimme. »Ich hoffe nur, dass alle Tribute nach den Hungerspielen Freunde
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