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Die Trasse von A'hi-nur

Die Trasse von A'hi-nur

Titel: Die Trasse von A'hi-nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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E s war ausschließlich wegen Herodot, daß wir darauf bestanden hatten, uns unsere Geschichten zu erzählen, jeden Abend ein anderer. Er war der Beste von uns fünfzehn, die wir in Rostock an einem Lehrgang für Unterwasserarbeiten teilnahmen, und er hieß natürlich nicht Herodot, sondern Jochen Kinzler, aber das ist kaum von Belang. Den Spitznamen hatte er sich dadurch eingehandelt, daß er jede freie Minute hinter irgendeinem antiken Wälzer – oder einem Wälzer über die Antike – verbrachte, und das war für uns das erste Rätsel. Jede freie Minute, nur sonntags nicht. Da kam nämlich das zweite Rätsel zu Besuch, und zwar gleich ein Doppelrätsel: ein schmalgliedriger Araber mittleren Alters und ein blondes Wesen, dem keiner lange in die Augen sehen konnte, ohne rot zu werden, weil man immer das Gefühl hatte, diese Augen könnten die Gedanken sehen, die einem angesichts der Figur so kamen.
    Nun mag man sagen, daß daran nichts Rätselhaftes sei, sondern daß so etwas ziemlich häufig vorkomme; das stimmt. Aber das eigentliche Rätsel bestand darin, daß, wenn die drei beieinander saßen oder gemeinsam loszogen, einfach nicht herauszufinden war, wer zu wem gehörte und welchen der beiden Männer das harte Los traf, der dritte zu sein. Wer je solche Lehrgänge besucht hat, weiß, was für scharfe Augen Mitschüler haben!
    Und dann war noch etwas, das uns zuerst gar nicht so auffiel, wenigstens so lange nicht, bis die beiden Besucher zum ersten Mal auftauchten. Bei der allgemeinen routinemäßigen Vorstellung zu Beginn des Lehrgangs hatten wir erfahren, woher Herodot kam. Wir anderen waren alle Seeleute oder hatten doch der Seefahrt verwandte Berufe – er dagegen kam aus der Wüste. Das heißt, genau genommen kam er aus dem Krankenhaus, aber vorher hatte er in der Wüste gearbeitet, bei einem der großen Bewässerungsvorhaben. Ein vollkommenerer Gegensatz zu Unterwasserarbeiten läßt sich wohl schwer denken, und als dann noch der Araber auftauchte…
    Nun muß ich allerdings sagen, daß sich Herodot nicht etwa absichtlich mit einer Aureole des Rätselhaften umgab. Es soll ja vorkommen, daß einer das tut, um sich interessant zu machen, aber er war absolut nicht der Mann dazu. Auch war er nicht etwa unfreundlich; höchstens vielleicht ein bißchen wortkarg – obwohl man sich mit ihm über Wichtiges immer unterhalten konnte. Sobald man aber auf Nebensächliches oder Persönliches kam, entschuldigte er sich: Er habe viel zu lernen, viel nachzuholen, und man solle bitte nicht böse sein…
    Wenn wir ihn gefragt hätten: Hör mal, wir möchten gern wissen, was es mit deinen beiden Freunden auf sich hat und so weiter, dann hätte er sicherlich ohne Zögern darauf Antwort gegeben. Aber wer fragt schon so etwas!
    Also hatten wir – wenn auch nicht nur deshalb – das Geschichtenerzählen aufgebracht und hofften, daß auch er sich eines Abends zu Wort melden würde. Aber der Lehrgang ging seinem Ende zu, und ein paar Vorwitzige schlossen schon Wetten ab, ob Herodot überhaupt erzählen würde. Tatsächlich wartete er ab, bis alle erzählt hatten, und an einem der letzten Abende sagten wir ihm: »Du bist der einzige, der noch nicht erzählt hat. Willst du dich ausschließen?«
    Er lächelte flüchtig und sagte dann: »Ihr wollt also unbedingt wissen, wie das ist mit Inge und Achmed und mir?«
    Wir waren verblüfft, aber noch verblüffter waren wir, als er fortfuhr: »Klaus und Franta werden ihre Wette verlieren, aber das nur nebenbei. Es ist eine lange Geschichte. Ihr könnt darüber schreiben: Die Terrasse von A’hi-nur.«
    Es war wohl keiner unter uns, der von dieser Sache nicht dies oder das gehört hätte. Herodot wartete, bis sich unser Staunen gelegt hatte, dann begann er.

Sprengung in der Wüste
    Große Vorhaben riechen immer ein bißchen nach Abenteuer – wenigstens vorher oder wenn man weit vom Schuß ist. Gut, ich gebe zu, auch hinterher, wenn man dabeigewesen ist und davon erzählen kann oder wenn man mal wieder in die Gegend kommt und sieht, wie sich alles verändert hat. Übrigens da, wo wir damals zuerst gesprengt haben, hat sich nicht viel verändert; der See, für den wir das Bassin aufsprengen sollten, liegt heute 20 km westlich davon, und Bewässerung und Bepflanzung sind noch nicht bis dahin vorgedrungen – ganz im Gegensatz zu den Touristenrudeln. Aber ich merke schon, so kriege ich die Sache nicht richtig in den Griff.
    Also, ich hatte mich für das libysche Bewässerungsprojekt anheuern

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