Die Treue Des Highlanders
keine Szene machen, Bruce Hardman, denn du bist es gar nicht wert, dass man wegen dir auch nur eine Träne vergießt.«
Ihre Worte Lügen strafend, merkte sie, wie der Kloß in ihrem Hals immer dicker wurde. Gleich würde sie in Tränen ausbrechen, aber diese Genugtuung würde sie Bruce nicht geben.
»Anna, so warte doch ...«, rief Bruce, beinahe klang in seiner Stimme Hilflosigkeit, aber Anna wusste, es war nur die peinliche Situation, in die sie ihn gebracht hatte, die ihn so reagieren ließ. »Wo willst du denn jetzt hin? Es ist schon fast dunkel, und ich glaube, es zieht ein Gewitter auf.«
Mit einem höhnischen Lächeln klimperte Anna mit dem Schlüssel des Sportwagens. »Ich erlaube mir, dein Auto zu benutzen, oder willst du mir das verbieten? Du wirst ja in den nächsten Tagen so sehr mit deiner Lilian beschäftigt sein, dass du keinen Wagen brauchst.«
Bevor sie endgültig zu schluchzen anfangen würde, stürmte Anna aus dem Hotel. Bruce unternahm keinen Versuch, sie aufzuhalten. Sein Auto stand auf dem Parkplatz hinter dem Haus, und erst als Anna hinter dem Steuer saß, löste sich ihre Anspannung. War das das Aus zwischen Bruce und ihr? Anna wusste, es entsprach nicht ihrem Naturell, einen solchen Betrug zu verzeihen. Auch wenn sie eine moderne junge Frau war, in puncto Liebe hatte sie durchaus altmodische Vorstellungen, zu denen absolute Treue gehörte. Obwohl es Anna in den letzten Jahren an Angeboten nicht gemangelt hatte, wäre sie nie auf die Idee gekommen, mit einem anderen Mann als Bruce auch nur zu flirten, ihn zu küssen, geschweige denn, mit ihm ins Bett zu gehen. Während Bruce und Lilian ...
»Nein, ich denke jetzt nicht darüber nach!«, sagte Anna laut. Sie würde jetzt nach Glenmalloch fahren und sich dort überlegen, wie es mit ihr und Bruce weitergehen sollte.
Wenn
es überhaupt weitergehen konnte.
2. KAPITEL
Aus Wut und Enttäuschung über Bruces Betrug verpasste Anna die Abfahrt von der Bundesstraße nach Glenmalloch. Meilenweit hatte sie einfach nur Gas gegeben, ohne auf die Umgebung zu achten. Mit Einbruch der Dämmerung verfinsterten schwarze Wolken den Himmel, kurz darauf fielen dicke, schwere Regentropfen.
»Verflixt, ich muss hier doch irgendwo links abbiegen!«, murmelte Anna und trommelte mit den Fingerspitzen nervös auf das Lenkrad. Kurz entschlossen nahm sie die nächste Abzweigung, in diesem Augenblick zuckte der erste Blitz gefolgt von einem bedrohlichen Donner. Die Straße wurde immer schmaler und unebener. Der tiefer gelegte Sportwagen mit der harten Federung holperte über Schlaglöcher. Verzweifelt sah sich Anna nach einer Wendemöglichkeit um, aber links und rechts war der Weg von meterhohen Hecken gesäumt und so eng, dass gerade ein Auto ihn passieren konnte. Nirgends sah sie eine Haltebucht, außerdem war es inzwischen so dunkel geworden, dass Anna nur die wenigen, von den Scheinwerfern beleuchteten Meter vor ihr erkennen konnte.
Das Gewitter steigerte sich zum Unwetter, Blitz und Donner folgten nun in derselben Sekunde, und in den Regen mischten sich Hagelkörner. Mit Magengrummeln dachte Anna daran, wie Bruce reagieren würde, sollte der Lack seines vierzigtausend Pfund teuren Autos beschädigt werden.
»Na, wenn schon, er hat es nicht anders verdient!«, beruhigte sie sich selbst. Beim nächsten Blitz und Donnerschlag zuckte sie so sehr zusammen, dass sie beinahe die Kontrolle über den Wagen verloren und ihn in die Hecke gesteuert hätte. Eigentlich fürchtete sich Anna nicht vor Gewittern, aber es war etwas völlig anderes, Blitz und Donner in einem Apartmenthaus mit Blitzableiter auf dem Dach, eingekuschelt in eine Wolldecke und einen heißen Tee in der Hand, zu erleben als in der Einsamkeit des schottischen Hochlands. Obwohl Anna nur noch im Schritttempo fuhr, sah sie erst im letzten Moment, dass die Straße abrupt endete. Sie trat mit aller Kraft auf die Bremse, das Auto machte einen Satz, rutschte ein paar Meter nach links, bis es mit dem Vorderreifen auf ein Hindernis traf und zum Stehen kam. Im Lichtkegel der Scheinwerfer erkannte sie direkt vor sich das unbefestigte Ufer eines Sees. Zwei Meter weiter, und sie wäre direkt ins Wasser gefahren! Anna stellte den Motor ab und presste beide Hände auf ihr klopfendes Herz. Ja, sie hatte Angst, obwohl sie sich sagte, dass es keinen Grund gab, sich zu fürchten. Es war zwar stockdunkel, sie hatte sich verfahren, um sie herum herrschte völlige Einsamkeit, und draußen tobte ein Gewittersturm, wie Anna ähnlich
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