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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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Schiffe sind also bestens geschützt. Deswegen kamen sehr viele Kaufleute mit ihrer Ware hierher, und die Handelsherrn von Brügge wurden in wenigen Jahrzehnten außerordentlich reich und konnten sich diese herrlichen Häuser bauen. Auch der Graf von Flandern ist nicht böse darüber, denn in seine Taschen strömt ebenfalls reichlich Geld.«
    Das beeindruckte mich sehr. Die Wahl König Konrads war gerade ein Dutzend Jahre vor meiner Geburt gewesen, so hatte ich mir das ausgerechnet, als ich Mathilde über die Auseinandersetzung der Staufer und der Welfen berichtete. Und in dieser kurzen Zeit war solch eine prächtige Stadt entstanden. Natürlich, meine Heimatstadt hat nicht weniger stolze Häuser aufzuweisen, aber sie hat ja auch eine mehr als tausendjährige Geschichte.
    »Die Osterlinge sind besonders gesuchte Handelspartner in Brügge, darum genießen wir auch etliche Vorteile«, fügte Mutter hinzu. »Nimmst du Sophia mit, wenn du die Wolle verkaufst?«
    »Meinetwegen«, meinte Vater und hob mahnend den Zeigefinger. »Aber dann trägst du wieder Mädchenkleider. Die Schiffsjungenverkleidung kannst du jetzt getrost wieder einpacken; bis Köln dürften dir keine Gefahren mehr drohen.«

    Ich zog einen Schmollmund, denn ich mochte die Freiheit, welche die Jungenkleider mir verschafften, noch nicht missen. Aber ein Blick in das Gesicht meiner Mutter zeigte mir, daß ich besser nicht widersprach.
     
    Wir erreichten das Quartier der Osterlinge in der nördlichsten Ecke der Stadt. Es war ein sehr geräumiger Hof mit Stallungen, vielen Lagerräumen und einer großen Herberge. Wir betraten die Gaststube. Meine Augen mußten sich erst an den Übergang von der strahlenden Abendsonne an das gedämpfte Licht im Innern gewöhnen, darum sah ich nicht gleich, wer sich in der Stube aufhielt. Aber eine Stimme erkannte ich sofort, und es traf mich wie ein Donnerschlag.
    »Welch erfreuliches Wiedersehen! Seid gegrüßt, verehrte Frau Hadewigis«, ertönte ein kräftiger Bariton, und Herr Gottschalk trat auf meine Mutter zu und verneigte sich vor ihr. Inzwischen sah ich genug, um zu bemerken, wie unverschämt er auf sie herablächelte, was mich sehr entrüstete. Dann verneigte er sich etwas weniger tief vor meinem Vater, der sich im Gegensatz zu mir anscheinend gar nicht ärgerte, sondern ihn erfreut begrüßte.
    Für Theoderich und Heinrich hatte Herr Gottschalk immerhin ein freundliches Begrüßungslächeln; zuletzt fiel sein Blick auf mich, und der finstere Ausdruck, mit dem ich ihn musterte, schien ihn zu erheitern. Wie zufällig hob er den Zeigefinger zum Nasenloch und ließ erst in letzter Sekunde davon ab, tatsächlich in der Nase zu bohren. Ich wäre fast geplatzt vor Zorn.
    »Meine Tochter Sophia«, bemerkte mein Vater. Aha! Das brachte mir einen zweiten, deutlich interessierteren Blick von Herrn Gottschalk ein, aber schon wandte er sich wieder zu meiner Mutter und plauderte mit ihr.
    Aufgebracht ergriff ich mein Bündel und schleppte es in den Schlafraum, ehe Theoderich mir zu Hilfe kommen
konnte. Ich zog mich in Windeseile um, versäumte aber doch nicht, mir auch rasch die Haare zu kämmen. Dann stolzierte ich in die Gaststube zurück. Vater und Mutter waren dort in ein Gespräch mit einem Mainzer Kaufmann vertieft, Herr Gottschalk war nicht mehr zu sehen. Ich beruhigte mich langsam und ging mit Vater in die Stadt zurück, um unsere Wolle zu verkaufen.
    Wir erledigten diese Aufgabe gerade noch rechtzeitig, um zum Abendessen im Quartier einzutreffen. Vater wollte gleich mit mir zu Tisch gehen. »Ich ziehe mich nur noch schnell um«, bemerkte ich und huschte schnell in den Schlafraum, obwohl Vater mir nachrief, das sei nun wirklich nicht nötig. Aber ich hatte einen Fleck auf meinem Rock entdeckt, so konnte ich doch nicht zu Tisch gehen. Rasch schlüpfte ich in mein zweitbestes Gewand. Doch bevor ich mich auf den Weg in die Gaststube machte, musste ich noch schnell zum Abtritt neben dem Stall. Ich zögerte, mit meinen Pantöffelchen über den Hof zu gehen, hätte aber sonst noch einmal in den Schlafraum gehen müssen, um mir die Lederschuhe oder die Holzpantinen zu holen. Also eilte ich kurz entschlossen über den Hof. Danach wollte ich rasch zurück, aber wer strebte gerade zu dem Ort, den ich soeben verlassen hatte? Natürlich, dieser schreckliche Gottschalk. Ich machte einen kleinen Bogen und schaute zur anderen Seite, um ihn nicht bemerken zu müssen; aber genau in diesem Augenblick kam ein mittelgroßes Ferkel

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