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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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dann außerdem noch ein Handelsgeschäft betreiben willst, wird wenig Muße für dich selbst bleiben.
    Sollte Gott dir dann auch noch ein Haus voller Kinder schenken - nun, dein Tag hat auch nur Zeit vom Morgengrauen bis zur Nacht. Du mußt dir dann sehr klug deine Helfer auswählen: eine tüchtige Magd, eine gute Köchin, einen treuen Knecht, einen flinken, pfiffigen Handelsgehilfen, der sich von niemandem übers Ohr hauen läßt. Diese Leute solltest du dann immer freundlich behandeln und
auch sehr gut bezahlen, damit sie dir lange Zeit zu dienen bereit sind.«

    Und so lernte ich, wie man Butter und Käse herstellt, Brot bäckt, Kleidung näht, wäscht und flickt - obwohl wir fast alles auf dem Markt und beim Krämer kauften. Ich lernte, wie ein Frühjahrsputz vorzunehmen ist - möglichst dann, wenn der Hausherr gerade auf Reisen ist, weil die Männer nicht gern in ihrem täglichen Ablauf gestört werden. Ich lernte, wie Fleisch in der Rauchkammer haltbar gemacht wird, wie Obst und Gemüse für den Winter eingelagert werden, ohne zu verderben. Nur Fisch räucherten wir nicht, denn Mutter konnte den Geruch auf den Tod nicht vertragen.
    Viele Male stand ich bei Lisa, unserer alten Köchin, in der Küche und sah ihr zu, schnippelte dabei auch Bohnen und schrotete Körner, denn Lisa duldete keine untätigen Gaffer in ihrem Reich. Sie lehrte mich, wie man mit Kräutern, Salz und Honig Speisen schmackhaft machen kann, auch wenn es an Pfeffer und anderen teuren Gewürzen einmal fehlen sollte. Abends war ich oft so müde, daß ich mich kaum auf den Füßen halten konnte. Es war dann geradezu eine Erholung, mit Mutter ihre Geschäftsbücher durchzugehen. Es kam auch schon einmal vor, daß ich darüber einschlief.
    Auch feine Handarbeiten zeigte sie mir. Ich arbeitete nicht besonders gut mit der Nadel und tue es bis heute ungern, was ich gerne auf mein hohes Alter schiebe, obwohl meine Augen noch sehr scharf sind. Aber Mutter bestand darauf, daß ich lernte, wertvolle Kleidungsstücke lange Zeit zu erhalten. Spinnen und weben brauchte ich allerdings nicht zu lernen - Mutter meinte, es würde nie so weit kommen, daß Tuch in einem Kaufmannshaus fehlen sollte.

    Die Zeit verging im Handumdrehen. Ich hatte mich mit dem Leben abgefunden, das Großvater Eckebrecht mir aufgezeigt
hatte: Eine Kauffrau werden, wenn auch unter der Fuchtel eines Ehemanns, dabei eine tüchtige Hausfrau und, wenn Gott es gab, Mutter von Kindern. Schließlich lebte meine eigene Mutter mir ja vor, wie man all dies leisten und dabei zufrieden und frohgemut leben konnte. Meine Eltern gingen zärtlich und herzlich miteinander um, und genauso sah ich es bei Onkel Fordolf und seiner Frau Engilradis. Auch meine Base Liveradis und ihr Bruder Helperich verstanden sich gut mit ihren Angetrauten - warum sollte mir dieses Glück nicht beschieden sein?
    Freilich war es meinem Vetter Constantin mit seiner zweiten Ehefrau Friederun anders ergangen. Ich war alt genug, um zu merken, wie Friederun immer gehetzter und unglücklicher wirkte, obwohl sie meistens nach außen tadellos die Haltung bewahrte. Aber in der letzten Zeit trank sie mehr, als ihr guttat, und dann gab sie Geheimnisse preis, die sie besser für sich bewahrt hätte. Zufällig wurde ich einmal Zeugin eines Gesprächs zwischen Mutter und Tante Engilradis. Ich hatte mich mit einem Buch über die Heilige Ursula unter den dichten Fliederbusch zurückgezogen. Mutter und Tante Engilradis setzten sich direkt neben mich auf die kleine Bank. Sie hatten beide ihre Nähkörbe dabei, aber die Arbeit blieb unverrichtet.
    »Wenn ich doch nur wüßte, wie man ihr helfen kann«, sagte Tante Engilradis traurig. »Ich muß mit ansehen, wie Friederun dahinwelkt, und kann nichts tun.«
    Ich tat keinen Mucks. Mir war klar, daß Mutter vermutlich gleich eine Arbeit für mich finden würde, wenn sie mich hier so faul entdecken sollte; und außerdem war ich auch höchst neugierig.
    Mutter seufzte. »Sie verzehrt sich vor Sehnsucht nach ihrem eigenen Ehemann, und der hat wenig Sinn dafür«, sagte sie bedauernd.
    »Constantin gibt sich wirklich Mühe«, verteidigte Tante
Engilradis ihren geliebten Erstgeborenen, »aber er fühlt sich von ihr so bedrängt, daß er am liebsten weit weg wäre.«
    »Ich werfe deinem Sohn ja gar nichts vor«, meinte Mutter beschwichtigend. »Mir scheint, er liebt sie eben nicht. Was hilft es da, wenn er sich Mühe gibt? Friederun ist viel zu feinfühlig, um das nicht zu bemerken. Sie will ihn ganz.

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