Die Treue Des Highlanders
Ich bezweifle, dass sich eine Lady im sechzehnten Jahrhundert so verhalten hat. Ich nehme an, die Damen damals verfügten über einen großen Stolz und wären niemals einem Mann nachgelaufen, der sie nicht wollte.«
Während sich Bruce eine Bierdose aus dem Kühlschrank nahm, antwortete er: »Anna, es ist müßig, erneut über das Drehbuch zu diskutieren. Es wird keine Änderungen geben, mit den Autoren ist alles abgesprochen.«
»Ja, weil Patrick Sandler einer von ihnen ist«, sagte Anna bitter. »Niemand von euch würde es wagen, ihm zu sagen, dass seine Ergüsse sentimentaler Schrott sind.«
»Anna!«
»Ist doch wahr! Die ganze Geschichte ist kitschig und trivial! Statt dass man die historischen Ereignisse dieser Zeit mit einfließen lässt, habt ihr eine simple Friede-Freude-Eierkuchen-Geschichte daraus gemacht, in deren Mittelpunkt natürlich der göttliche Patrick steht und eine Frau nach der anderen in sein Bett zerrt.«
Bruces Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Sag mal, bekommst du deine Tage, oder was ist mir dir los? Ich weiß, dass Patrick nicht zu deinen besten Freunden gehört, aber ich dachte, mit dem Thema wären wir durch. Du bist nicht in der Position, Forderungen zu stellen. Da draußen gibt es Hunderte von Schauspielerinnen, die liebend gerne deine Stelle einnehmen würden.«
Auf einmal fühlte sich Anna schrecklich müde, ganz so, als hätte sie stundenlang in einem Steinbruch gearbeitet. Vielleicht war es ihr angeborenes Harmoniebedürfnis, das sie dazu trieb, sich bei Bruce zu entschuldigen, daher umarmte sie ihn und murmelte: »Du hast ja Recht. Es war nur die Einsamkeit der letzten Tage, ich habe dich furchtbar vermisst.«
Damals, als sie sich gegen den Willen ihrer Eltern für die Laufbahn der Schauspielerin entschieden hatte, hatte Anna einmal in ihrem Leben das getan, was sie wirklich wollte, aber sie litt immer noch unter dem Bruch mit ihrer Familie. Deswegen wollte sie Bruce nicht auch noch verlieren, und eigentlich war alles, was er als Produzent bisher für sie getan hatte, gut und richtig gewesen.
»Könnte ich nicht ein, zwei Tage nach Inverness mitkommen?«, bat sie und schaute ihn flehend an. »Ich muss hier einfach mal raus, und ich verspreche dir, dich bei deiner Arbeit nicht zu stören.«
Als sie merkte, wie Bruce zögerte und ihr die Bitte nicht sofort abschlug, drückte sie ihren Körper fest an den seinen. Er reagierte sofort. Bruce war ein sinnlicher Mann, und Anna hatte schon oft bemerkt, auf welche Art und Weise sie ihre Wünsche bei ihm durchsetzen konnte.
Als sie sich eine Stunde später nackt und schweißgebadet voneinander lösten, sah Bruce auf die Uhr und sagte: »Also gut, pack ein paar Sachen ein. Wir müssen aber so schnell wie möglich aufbrechen, denn ich habe heute Abend eine wichtige Besprechung.«
Rasch warf Anna ein paar Kleidungsstücke und Kosmetikartikel in eine Reisetasche. Obwohl sie wusste, dass es für eine Frau entwürdigend war, durch Sex etwas zu erreichen, war sie glücklich. Sie würde in Inverness ein wenig einkaufen und das Museum über die Hochlandgeschichte besuchen. Dabei würde sie Patrick Sandler und seine schmierige Art vergessen und sich dann wieder zu hundert Prozent auf ihre Rolle als Lady Marjorie konzentrieren.
Anna wollte sich das Abendessen aufs Hotelzimmer schicken lassen, da Bruce unmittelbar, nachdem sie die Stadt erreicht hatten, wieder aufgebrochen war.
»Es geht um die Rechte und das liebe Geld, damit wir auf dem Culloden Moor drehen dürfen. Der
National Trust
verlangt eine dermaßen hohe Summe, die einfach inakzeptabel ist. Peter und ich werden heute unsere ganzen diplomatischen Register ziehen müssen, damit wir nicht in letzter Minute die Dreharbeiten an einen anderen Ort verlegen müssen.«
Anna küsste ihn und wünschte ihm Glück. Sie selbst würde früh zu Bett gehen, um am nächsten Morgen ausgeruht für einen ausgiebigen Einkaufsbummel zu sein. Das
Caledonien Hotel
war die erste Adresse in Inverness. Es lag gegenüber der Burg am River Ness und bot einen wundervollen Ausblick. Während der Dreharbeiten würde das komplette Hotel von Filmleuten belegt sein, wodurch alle, Anna eingeschlossen, besonders zuvorkommend behandelt wurden. Um Bruce gnädig zu stimmen, hatte Anna das Drehbuch mitgenommen und kuschelte sich in das breite Bett, um noch ein wenig darin zu lesen. Kaum hatte sie die erste Seite aufgeschlagen, klopfte es an der Tür. Anna schlüpfte in den Morgenmantel und öffnete in der Meinung, der
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