Die Tricks der Trickser
hohe Spielstärke) ist, ist der Trickser an einem möglichst großen Handicap (und damit einer möglichst niedrigen Verantwortungseinforderung) interessiert. Denn dann darf er verbal (und auch sonst) viel öfter zu- und abschlagen, ohne dafür zahlen, also Konsequenzen erfahren zu müssen.
Der Trickser verwendet sein Handicap, um die Verantwortung auf die anderen Beteiligten zu verteilen. Sprich alle außer ihm sind verantwortlich, wenn nicht sogar Schuld an Was-auch-immer. Sein Handicap soll ihn rechnerisch angleichen. So kann er durchaus gegen sein Opfer gewinnen, das besser spielt, kompetenter und zuverlässiger handelt und stärker Verantwortung übernimmt.
Das Handicap ist nichts weiter als die gute alte Mitleidsmasche. Im Notfall wird dann auch schon mal in tränenreicher Verzweiflung das persönliche Handicap präsentiert. Und dann ist plötzlich kein Raum mehr für Ihre Anfrage oder Forderung. Wenn Sie nicht hellwach sind, werden Sie sich dabei ertappen, mit dem Trickser mitzufühlen, seine Angst zu teilen und ihn zu trösten. Schwupp, sind Sie in der Retter-Rolle.
Ein Handicap ist das, was man in der Kriminalistik eine (unglaubwürdige) Schutzbehauptung nennt. Es soll den anderen in die Retter-Rolle locken, weil der Trickser ja so arm dran ist. Das Handicap wird immer gern dann eingesetzt, wenn die anderen Manipulationstechniken versagen und eine Konfrontation droht.
Handicap kann alles sein. Bei den Mamas und Papas unter den Tricksern sind selbstredend die Kinder das größte Handicap. Wenn Sie fordern, doch rechtzeitig zur Arbeit zu erscheinen, müssen Sie sich gefallen lassen, dass man Sie als kinderfeindlichen Karrieristen abstempelt. Auch Missbrauch ist als Handicap sehr beliebt – an dieser Stelle versäume ich nicht, wieder und wieder darauf hinzuweisen, dass ein echtes Missbrauchsopfer keineswegs damit hausieren geht. Sprich: Die, die von Missbrauch quatschen, sind die, die missbrauchen (und zwar Ihre Gutmütigkeit), nicht die, die missbraucht worden sind.
Wer sich nicht traut, so dick aufzutragen, hat halt sonst viel am Hals: Stress im Job, nervigen Partner, pubertierende Kinder (here we are again). In einer Beziehung wird auch gern vorgeworfen, dass der andere irgendwann einmal so sehr verletzt hat, dass der Trickser das einfach nicht verkraften kann.
Was auch immer die Gründe für seine Verantwortungsvermeidung sein mögen, sie sind unannehmbar und das Verhalten unentschuldbar, denn die perversen Manipulationen verursachen ernsthafte Störungen – in der Person, in der Familie, im Team, im Unternehmen.
Schuldschein
Bei diesem Manöver lassen Sie sich ein X für ein U verkaufen, denn der Schuldschein ist wortwörtlich das, was er sich nennt: der Schein von Schuld, nicht tatsächliche Schuld.
Retter und andere Trickser halten Ihnen ihre Rettungsaktionen gern schuldnerisch unter die Nase, um Dinge einzufordern, die Sie wohl versäumt haben müssen zu registrieren, als der Retter seinen ,interessant individuellen‘ Vertrag mit Ihnen abschloss. Diese Schuldbillets werden wie damals Rabattmarken eingelöst – neudeutsch: Pay-back-Karte. Ein Retter sammelt gern eine ganze Menge Aktionen, um dann mit Fug und Recht selbst Forderungen durchdrücken zu können.
Als du mit acht Jahren deine Windpocken hattest, habe ich dir den ganzen Tag vorgelesen und Pudding gekocht.
Und jetzt kannst du mich im Alter nicht mal im zweiten Kinderzimmer aufnehmen, wo doch die zwei Kleinen sehr gut in einem Zimmer zusammenrücken können.
Wir haben damals im Krieg zu acht in einem Zimmer gehaust und das hat uns nichts ausgemacht.
Selbstverständlich bietet Ihnen ein Retter seine ,Dienstleistung ‘ als altruistisches Handeln an:
Schritt 1 „Weißt du, da ist mir die Sache einfach total wichtig, da muss man mal was unternehmen!“
Schritt 2 „Du, das ist total okay, wenn ich dir da helfe, da kann ich auch meine Themen so mit aufarbeiten! Das hilft mir ja auch selbst.“
Schritt 3 „Du, wegen der Sache, wo ich dir da geholfen habe, da müssen wir endlich mal über mein Honorar reden.“
Schritt 4 „Du, wo es dir jetzt ja besser geht (wahlweise: wo man ja sieht, dass da eh nichts mehr zu machen ist), ich krieg noch ein paar Tausend Euro von dir, für damals. Du weißt schon. Unter Freunden mach ich’s dir natürlich billiger. Ist doch klar. Nein, kein Ding, da bin ich Kumpel.“
Beim Schuldschein muss es nicht immer um Geld gehen – einigen Tricksern (vor allem den Mamas und Papas) sind Gefühle viel
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