Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (German Edition)
ausgebrochen, als niemand da war, sie aufzuhalten. Schon am nächsten Tag waren sie vor dem Haus. Wie soll man sich das erklären?«
»Das ist nichts Ungewöhnliches«, antwortete ich. »In Dschungelgebieten lauerten sie immer entlang der Wege. Nicht selten versuchten sie, in kleine Dörfer einzu dringen, und mussten zurückgetrieben werden. In manchen Gegenden waren sie eine ganz gefährliche Landplage.«
»Aber nicht hier – darauf kommt es an. Das konnten sie hier erst werden, als die Umstände es ihnen erlaubten. Sie haben es vorher auch gar nicht versucht. Doch sobald die Gelegenheit da war, benutzten sie sie – als hätten sie nur darauf gewartet.«
»Das ist doch Unsinn, Dennis. Überlegen Sie, was Sie damit sagen«, entgegnete ich.
»Ich weiß. Ich will ja auch keine endgültige Theorie aufstellen, aber das sage ich: Sie haben aus unserer Notlage mit bemerkenswerter Geschwindigkeit ihren Vorteil geschlagen. Und ich sage: Auch in ihrem gegenwärtigen Verhalten ist etwas wie Methode zu spüren. Sie waren so beschäftigt, dass es Ihnen nicht aufgefallen ist, wie sie sich vor dem Zaun massiert haben, aber Susan ist es aufgefallen – ich habe sie darüber sprechen gehört. Und worauf warten die Dinger?«
Darauf wusste ich im Augenblick keine Antwort. Ich sagte: »Ihr denkt also, es wäre besser, wenn ich statt des Schrotgewehrs, das sie herbeilockt, eine Triffidflinte benützte?«
»Es ist nicht nur das Gewehr, sondern jeder Lärm«, erklärte Susan. »Am schlimmsten ist der Traktor, weil er so laut ist und weil er ein ständiges Geräusch ist, nach dem sie sich leicht orientieren können. Aber auch den Motor des Generators können sie aus weiter Entfernung hören. Ich habe sie von ihrem Weg abbiegen gesehen, sobald er zu arbeiten anfing.«
»Sag doch nicht immer ›sie hören‹, als ob es Tiere wären«, entgegnete ich gereizt. »Es sind keine. Sie können nicht hören. Es sind nur Pflanzen.«
»Irgendwie hören sie trotzdem«, beharrte Susan.
»Jedenfalls werden wir etwas gegen sie unternehmen«, versprach ich.
Wir unternahmen einiges. Die erste Falle war eine primitive Art Windmühle, die ein weithin hörbares, hämmerndes Geräusch erzeugte. Wir stellten sie etwa eine halbe Meile weit von aus auf. Mit Erfolg. Sie lockte die Triffids von unserem Zaun und von anderen Stellen weg. Als einige Hundert beisammen waren, fuhren Susan und ich hinüber und richteten die Flammenwerfer auf sie. Auch ein zweites Mal hatten wir Erfolg – nachher aber blieb die Maschine fast unbeachtet. Unsere nächste Aktion war der Bau eines festen Geheges, einer Art Tasche innerhalb der Umzäunung, in der wir, absichtlich in Hörweite der Lichtmaschine, ein Tor offen ließen. Nach ein paar Tagen schlossen wir die Falle und vernichteten die im Gehege Eingesperrten. Auch damit hatten wir anfangs Erfolg, doch blieb er aus, sobald wir es an derselben Stelle nochmals versuchten, aber auch an anderen Stellen sank die Zahl der Eingefangenen stetig.
Häufige Runden mit einem Flammenwerfer um die ganze Umzäunung wären das wirksamste gewesen, hätten uns aber zu viel Zeit und Brennstoff gekostet. Der Verbrauch eines Flammenwerfers ist hoch, und die Brennstoffvorräte in den Munitionslagern waren gering. Waren sie aufgebracht, konnten wir unsere kostbaren Flammenwerfer in die Rumpelkammer stellen; ich kannte weder Zusammensetzung noch Herstellungsmethode des Brennstoffs.
Versuche, mit Mörserbomben gegen Triffidansammlungen vorzugehen, enttäuschten. Triffids können, so wie Bäume, selbst schwerste Schädigungen überleben.
Im Lauf der Zeit wurde die Schar vor der Umzäunung größer und größer, trotz unserer Fallen und gelegentlicher Massaker. Nicht, dass sie dort etwas zu unternehmen versuchten. Sie blieben einfach da, wühlten ihre Wurzeln in den Boden und warteten. Von fern sahen sie so ungefährlich aus wie jede andere Hecke und wären ebenso unauffällig gewesen, hätten nicht immer einige geklappert. Aber man brauchte nur mit einem Auto den Weg hinunterzufahren, um sich von ihrer Wachsamkeit zu überzeugen. Die Stachelschläge hagelten auf den Wagen, dass man auf der Landstraße anhalten musste, um das Gift von der Windschutzscheibe zu wischen.
Dann und wann hatte einer von uns einen neuen Einfall, wie man ihnen den Aufenthalt verleiden könnte, etwa das Vorfeld der Umzäunung mit einer starken Arsenlösung zu tränken, aber ein endgültiger Erfolg blieb uns versagt.
Wir hatten schon länger als ein Jahr mit allerlei
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