Die Treibjagd
sagte er dabei. »Ich an Ihrer Stelle, mein lieber Freund, würde meine Frau um jeden Preis verhindern, eine solche Thorheit zu begehen. Lieber möchte ich sie prügeln.«
»Ach, mein Guter,« erwiderte der Andere mit einem feinen Lächeln; »ich kann meiner Frau so wenig Vorschriften machen, wie Sie dem Anscheine nach diesem nichtswürdigen Baptistin.«
Larsonneau blieb dicht vor Saccard stehen, der noch immer lächelte und blickte ihn nachdenklich an. Dann nahm er seinen Gang durch das Zimmer von Neuem auf, doch war sein Schritt nunmehr langsam und regelmäßig. Er näherte sich einem Spiegel, zog die Schleife seiner Halsbinde zurecht und nachdem er seine ganze Eleganz wiedergewonnen, machte er neuerdings einige Schritte. Darauf rief er mit einem Male lauten Tones:
»Baptistin!«
Der kleine, schieläugige junge Mann trat wieder ein, doch durch eine andere Thür. Er hatte nicht mehr seinen Hut in der Hand, sondern eine Feder zwischen den Fingern.
»Hole das Register,« befahl ihm Larsonneau.
Und nachdem Jener gegangen, begann er über die Summe zu feilschen, die man ihm geben sollte.
»Thun Sie es mir zu Liebe,« platzte er endlich heraus.
Und nun sicherte ihm Saccard einen Antheil von dreißigtausend Francs von dem künftigen Gewinn an dem Charonner Unternehmen zu. Er hoffte noch mit einem blauen Auge von dem feinbehandschuhten Wucherer loszukommen. Letzterer ließ sich dieses Versprechen auf seinen Namen ausstellen und um die Komödie bis zu Ende durchzuführen, sagte er, daß er dem jungen Manne die dreißigtausend Francs verrechnen werde. Mit einem Lachen der Erleichterung verbrannte Saccard das Register Blatt für Blatt in dem Kaminfeuer und nachdem er diese Operation beendet, schüttelte er Larsonneau kräftig die Hand. Als er ihn verließ, sagte er noch:
»Sie gehen doch heute Abend zu Laura, nicht wahr? ... Erwarten Sie mich dort. Ich werde inzwischen Alles mit meiner Frau ordnen und dann unsere letzten Verfügungen treffen.«
Laura d'Aurigny, die ihre Wohnung häufig wechselte, hatte dazumal eine Wohnung am Boulevard Haußmann, der Bußkapelle gegenüber inne. Sie hatte ihren Empfangstag gleich den Damen aus den besten Kreisen. Auf diese Weise versammelte sie die Männer, die sie im Laufe der Woche einzeln bei sich empfing, auch auf einmal um sich. Die Dienstagsabende waren für Aristide Saccard stets ein Triumph. Er war der offizielle Liebhaber und er wendete sich mit einem ausdruckslosen Lächeln ab, wenn die Hausfrau ihn zwischen zwei Thüren hinterging, indem sie mit einem der Herren eine Zusammenkunft noch für denselben Abend vereinbarte. Wenn sich dann Alle entfernt hatten, zündete er noch eine Zigarre an, plauderte über Geschäfte, scherzte einen Augenblick über den Herrn, der auf der Straße vor Ungeduld vergehend, wartete, bis er das Haus verlassen; dann, nachdem er Laura sein »liebes Kind« genannt und ihr einen kleinen Klaps auf die Wange gegeben, entfernte er sich ruhig durch eine Thür, während der Herr durch eine andere hereinkam. Das geheime Einvernehmen, welches Saccard's Kredit gefestigt und der Aurigny in einem Monat zwei Wohnungseinrichtungen eingetragen hatte, bereitete ihnen großes Vergnügen. Laura aber wollte für die Komödie einen Abschluß finden. Dieser im Vorhinein vereinbarte Abschluß sollte in einem öffentlichen Bruch bestehen, zu Gunsten irgend eines Einfaltspinsels, der das Vorrecht, der offizielle und von ganz Paris gekannte Liebhaber Laura's zu sein, theuer bezahlen sollte. Dieser Einfaltspinsel war gefunden worden. Der Herzog von Rozan, der es satt hatte, die Frauen aus seinen Kreisen zwecklos zu Tode zu langweilen, wollte Alles aufbieten, um sich einen Ruf als Lebemann zu erwerben, der seiner abgeschmackten Figur ein gewisses Ansehen verleihen sollte. Er war ein ständiger Gast an den Dienstagen Laura's, die er durch seine absolute Naivität erobert hatte. Leider war er im Alter von fünfunddreißig Jahren noch immer von seiner Mutter abhängig, so daß er nie über mehr als zehn Louisd'ors zu verfügen vermochte. An den Abenden, da sich Laura klagend herbeiließ, seine zehn Louis anzunehmen und dabei seufzend der hunderttausend Francs gedachte, deren sie bedurfte, versprach er ihr diese Summe für den Tag, da er der alleinige Herr hier sein würde. Dies regte in ihr den Gedanken an, ihn mit Larsonneau, einem Freunde des Hauses bekannt zu machen. Die beiden Männer nahmen bei Tortoni ein Dejeuner ein und beim Dessert erwähnte Larsonneau, der sich
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