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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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vornüber gebeugt, ihre Geräthe mit voller Wucht niedersausen ließen. Die losgelösten Steine stießen sie mit den Füßen hinunter und sahen dieselben in aller Gemüthsruhe in der Tiefe zerschellen. Wenn die Spitzhacke fehlgegangen wäre, so hätte der bloße Schwung ihrer Arme hingereicht, um sie in die Tiefe zu reißen.
    »Bah! das macht die Gewohnheit aus,« sagte der Arzt, seine Zigarre wieder zu den Lippen führend. »Das sind eher Thiere als Menschen.«
    Mittlerweile waren sie bei einem der Gebäude angelangt, die sie zu besichtigen hatten. Sie machten ihre Arbeit in einer Viertelstunde ab und setzten darauf ihre Wanderung fort. Allmälig verloren sie ihre Scheu vor dem Koth, schritten mitten durch die Pfützen und gaben die Hoffnung auf, ihre Stiefel rein zu erhalten. Als sie über die Rue Ménilmontant hinausgekommen waren, wurde der eine der Industriellen, der ehemalige Scherenschleifer, unruhig. Er betrachtete prüfend die ihn umgebenden Ruinen und schien die Gegend nicht zu erkennen. Er sagte, er habe vor dreißig Jahren etwa, als er nach Paris kam, hier gewohnt und es thue ihm ordentlich wohl, daß er den Ort wiederfinde. Immer noch ließ er den Blick suchend umherschweifen, als ihn der Anblick eines Hauses, welches die Axt der Zerstörung bereits in zwei Theile gerissen, ihn mit einem Male stillstehen ließ. Er betrachtete das Thor, dann die Fenster und indem er mit dem Finger auf eine Stelle des dem Untergange geweihten Hauses deutete, sprach er ganz laut:
    »Das ist es! das! das! ich erkenne es!« »Was denn?« fragte der Arzt.
    »Mein Zimmer, alle Wetter! das ist es ja!«
    Ein kleines, im fünften Stock gelegenes Zimmer war es, welches ehemals auf den Hof gegangen sein mochte. Eine niedergerissene Wand ließ es ganz deutlich sehen mit seinen mit gelben Zweigen bemalten Tapeten, von welchen ein losgerissenes Stück im Winde flatterte. Zur Linken sah man die Nische eines Spindes, welche mit blauem Papier beklebt gewesen sein mochte und rechts davon ein Ofenloch, mit einem zurückgebliebenen Stück Rohr.
    Die Rührung übermannte den ehemaligen Arbeiter.
    »Fünf Jahre habe ich daselbst verbracht,« sprach er halblaut, »Die Dinge gingen damals nicht nach Wunsch; aber jung war ich ... Sehen Sie den Schrank dort? In jenem sparte ich mir dreihundert Francs zusammen, Sou um Sou. Und bei dem Ofenloch erinnere ich mich noch des Tages, an welchem ich dasselbe herstellte. Das Zimmer hatte keinen Kamin, es herrschte eine bittere Kälte darin, zumal wir nicht immer zu Zweien waren.«
    »Wir sind nicht neugierig nach Ihren Geständnissen,« fiel ihm der Arzt halb scherzend ins Wort. »Sie waren sicherlich um kein Haar besser als die Anderen.«
    »Ja, das ist wahr,« bestätigte der würdige Mann gutmüthig, »Ich erinnere mich noch an eine kleine Plätterin aus dem gegenüberliegenden Hause... Sehen Sie, das Bett stand Zur Rechten, nahe zum Fenster... Ach, mein armes Zimmerchen, wie haben sie dir mitgespielt!«
    Er war ganz traurig geworden.
    »Hören Sie 'mal,« sagte Saccard, »das ist doch wahrhaftig nicht zu bedauern, daß diese alten Baracken abgetragen werden, an deren Stelle schöne, große, lichte Häuser kommen. ... Möchten Sie denn gar wieder in einem solchen Loch wohnen? Auf dem neuen Boulevard dagegen können Sie leicht eine elegante Unterkunft finden.«
    »Ja, das ist wahr,« erwiderte der Fabrikant, der völlig getröstet zu sein schien.
    Die Kommission hielt abermals bei zwei Häusern an, während der Arzt mit der Zigarre im Munde vor dem Thore stehen blieb und gen Himmel blickte. Bei der Rue des Amandiers wurden die Häuser immer seltener und man wanderte an großen Lücken vorüber, neben leeren Baugründen dahin, auf welchen zuweilen irgend ein zerfallenes Gemäuer zu sehen war. Saccard schien ganz entzückt über diese Wanderung durch Ruinen; er erinnerte sich des Diners, welches er ehemals mit seiner ersten Frau auf dem Montmartre eingenommen und erinnerte sich ganz genau, daß er mit einer Handbewegung die Linie bezeichnet hatte, welche Paris von der Place du Chateau-d'Eau bis zur Barriere du Trône durchschneiden würde. Die Verwirklichung seiner Vorhersagung erfüllte ihn mit Freude. Er betrachtete den projektirten Straßenzug mit der geheimen Genugthuung des Urhebers, als hätte er selbst mit seinen eisernen Fingern die ersten Axthiebe geführt. Und er setzte frohgemuth über die Pfützen hinweg, indem er sich sagte, daß unter diesen Trümmern, am Ende dieses Kothmeeres drei Millionen

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