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Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Die Trinity-Anomalie (German Edition)

Titel: Die Trinity-Anomalie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Chercover
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abgeschlachtet. Die gemäßigten Muslime, die sich abmühten, das Land gemeinsam mit der christlichen Minderheit zu regieren, verloren immer mehr Einfluss an die radikalen Islamisten, und nachdem man schon jahrelang mit der akuten Gefahr eines Bürgerkriegs lebte, wollte niemand zugeben, dass der Krieg im Grunde schon ausgebrochen war. Die Politiker benutzten nach wie vor den Begriff Aufstand, was aber eher auf Wunschdenken beruhte.
    Natürlich stimmte er mit Conrads Zielen überein und, ja, mit einem fingierten Wunder würden sie die Schlacht vielleicht gewinnen, aber den Krieg wahrscheinlich verlieren. Sein Amt hatte den Auftrag, stets langfristige Entwicklungen zu berücksichtigen und angebliche Wunder ehrlich zu prüfen.
    Und dann war da noch das Mädchen mit den Löchern in den Händen; das Mädchen, das Hilfe von einem Psychologen brauchte, nicht Anerkennung durch den Vatikan. Die Wundmale ihres neurotischen Verhaltens zu einem Wunder zu erklären, hätte ihr Leben unweigerlich vollends zerstört.
    Conrad war bereit, das Mädchen zu opfern, es für »das übergeordnete Wohl« zu einem Leben mit einer psychischen Krankheit zu verdammen, und dies als Kollateralschaden abzutun.
Sie
, das Mädchen, bezeichnete er als Kollateralschaden. Aber nach Daniels Ansicht mähte jeder, der diese Grenze überschritt, das Gras Gottes. Nach Gottes Willen zu handeln, war eine Sache, aber ihm seine Entscheidungen abzunehmen, war etwas ganz anderes. Vielleicht war Daniel wirklich hochmütig, aber im Vergleich war Hochmut eine lässliche Sünde.
    Daniel betete lange für das Mädchen, bekreuzigte sich und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Fahrbahn zu.

    »Ich kann einfach nicht glauben, dass Sie das zulassen.«
    Pater Nick, der dem Amt des Advocatus Diaboli vorstand, zuckte mit seinen breiten Schultern und lehnte sich zurück. »Das liegt nicht in meiner Hand. Seine Eminenz ist für beide Abteilungen zuständig. Wenn er möchte, dass Sie zur Weltmission gehen …«
    »Ich bin
Ermittler
. Ich habe bei der Weltmission nichts verloren, das wissen Sie doch.«
    »Immer langsam, Dan. Ihr Talent als Ermittler steht außer Frage.« Nick deutete auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. »Setzen Sie sich.«
    Daniel setzte sich. »Es geht um Politik, oder? Conrad ist stinksauer, weil ich ihm kein fingiertes Wunder liefere, und hat Kardinal Allodi um den Finger gewickelt.«
    »Es sieht ganz danach aus«, sagte Nick. »Seine Eminenz hat mir seine Erwägungen allerdings nicht mitgeteilt. Ich habe mich für Sieeingesetzt, aber …« Er stand auf, ging an die antike Mahagonibar und schenkte goldenen Armagnac in zwei Kristallschwenker. »Ich habe Ihre E-Mails zu dem Fall überflogen. Sie sagen, es gibt kein Wunder.«
    »Nein, kein Wunder, nur eine verkorkste Heranwachsende, die sich, wenn gerade alle wegschauten, Nägel durch Hände und Füße trieb.« Er nahm das Glas, das Pater Nick ihm hinhielt. »Und die Leute haben ziemlich oft weggeschaut. Alle haben sich gewünscht, es wäre wahr.«
    Nick setzte sich wieder. »Okay. Ich weiß, es ist manchmal ziemlich hart.«
    »Das Mädchen verletzt sich seit ihrem zwölften Lebensjahr selbst.
Drei
Jahre lang hat der ganze Ort sie behandelt wie ein Geschenk des Himmels – Familie, Freunde und sogar der Priester. Ich habe drei Tage in diesem Irrenhaus verbracht und ich kann Ihnen sagen, das Mädchen ist total kaputt.« Er nahm einen großen Schluck Weinbrand. »Und von uns lernen sie erst, dass es so was wie Stigmata gibt.«
    Pater Nick sah den jüngeren Geistlichen streng an. »Dass Sie noch nie welche gesehen haben, heißt nicht, dass es sie nicht gibt.«
    Aber Daniel untersuchte schon seit zehn Jahren Wundermeldungen für den Vatikan und hatte noch
gar nichts
gesehen. Zehn Jahre voller Selbstverstümmler mit Stigmata, Stimmen hörenden Schizophrenen und Schwindlern, die Salzwasser durch ausgehöhlte Statuen der Heiligen Jungfrau pumpten. Zehn Jahre voller Ölfässer mit Rostflecken, die »irgendwie fast ein bisschen« wie Jesus aussahen, wenn man die Augen zusammenkniff, den Kopf neigte und unbedingt in einem Rostfleck Jesus erkennen wollte.
    Zehn Jahre.
    Siebenhunderteinundzwanzig Fälle.
    Und nicht ein einziges Wunder.
    Auch Daniel selbst hoffte auf ein Wunder. Aber selbst wenn er alle Prinzipien außer Acht ließ – selbst wenn er sich auf den schlüpfrigen Pfad des Ziels, das die Mittel »heiligte«, begäbe –, würde dieser Fall einer genauen Prüfung niemals standhalten. DasMädchen

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