Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
taten so, als sei deren Glaube eine anstekkende Krankheit, und bestanden darauf, die Männer zu taufen. Aber nachdem sie getauft waren, waren sie Christen geworden, und der Kaufmann mußte ihnen den gleichen Lohn zahlen wie üblich. Außer Kosten hat er also nichts von seiner schlauen Aktion gehabt.
Nun ja, darüber lacht ihr. Aber keiner von euch könnte lachen, wenn er selbst als Sklave verkauft werden soll. Wir standen alle auf einem Podest, damit man uns auch gut sehen konnte. Den meisten von uns hatten sie die Kleider heruntergerissen, und sie standen da in ihrer Blöße und schämten sich entsetzlich, wenn Interessenten sie betasteten oder ihnen in den Mund schauten, um ihre Zähne zu prüfen. Nur Apollonius und ich waren nicht nur bekleidet, sondern auch gewaschen und gekämmt, denn wir sollten ja nicht als Arbeitstiere, sondern als Gelehrte einen guten Preis erzielen. Ich betete inbrünstig, daß mein Sohn und ich zusammenbleiben konnten und nicht an zwei verschiedene Herren verkauft würden. Als Kaufmann hatte ich mir überlegt: Was macht die Ware Mensch wertvoll? Und ich sagte mir: Damit ich als wünschenswerter Kauf erscheine, muß ich zwar fähig, aber auch bescheiden und freundlich sein, wohlerzogen und gutartig. Ich bemühte mich sehr, diesen Eindruck zu erwecken, blickte offen, aber nicht anmaßend, machte ein freundliches Gesicht und ließ durch meine Körperhaltung erkennen, daß ich ein sehr umgänglicher Mensch sei. Genauso verhielt sich mein Sohn. Er spielte die Rolle, die ich ihm zugewiesen hatte, vorzüglich, obwohl er lieber gebrüllt und getobt hätte.
Unsere Mitgefangenen, Matrosen und Handlungsgehilfen,
wurden im Laufe des Tages verkauft und verschwanden für immer aus unserem Leben. Nur Apollonius und ich waren noch übrig, denn der Preis, den der Seeräuber für uns verlangte, war hoch. Ich zitterte bei dem Gedanken, was der schwarze Nikolaus mit uns anstellen würde, falls wir unverkauft zurückkämen, und bemühte mich daher noch mehr als zuvor, einen gefälligen Eindruck zu machen. Die Sonne stand schon tief, und der Markt würde in Kürze beendet sein, als zu meiner großen Erleichterung doch noch ein Käufer Interesse an uns zeigte. Es war ein Mann in der Kleidung der Wüstenbeduinen; er hatte es nicht für nötig gefunden, sein Reitkamel am Markteingang zu lassen, damit es dort getränkt und bewacht würde, sondern ritt mit ihm über das Marktgelände und sah sich um. Als sein Blick auf uns fiel, hielt er sein Tier an und betrachtete uns eine Weile. Dann sprach er zu dem Seeräuber in einer mir unbekannten Sprache. Nichts hätte ich mir mehr gewünscht, als ihn zu verstehen, denn schließlich ging es um unsere Zukunft. Aber wenn ich auch kein Wort verstand, die Gesten waren mir als Kaufmann sehr geläufig. Leisere und lautere Worte, Blicke zum Himmel, schmerzliches Befremden des Käufers bei der Nennung des Preises und noch schmerzlicheres beim Verkäufer auf das Gegenangebot - mir war ziemlich klar, was da vor sich ging. Schließlich zuckte der Reiter mit den Schultern und wandte sein Tier zum Abreiten, ohne uns noch einen weiteren Blick zu schenken. Da hob der Seeräuber die Hände zum Himmel und rief etwas in bedauerndem Ton.
Der Reiter hielt das Kamel wieder an.
Der Räuber sprach noch klagender.
Der Reiter drehte den Kopf zu uns.
Der Räuber winselte.
Der Reiter nickte gnädig, zog seinen Beutel hervor und zählte eine Reihe von Münzen ab, die er dem Seeräuber aushändigte. Darauf schob dieser mich zu dem Beduinen hin.
Mir wollte das Herz stehenbleiben. Ich ergriff die Hand meines Sohnes, aber der Räuber schüttelte den Kopf, hielt Apollonius fest und bedeutete mir, allein zu gehen. Da eilte ich zu dem Reiter. Am liebsten hätte ich mich zu seinen Füßen niedergeworfen und gefleht, er möge auch meinen Jungen kaufen, aber statt dessen lächelte ich, verneigte mich tief vor ihm und redete auf ihn ein, wobei ich immer wieder auf Apollonius zeigte. Der Reiter machte zunächst ein ablehnendes, dann ein unentschlossenes Gesicht. Ich zeigte noch einmal auf Apollonius und legte beschwörend die Hand auf mein Herz. Da zog der Reiter seinen Beutel, warf einen abschätzenden Blick auf den Jungen und hielt dem Seeräuber eine einzige Münze hin. Dieser fand das offenbar zu wenig und schüttelte den Kopf. Der Reiter warf die Münze unwillig in den Sand, aber der Räuber machte keine Anstalten, sie zu nehmen. Da nahm ich allen Mut zusammen, hob das Geld auf und drückte es dem
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