Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
hat - daß die Köchin seine Lieblingsspeisen kocht oder daß seine Kleidung immer rein und heil ist, ohne daß er darum bitten muß. Wenn er müde nach Hause kommt, ist ein Bad für ihn bereit, und sie massiert ihm den Nacken, bis er sich erholt hat. Und er holt ihr ein Kohlebecken, wenn er meint, sie
könne vielleicht frieren. Solche Kleinigkeiten eben - aber die machen aus, daß sie sich miteinander wohl fühlen. Ob aber Fürsten sich mit so etwas abgeben, das weiß ich nicht.«
Da war sich Mathilde auch nicht so sicher.
»Aber ich erinnere mich noch«, meinte sie, »als ich ganz klein war, da hat mein Vater oft die Laute genommen und meiner Mutter vorgesungen, und manchmal hat er die Lieder auch selbst für sie ausgedacht. Ich weiß noch, wie sie einmal zu ihm sagte, nie hätte sie ein schöneres Lied von einem der Troubadoure gehört als von ihm - dabei gehen die doch ständig bei unserem Hof ein und aus.«
Sie wandte sich von mir ab und fuhr mit dem Finger in einen Sonnenstrahl, der durch das Fenster der Kemenate fiel und durch das Glas rot gefärbt war. Ganz leise sagte sie:
»Jetzt habe ich meinen Vater schon lange nicht mehr singen gehört, und meine Mutter ist nicht mehr so fröhlich, wie sie einmal war. Ich glaube, sie sucht Trost bei uns Kindern. Sie kümmert sich sehr gründlich um die Ausbildung meiner drei Brüder, und sie spielt so lieb mit meinen kleinen Schwestern. Und die Verlobung mit Herzog Heinrich verdanke ich auch ihr allein.
Früher war mein Vater stolz auf seine Söhne, und auf mich wohl auch. Aber ich glaube, jetzt interessiert er sich nicht mehr für uns. Immerzu fährt er übers Meer und führt dort Krieg gegen alle möglichen hohen Herrn.«
Einen Augenblick lang sah Mathilde wie ein kleines, verzagtes Mädchen aus. Aber dann streckte sie sich und verwandelte sich wieder in eine hoheitsvolle Prinzessin.
»Ich bitte dich, vergiß, was ich gesagt habe, Sophia«, sagte sie würdevoll. »Ich will meinen Vater, den König, nicht kritisieren. Ich bin ihm nicht nur als seine Tochter Gehorsam schuldig, sondern auch als seine Untertanin. Er ist ein großer König, und ich muß verstehen, daß er für seine Familie nicht viel Zeit aufbringen kann.«
Dabei sah ich aber deutlich, wie sie gegen die Tränen kämpfte. Ich hielt es darum für geraten, schleunigst das Thema zu wechseln.
»Da Ihr gerade von Königen sprecht: Der deutsche König wird nach seiner Wahl in Aachen gekrönt, das wißt Ihr sicher. Was aber nicht so bekannt ist: Die deutsche Königin erhält ihre Krone in meiner Heimatstadt Köln.«
»Oh!« schlagartig erwachte Mathildes Interesse. »Hast du solch eine Krönung schon mit angesehen?«
Bedauernd schüttelte ich den Kopf. »Leider nicht. Kaiser Friedrichs Gemahlin Beatrix von Burgund wurde, glaube ich, nur zur Kaiserin gekrönt. Und seine erste Ehefrau Adela von Vohburg, von der er sich hat scheiden lassen, hat man nie an seiner Seite gesehen. Sie war nicht einmal bei seiner Krönung zum deutschen König in Aachen anwesend. Ich hingegen war dabei; nur kann ich mich leider nicht erinnern, denn ich war erst zwei Jahre alt.
Die letzte Königinnenkrönung bei uns war lange vorher, es war Gertrud von Sulzbach, die zweite Gemahlin von König Konrad, dem Onkel des jetzigen Kaisers Friedrich.
Den wundervollen Mantel, den sie bei der Krönung trug, hat sie übrigens bei meinem Großvater Eckebrecht gekauft.«
Interessiert fragte Mathilde: »Wie sah er aus? Und war er sehr kostspielig?«
»Es war ein sehr wertvoller grüner Seidenmantel mit viel Goldstickerei und goldenen Borten. Großvater hat in ihr zu einem Spottpreis überlassen. Aber mit den vielen anderen Damen und Herren, die dann beim gleichen Handelsherrn kaufen wollten wie die Königin, hat er glänzende Geschäfte gemacht. So wie Ihr, Hoheit, Euren Vater als großen König achtet und ehrt, so bewundere ich meinen Großvater als großartigen Kaufmann.«
»Du bist so klug, Sophia, und weißt so viel«, meinte
Mathilde bewundernd. Ich wehrte bescheiden ab. »Oh nein, Prinzessin. Aber ich befrage jeden Abend meine Eltern über das Thema des nächsten Tages, und bisher sind sie mir noch keine Antwort schuldig geblieben. Große Kaufleute müssen in der Politik gut Bescheid wissen, sonst können sie keine guten Geschäfte machen.«
Mathilde nickte zufrieden.
»Kannst du mir noch etwas über meine zukünftige Familie erzählen?« bat sie.
Ich kramte in meinem Gedächtnis nach.
»Die Mutter Eures zukünftigen Gemahls war
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