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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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Mischkrug, trank den Becher bis auf einen Fingerhut hoch leer und füllte ihn dann bis zum Rand mit Wasser auf, ehe ich daraus trinken durfte.
    »Damit du mir auch einen klaren Kopf behältst«, flüsterte er mir ins Ohr.
    Ich merkte es mir. Die arme Friederun, Gott möge sie in seinen Armen halten, war mir ein warnendes Beispiel.
     
    Es war schon Nacht, als wir nach Hause gingen. Vater bezahlte einen Fackelträger, der uns heimleuchtete, und führte meine Mutter sorgsam am Arm, damit sie im Dunkeln nicht ausglitt. Die Köchin Lisa war wach geblieben und öffnete uns die Haustür.
    Ich hatte noch immer den Klang der Fiedeln im Ohr und wiegte mich in deren Takt.
    »Mir scheint, unserer Tochter hat der Abend Freude gemacht«, meinte Vater belustigt. »Und wer von deinen vielen Verehrern war denn der Schönste?«
    »Ich weiß es nicht. Alle!« sang ich und entschwebte in die Kammer, die ich mit Lisa teilte.
    Auch Mutter fragte mich ganz beiläufig am nächsten Tag, ob mir einer der jungen Leute mehr als die anderen gefallen habe. Aber mir fiel wirklich keiner ein, der einen ganz besonderen Eindruck hinterlassen hätte.
    »Bist du dir bewußt, Sophia, daß üblicherweise der Vater einen Bräutigam aussucht, ohne seine Tochter nach ihrer Meinung zu befragen?« wollte Mutter wissen und zog die Augenbrauen in die Höhe. Ja, das war mir durchaus bewußt, und ich war meinen Eltern zutiefst dankbar, daß sie mich offenbar bei einer so wichtigen Entscheidung mitreden lassen wollten.

    In den nächsten Wochen hatten auffallend viele Kölner Kaufherren mittleren Alters bei Vater alle Arten von Geschäften abzuwickeln. Sie ließen dabei entweder ganz beiläufig anpreisende Bemerkungen über ihre heiratsfähigen Söhne, Neffen, Brüder oder Enkel fallen oder fragten auch ganz direkt, ob Vater dieser oder jener junge Mann als Schwiegersohn genehm sein könne.
    Ich versuchte, diese Gespräche zu belauschen. Einmal erwischte Vater mich dabei, aber er schalt mich nicht.
    »Ich verstehe ja gut, daß du Bescheid wissen willst. Schließlich betrifft es in erster Linie dich. Aber ist dir auch klar, mein liebes Kind, daß du im Augenblick das reichste Mädchen auf dem Kölner Heiratsmarkt bist? Sie loben alle deine fröhlichen Augen, deine reichen Locken, deine zierliche Gestalt, dein makelloses Benehmen; aber ich fürchte, die meisten denken dabei zuallererst an unser Geld. Wir wollen also durchaus nichts überstürzen.«
     
    So verging eine ganze Weile. Mein Vater führte weitere Unterredungen, meine Mutter fertigte eine Liste der Kandidaten an, auf denen Vorzüge und Mängel aufgeführt waren. Sie holte dazu eine Menge Informationen ein, über ihren Neffen Scherfgin, über alle Männer der Familie meines Vaters, über ihre Handelspartner. Von Zeit zu Zeit strich sie einen Namen von der Liste, ohne dass ich den Grund erfuhr.
    Ich als einzige tat so, als kümmere mich dies alles nicht besonders. Wenn ich als Kind einmal einen Gedanken an meinen zukünftigen Ehemann verschwendet hatte, dann dachte ich immer, er solle meinem Vater gleichen. Und die jungen Männer, die ich nun bei verschiedenen Gelegenheiten zu Gesicht bekam, hatten alle nichts mit ihm gemein.
     
    Warum ich nicht weitererzähle? Heute habe ich genug über die alten Zeiten geredet. Ich werde jetzt schlafen gehen.
Wenn du so gut sein willst, ich hätte gern noch einen Becher warmen Würzwein mit Honig. Und wenn es dir nicht zuviel Mühe macht, vielleicht auch einen heißen Ziegelstein für mein Bett? Ich brauche dringend Wärme. Ich danke dir, mein liebes Kind.

1165
    E s fällt mir schwer zu erzählen, was sich als nächstes ereignete, das hast du gestern abend wohl bemerkt. Aber nun, wo die Sonne so schön scheint, ist mein Herz leichter als gestern. Mach nur das Fenster weit auf, ich will die Strahlen nicht nur sehen, sondern auch fühlen.
    Wovon ich dir jetzt berichten will, habe ich lange Zeit vergeblich aus meinem Gedächtnis zu bannen versucht. Es ist schwer, mit einer Schuld zu leben. Und ich weiß, daß ich hier eine Schuld auf mich geladen habe, die ein junges Leben zu einem vorzeitigen Ende geführt hat. Ich habe das nicht gewollt, niemals, aber ich habe es dennoch verschuldet. Daran werde ich tragen bis an das baldige Ende meiner Erdentage.
     
    Ich war gerade dabei, die Wochenlieferung einer Seidenbortenweberin zu begutachten, als Lisa mich rief. »Du sollst zu deinen Eltern kommen. Sie erwarten dich in der großen Stube«, sagte sie bedeutsam. Es war also

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