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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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beide Hände gedrückt, raufte er sich das Haar. Mit erstickter Stimme erwiderte er endlich:
    »Man hat mir das Register gestohlen ... das bewußte Register ...«
    Und nun begann er eine lange Geschichte zu erzählen; einer seiner Angestellten, ein Hallunke, der ins Zuchthaus kommen müßte, habe ihm eine Menge Papiere gestohlen, unter welchen sich auch das famose Register befand. Das Schlimmste an der Sache war aber, daß sich der Dieb des Vortheils bewußt ist, welchen er aus diesem Schriftstück ziehen könne und daß er dasselbe nur gegen eine Entlohnung von hunderttausend Francs herausgeben wolle.
    Saccard dachte nach. Das Märchen däuchte ihm zu durchsichtig, doch focht es Larsonneau offenbar nicht an, wenn er auch durchblickt wurde. Ihm war es blos um einen einfachen Vorwand zu thun, um seinen Genossen wissen zu lassen, daß er von dem Charonner Unternehmen hunderttausend Francs haben wolle und gegen diese Summe sogar die kompromittirenden Schriftstücke zurückgeben werde, die er in Händen hatte. Der Preis dünkte Saccard zu hoch gegriffen, trotzdem er seinem ehemaligen Genossen gerne einen kleinen Gewinn hätte zukommen lassen wollen. Dieser Hinterhalt, diese Aussicht, für überrumpelt zu gelten, ärgerten ihn aber. Im Uebrigen war er ziemlich beunruhigt, denn er kannte seinen Mann und wußte, daß er sehr wohl im Stande sei, die Papiere seinem Bruder, dem Minister, zu übergeben, der zweifellos zahlen würde, nur um jeden Skandal zu unterdrücken.
    »Wetter!« machte er und setzte sich gleichfalls nieder; »das ist eine vertrackte Geschichte ... Und könnte man mit dem in Rede stehenden Hallunken sprechen?«
    »Ich werde ihn holen lassen,« erwiderte Larsonneau. »Er wohnt ganz in der Nähe, in der Rue Jean Lantier.«
    Noch waren keine zehn Minuten vergangen, als ein kleiner, schielender junger Mann mit farblosem Haar und sommersproßigem Gesichte sachte eintrat, wobei er sorgfältig darauf achtete, daß die Thür kein Geräusch mache. Er trug einen schlechten schwarzen Rock, der ihm zu groß und schändlich abgetragen war. Er blieb in achtungsvoller Entfernung aufrecht stehen und blickte Saccard ruhig aus einem Augenwinkel an. Larsonneau, der ihn Baptistin nannte, unterzog ihn einem Verhör, welches er stets nur mit einsilbigen Worten beantwortete, ohne daß er dabei irgend welche Unruhe gezeigt hätte; ja er nahm sogar völlig gleichmüthig die verschiedenen schmeichelhaften Beinamen, als Dieb, Schurke, Galgenstrick hin, mit welchen sein Patron jede Frage glaubte begleiten zu müssen.
    Saccard bewunderte die Kaltblütigkeit dieses Unglücklichen. Bei einer seiner Fragen schnellte der Expropriationsagent von seinem Fauteil empor, wie um Jenen zu schlagen und Der begnügte sich, einen Schritt zurückzutreten, wobei er noch demüthiger schielte wie bisher.
    »Gut, gut, lassen Sie ihn,« sagte der Finanzmann. »Sie verlangen also hunderttausend Francs für die Rückgabe der Papiere, mein Herr?«
    »Ja, hunderttausend Francs,« erwiderte der junge Mann. Und damit ging er, wahrend sich Larsonneau nicht beruhigen zu können schien.
    »Hah! welch' eine Niedertracht!« sprudelte er endlich hervor, »Haben Sie die falschen Blicke des Burschen gesehen? ... Diese Hallunken haben das Aussehen einer Taube und bringen für zwanzig Francs einen Menschen um,
    Saccard aber fiel ihm ohne Weiteres ins Wort, indem er sagte:
    »Bah, der Mann ist nicht so schrecklich und man wird sich noch mit ihm verständigen können ... Ich bin einer viel bedenklicheren Angelegenheit wegen gekommen ... Sie hatten ganz Recht, als Sie sagten, ich möge meiner Frau nicht trauen. Stellen Sie sich nur vor, sie verkauft ihren Besitzantheil an Herrn Haffner, denn sie braucht Geld, wie sie sagt. Sicherlich hat ihre Freundin Susanne ihr diesen Rath gegeben.«
    Larsonneau legte seine Verzweiflungsmiene sofort ab und seinen steifen Kragen, den er in seinem Grimm ein wenig verschoben hatte, zurechtrückend, hörte er ein wenig erbleichend zu.
    »Dieser Verkauf kommt dem Ruin unserer Hoffnungen gleich. Wenn Haffner Ihr Mitbetheiligter wird, ist nicht nur unser ganzer Profit in Frage gestellt, sondern ich befürchte sogar, daß wir diesem kleinlichen Menschen gegenüber, der die Rechnungen wird prüfen wollen, in eine unangenehme Lage gerathen.«
    Der Agent begann erregt in dem Gemach auf- und niederzuschreiten, wobei seine lackierten Schuhe auf dem Teppich knarrten.
    »Sehen Sie, in welche Lage man geräth, wenn man den Leuten gefällig sein will!«

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