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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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sie ritt, erst nur ein paar Schritte, dann immer mehr.
    Er legte auch heimlich einen kleinen Vorrat an Lebensmitteln an, steinhart getrocknetes, aber haltbares Fleisch, ebenso steinharte Brotfladen und zwei Wasserschläuche, die er in einer kleinen Felshöhle unter Steinen versteckte. In der Schlucht war eine kleine Quelle, die manchmal trocken war, an anderen Tagen aber leise rieselte. Nun warteten wir noch auf eine günstige Gelegenheit, und sie mußte bald kommen, denn lange konnte Apollonius die nun gesunde Kamelstute nicht mehr in der Schlucht zurückhalten. Wir hatten Glück: Ashot reiste zur Hafenstadt, um Felle zu verkaufen und dafür Waffen einzuhandeln. Nach seiner Rückkehr würde der Stamm weiterziehen, fort von unserem Lagerplatz und von der Schlucht mit dem Kamel.
     
    In der gleichen Nacht noch machten wir uns leise davon. Wir gelangten ungesehen aus dem Lager, wo alles friedlich schlummerte. Zwar hielt einer der Männer immer Wache,
aber wir warteten, bis er auf der anderen Seite des Lagers war, und nutzten dann die mondlose Nacht, um ungesehen zu verschwinden. Wir waren beide sehr aufgeregt, die Angst, erwischt zu werden, und die Hoffnung, an unser Ziel zu gelangen, hielten sich die Waage.
    Die Kamelstute war zuerst etwas ängstlich, als da ein fremder Mensch kam; aber Apollonius streichelte sie und redete ihr liebevoll zu, und sie beruhigte sich. Rasch nahmen wir unsere geringen Vorräte aus der Höhle und füllten die Wasserschläuche. Die Kamelstute wollte mich noch nicht auf ihren Rücken lassen, darum bestieg Apollonius sie und lud die Vorräte auf. Wir hatten keinen Sattel und auch keine Packtaschen. Ich lief nebenher, und so machten wir uns auf den Weg in die Richtung, von der wir hofften, daß sie die richtige war. Nachdem wir nun einmal auf dem Weg waren, war die Angst geringer; wir waren frei!
    Aber wir hatten kein Glück. Ausgerechnet in dieser Nacht erkrankte die Mutter des Häuptlings schwer, und mit dem ersten Morgenstrahl wurde ein Bote Ashot nachgesandt. Da hatten die Beduinen unser Verschwinden noch gar nicht bemerkt. Der Häuptling kehrte sofort voller Sorge um die alte Frau zurück, fand sie aber nicht mehr unter den Lebenden. Nun erfuhr er, daß wir geflohen waren, und sandte seine Späher aus, um uns zu suchen. Die waren schnell auf unserer Spur; was wußten wir denn schon vom Leben in der Wüste? Als wir sie bemerkten, war uns klar, daß es vorbei war, und wir setzten uns gar nicht erst zur Wehr. Mit erhobenen Händen standen wir neben dem Kamel. Sie taten uns nichts an, sondern bedeuteten uns nur, wir möchten uns schleunigst auf den Rückweg machen. Nicht einmal zwei Tage hatten wir uns unserer Freiheit erfreuen dürfen.
    Im Lager wurden wir so gefesselt, daß wir keinen Finger rühren konnten, und in einem Zelt abgelegt. Von der Bestattung der Häuptlingsmutter bekamen wir nichts mit, hörten
nur das schrille Geheul der Klageweiber und das Schlagen der Tamburine. Wir lagen dort den ganzen Tag, ohne daß jemand auch nur einen Blick zu uns hineinwarf. Es war sehr quälend, sich nicht bewegen zu können. Fliegen summten in dem heißen Zelt und krochen über unsere Haut, und wir konnten uns nicht wehren, höchstens einmal zucken.
    Am nächsten Morgen kam der Mann, der in unserer Fluchtnacht Wache gehabt hatte. Er hatte ein blaues Auge und eine geschwollene Nase. Ich fürchte, er hat Schläge bekommen, weil er unser Entkommen nicht bemerkt hatte. Dementsprechend grob verfuhr er auch mit uns, als er unsere Fesseln löste. »Mitkommen«, sagte er nur kurz.
    Wir folgten ihm zu Ashot. Er saß vor seinem Zelt auf einem Polster, während seine Krieger und Frauen bereits angefangen hatten, das Lager abzubrechen.
    Ashot musterte uns eine Weile, während wir zitternd vor Angst vor ihm standen. Er sah traurig und enttäuscht aus. Dann fragte er ganz sachlich:
    »Wo wolltet ihr hin?«
    »Nach Hause«, antwortete ich.
    »Woher hattet ihr das Kamel? Es stammt nicht aus unserer Herde.«
    Apollonius berichtete, wie er das Tier gefunden, gepflegt und gezähmt hatte. Ashot nickte anerkennend.
    »Tüchtige Leistung. Es ist nicht leicht, ein wildes Kamel zu zähmen.
    Aber hatte ich euch erlaubt, euch zu entfernen?«
    »Nein, Herr«, antwortete ich.
    »Ich habe euch gekauft und für euch bezahlt. Ihr seid mein Eigentum. Ich muß meinen Besitz verteidigen und zusammenhalten, dafür bin ich der Führer dieses Stammes. Ihr werdet also bestraft. Euer Glück, daß ihr keines von unseren Kamelen gestohlen

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