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Die Trasse von A'hi-nur

Die Trasse von A'hi-nur

Titel: Die Trasse von A'hi-nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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an. Ich nickte. Sie wandte sich Achmed zu, aber der war schon wieder bewußtlos.
    »Was er nur hier suchen mag!« sagte ich, mehr zu mir selbst.
    Am Morgen kamen die Hubschrauber. Wir hatten die Zentrale von den Ereignissen der Nacht verständigt, und so steuerten die Maschinen gleich unseren Lagerplatz an. Der Arzt, ein kleiner, dicker, beweglicher Araber, sprach so schnell mit Achmed, daß wir, die wir nur das dienstlich Notwendige in dieser Sprache ausdrücken konnten, kaum etwas verstanden. Nur soviel war uns klar: Der Arzt forderte die sofortige Überführung Achmeds in ein Krankenhaus, und Achmed, der nun schon wieder ganz munter wirkte, lehnte das ab. In seinen Argumenten mußte Inge eine wichtige Rolle spielen, denn er wies öfter mit den Augen auf sie, und auch der Arzt sah sie ein paar Mal über seine Brille hinweg prüfend an, blieb aber anscheinend bei seiner Meinung.
    Ich hatte über den Ausgang dieses Rededuells gar keinen Zweifel und war im Grunde froh darüber, daß wir den ungebetenen Gast schnell wieder loswerden konnten. Aber ich sollte mich getäuscht haben. Achmed ließ sich schließlich seine Brieftasche geben, zog ein mehrfach gestempeltes Stück Papier hervor und reichte es dem Arzt. Der studierte es, guckte Achmed an, las es noch einmal, gab es zurück und hob resignierend die Arme, als wollte er sagen: Ich habe jedenfalls meine Pflicht getan.
    Er wandte sich an Inge und sprach sie auf englisch an: »Der Patient besteht darauf, hier unter Ihrer Pflege zu bleiben. Er hat eine Gehirnerschütterung, nicht schwer, aber unter diesen klimatischen Verhältnissen auch nicht ungefährlich. Hier im Zelt haben Sie doch ein stabiles Klima? Gut. Die nötigen Medikamente werden Sie in Ihrem Arzneimittelschrank haben. Ich schreibe Ihnen noch die Behandlung auf.«
    Er schrieb etwas auf einen Zettel, riß ihn mit einer energischen Bewegung vom Block und gab ihn Inge. Dann verabschiedete er sich mit einer höflichen, aber ganz bestimmt nicht herzlichen Verbeugung. Er war unverkennbar ärgerlich.
    Ich war auch nicht gerade begeistert. Mir lag auf der Zunge zu sagen: »Wir werden wohl überhaupt nicht gefragt?« Aber mir fiel gerade noch ein, daß unser Gast ja Deutsch verstand, und er war immerhin krank, hatte also Anspruch auf Rücksicht. Und dann konnte das ja auch für hiesige Begriffe als selbstverständlich zur Gastfreundschaft gehören – so genau kannte ich mich in den Landessitten nicht aus, und gegen die wollte ich auf keinen Fall verstoßen.
    Achmed mußte mir vom Gesicht abgelesen haben, was ich dachte, und das war eine beachtliche Leistung, denn ich bilde mir sonst ein, selbst für die Augen meiner Landsleute ein ziemlich undurchdringliches Gesicht zu haben. Achmed sagte nämlich zu mir: »Ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, daß Sie Herr Kinzler sind?«
    Ich nickte und dachte: Junge, Junge, wo hat der bloß sein hochgeschraubtes Deutsch her! Aber er sprach schon weiter.
    »Zunächst möchte ich mich dafür bedanken, daß Sie und Ihre Kollegen mich geborgen haben, und zugleich um Entschuldigung bitten für die Belästigung, die ich Ihnen bereitet habe und leider auch noch weiterhin bereiten muß.«
    Er reichte mir den Zettel, den er dem Arzt gezeigt hatte. Das Schreiben enthielt auf arabisch und deutsch die vielfach gestempelte und unterschriebene regierungsamtliche Anweisung, daß der Bau des Wasserbeckens von A’hi-nur ab sofort einzustellen sei und die Sprengmannschaft bis zu einer endgültigen Regelung der Frage den Weisungen des Stellvertretenden Regierungskommissars Achmed Ben Barka unterstellt sei. Alle daraus entstehenden Fragen seien im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln.
    Ich gab Inge das Schriftstück zu lesen und wandte mich an Achmed. »Dürfen wir wenigstens inzwischen die Ergebnisse der Sprengung vermessen?« fragte ich etwas frostig, was mir einen strafenden Blick von Inge eintrug.
    »Ich bitte Sie darum«, antwortete Achmed, »und ich bitte Sie auch darum, mich nicht für den amtlich-bürokratischen Ton des Schreibens büßen zu lassen. Wir hatten so viel Mühe, die endlosen blumigen Wendungen unserer Muttersprache aus Gründen der Zweckmäßigkeit aus dem Amtsverkehr zu entfernen, daß wir jetzt wohl manchmal ins entgegengesetzte Extrem schlagen.«
    Ich mußte unwillkürlich lächeln. Der müßte unsere Amtssprache kennen! dachte ich – und hatte im gleichen Augenblick das sichere Gefühl, daß er genau diesen Gedanken bei mir hatte hervorrufen wollen. Denn er lächelte

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