Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
anzuzünden. Schweigend beobachtete A. J. ihn. „Auch nach zehn Jahren hat dieser Fall nichts von seiner Brisanz verloren, da bin ich sicher. Die Zuschauer werden heute noch ebenso fasziniert sein wie damals.“
Warum seine Ausführungen sie verärgerten, wusste A. J. selbst nicht. Sie versuchte, gegen ihr Missfallen anzukämpfen. „Viele Menschen hielten die ganze Geschichte damals für einen großen Schwindel. Sie jetzt wieder aufzuwärmen wird nur noch mehr Kritiker auf den Plan rufen.“
„Eine Frau in Clarissas Position muss sich täglich mit Kritik und Anfeindungen auseinandersetzen“, gab er zu bedenken. Doch sie schien noch nicht überzeugt zu sein.
„Das mag sein. Aber ich werde ihr ganz sicher nicht empfehlen, einen Vertrag zu unterschreiben, der ihr neuen Ärger garantiert. Es gibt keinen Grund, meine Mandantin einer Hetzjagd im Fernsehen auszusetzen.“
„Sie übertreiben.“ David bewunderte sie dafür, wie sehr sie sich für Clarissa einsetzte, dennoch konnte er ihre Vorbehalte nicht nachvollziehen. „Jeder öffentliche Auftritt von ihr ist eine Belastungsprobe. Wenn ihre Fähigkeiten nicht ausreichen, um vor den Kameras zu bestehen, dann sollte sie ihren Job aufgeben. Sollten Sie als Agentin nicht mehr an die Überzeugungskraft Ihrer Mandantin glauben?“
„Das geht Sie nichts an.“ Wütend stand A. J. auf, um David Brady samt seinem Vertrag aus ihrem Büro zu werfen, als das Klingeln des Telefons sie aus dem Konzept brachte. „Keine Anrufe, Diane“, fauchte sie in den Hörer. Dann schwieg sie kurz und gewann ihre Fassung wieder. „Ja, natürlich, verbinden Sie.“
„Entschuldige, dass ich dich bei der Arbeit störe.“
„Ich bin gerade in einer Besprechung.“
„Ja, ich weiß.“ Clarissas Stimme klang freundlich und zerknirscht. „Mit dem netten Mr Brady.“
„Das ist Geschmackssache.“
„Ich hatte schon befürchtet, dass ihr euch nicht auf Anhieb gut versteht.“ Clarissa seufzte und streichelte ihren Kater. „Aber ich habe lange über dieses Angebot nachgedacht.“ Ihren Traum der vergangenen Nacht erwähnte sie lieber nicht, denn sie ahnte, dass A. J. sich davon nicht umstimmen lassen würde. „Ich habe beschlossen, den Vertrag zu unterschreiben. Nein, nein, ich weiß, was du sagen willst“, fuhr sie fort, ehe A. J. auch nur eine Silbe einwenden konnte. „Du bist die Agentin, du regelst das Geschäftliche. Das ist richtig. Aber ich will diese Sendung mit David Brady machen.“
A. J. kannte Clarissa lange genug, um herauszuhören, dass sie eine Eingebung gehabt hatte. Und sie wusste, dass jede Diskussion zwecklos war, wenn Clarissa auf ihr Gefühl hörte. Dennoch gab sie nicht auf. „Lass uns in Ruhe noch einmal darüber reden.“
„Natürlich, meine Liebe, wie du wünschst. Besprich die Einzelheiten mit David, das kannst du viel besser als ich. Ich überlasse dir die Verhandlungen, aber ich werde diesen Vertrag auf jeden Fall unterschreiben.“
Am liebsten hätte A. J. voller Wut gegen ihren Schreibtisch getreten, nur Davids Anwesenheit hinderte sie daran, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. „Gut. Aber du solltest wissen, dass auch ich Vorahnungen habe. Und sie stimmen bei diesem Geschäft ganz eindeutig nicht mit deinen überein.“
„Komm doch heute Abend zum Essen vorbei“, plauderte Clarissa munter weiter, als habe sie den Einwand nicht gehört.
Beinahe hätte A. J. laut gelacht. Typisch Clarissa! Sie liebte es, Streitigkeiten bei einem geselligen Dinner beizulegen. Schade nur, dass sie eine solch erbärmliche Köchinwar. „Heute Abend bin ich schon verabredet.“
„Dann morgen“, schlug Clarissa unbekümmert vor.
„Einverstanden. Bis dann.“
Nachdem sie aufgelegt hatte, atmete A. J. tief durch und sah David prüfend an. „Entschuldigen Sie die Unterbrechung.“
„Kein Problem.“
„Außer dem Fall Van Camp gibt es an dem Vertrag nichts auszusetzen. Ob die Entführung tatsächlich angesprochen werden soll, müssen Sie unbedingt noch mit Miss DeBasse klären.“
„Natürlich. Wir haben schon darüber gesprochen.“
A. J. verkniff sich eine bissige Bemerkung. „Verstehe. Allerdings muss die Rolle, die Miss DeBasse in der Sendung übernehmen wird, noch genauer beschrieben werden.“
„Das werde ich veranlassen.“ Sie würde den Vertrag also unterschreiben, frohlockte David, während er sich notierte, welche Änderungen sie noch forderte. Dabei hätte sie ihn liebend gern hinausgeworfen, ehe das Telefon geklingelt hatte. Er hatte
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