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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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wahr? Und vielleicht die Rubine dazu?« sagte sie dann, zu mir gewandt. Leider konnte ich ihr nicht zustimmen; die zarte, jugendliche Prinzessin sah in dem prächtigen Stoff wie ein Kind aus, das sich als Erwachsene verkleiden soll. Da meine zustimmende Antwort ausblieb, drehte sich die Königin zu mir um und sah mit hochgezogenen Augenbrauen in mein betretenes Gesicht. »Oder nicht?«
    Ich nahm all meinen Mut zusammen, es waren ja keine Hofdamen dabei, in deren Gegenwart ich es nie gewagt hätte, der Königin zu widersprechen. »Ihre Hoheit würde vielleicht in der hellblauen Seide noch schöner aussehen«, versuchte ich so diplomatisch wie möglich zu bleiben. »Es würde ihre herrlichen Haare wunderbar zur Geltung bringen.«
    Ich übersah Vaters bohrenden Blick, der mich zum Schweigen bringen sollte. Ich wußte ja selbst, daß es eigentlich unglaublich dreist von mir war, meine Meinung vor der Königin zu äußern. Aber Madame Alienor wirkte zwar ohne jeden Zweifel äußerst hoheitsvoll, jedoch gleichzeitig auch herzlich und voller Güte.
    Ich schaute suchend in die Schale mit den Edelsteinen.
    »Und dazu die Aquamarine. Ja, damit wäre sie wunderschön. Und dann noch einen Kranz von Vergißmeinnicht.« Ich gebrauchte das deutsche Wort, da ich nicht wußte, wie diese Blume auf Französisch hieß.
    Die Königin lachte. »Dein Vater wird es dir kaum danken,
daß du die Aquamarine empfiehlst. Er hat wesentlich kostspieligere Steine. Vielleicht hättest du den Diamanten wählen sollen.«
    Sie hielt die hellblaue Seide unter Mathildes Kinn und einen der Aquamarine neben ihre Augen.
    »Aber du hast recht. Wie war doch gleich dein Name? Richtig, Sophia. Sophia de Cologne. Dies kleidet meine Tochter in der Tat vorzüglich. Aber was für einen Kranz meintest du?«
    Ich versuchte, ihr diese Blume zu schildern. Aber entweder war mein Französisch nicht gut genug, oder sie kannte keine Vergißmeinnicht.
    »Die Hochzeit findet auf Sankt Brigida statt«, sagte die Prinzessin. Es war das erste Wort, das sie sprach, und sie sagte es zu meinem Erstaunen in einem schwerfälligen, langsamen Deutsch. »Sind diese Blumen …« sie zögerte. Aber ich hatte verstanden.
    »Nein«, sagte ich betrübt, »dann blühen sie noch nicht, das ist ja noch mitten im Winter.
    Aber …« und ich kramte in den noch nicht verkauften Goldborten meiner Mutter. Richtig, es war eine Rolle dabei, die genau paßte. Auf die Borte war ein schmales Seidenband genäht, mit winzigen Vergißmeinnicht bestickt.
    »Das gefällt mir«, sagte die Prinzessin und fuhr sacht mit der Spitze des Zeigefingers über die Stickerei.
    »Ich staune, daß Hoheit deutsch sprechen«, fuhr es mir heraus.
    »Ich lerne. Für mein Leben in Braunschweig.«
    Sie strahlte über das ganze Gesicht. Dabei sollte sie doch einen uralten Mann heiraten! Herzog Heinrich, den man den Löwen nannte, war damals etwa 38 Jahre alt und damit älter als Mathildes Vater. Außerdem war er schon einmal verheiratet gewesen mit einer Prinzessin aus dem Haus der Zähringer. Die verstieß er dann vor einigen Jahren, aber ihre
Mitgift und die Tochter, die sie ihm geboren hatte, hat er behalten.
    Nachdem ich mich selbst nicht mit meinem Verlobten hatte abfinden können, der doch ein hübscher junger Mann gewesen war, ging ich davon aus, daß Mathilde in tiefster Seele unglücklich über diese geplante Heirat sein mußte. Aber nein, ihre selige Miene sagte etwas ganz anderes. Ich verstand das zwar nicht, sagte aber höflich: »Der zukünftige Gemahl Eurer Hoheit ist ein hochangesehener und ruhmvoller Fürst. Er kann sich glücklich preisen, die Rose von England heimführen zu dürfen.«
    Mathildes Miene verklärte sich noch mehr. »Das hast du schön gesagt, Sophia de Cologne. Sicher bist auch du schon verlobt?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich war die Braut eines Kölner Kaufmanns. Aber er starb am Vorabend unseres Hochzeitstages.«
    Dabei traten mir die Tränen in die Augen. Und das war nicht geheuchelt. Immer, wenn mir Gerard in den Sinn kam, quälten mich mein schlechtes Gewissen und der Kummer über seinen allzu frühen Tod.
    Mathilde konnte davon nichts wissen, aber als sie meine feuchten Augen sah, zog eine Wolke über ihr zartes Gesicht, und sie sagte traurig: »Das tut mir sehr leid.« Sie schwieg einen Moment und fügte dann bedauernd hinzu: »Vorige Woche ist mein Lehrer gestorben. Am Fieber. Nun kann ich nicht mehr lernen.«
    Die Königin, welche die deutsche Sprache vermutlich nicht beherrschte,

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