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Darling

Darling

Titel: Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Hartmann
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    Adrian hasste Tage wie diesen. Der Himmel über Frankfurt war den ganzen Tag nur grau in grau gewesen. Regentropfen perlten unablässig über die Windschutzscheibe. Monoton mühte sich der Scheibenwischer, gegen die Wasserfluten anzukommen. In den trüben Pfützen am Taxihalteplatz vor dem Hauptbahnhof spiegelte sich die blaue Neonbeleuchtung der Iran Air. Die großen Zeiger der Bahnhofsuhr unter dem Atlas schoben sich langsam Richtung neun. Es war das traurige Ende eines trüben, kalten Novembertages. Und weder die Messe noch ein Fußballspiel in der Commerzbank-Arena verhießen nennenswert Fahrgäste an diesem Abend. Die Nacht würde sich wie Kaugummi in die Endlosigkeit ziehen. Vielleicht sollte er, wie er es Annika versprochen hatte, jetzt schon nach Hause fahren, damit sie noch etwas vom gemeinsamen Abend hätten. Aber es zog ihn nicht wirklich in die gemeinsame Wohnung.
    Adrian kurbelte das Seitenfenster herunter und zündete sich eine Zigarette an. Was soll’s. Zwei Jahre lang hatte er den Luxus eines Rauchertaxis genossen. Doch das neue Nichtraucherschutzgesetz war erbarmungslos. Taxifahrer sind Parias, dachte er. Und rauchende Taxifahrer sind die Parias der Parias.
    Ein dumpfer Schlag auf den Kofferraum des Mercedes riss ihn abrupt aus seinen trüben Gedanken.
    „Steig aus, wenn du rauchst“, fauchte Karl. Und freute sich diebisch, weil er den jungen Kollegen ohne Vorwarnung hochgeschreckt hatte.
    „Hau ab“, fluchte Adrian. „Elender Blockwart! Hast du nichts Besseres zu tun, als mich zu kontrollieren?“
    Karl lachte kurz und trocken auf. Dann schob er sich eine dünne Haarsträhne aus der Stirn seines aschfahlen Gesichts und stimmte einen versöhnlicheren Ton an.
    „Du weißt doch, wie Sissi reagiert, wenn du im Taxi rauchst. Die merkt das sofort, da kannst du das Fenster noch so weit runterkurbeln!“
    Schmollend schob Adrian die Unterlippe vor. Trotz der Konkurrenz unter den Fahrern mochte er den 55-Jährigen, der beim Taxifunk zu den alten Hasen zählte. Schon öfters hatte er mit Karl einen Kaffee in der Zentrale getrunken und über dieses und jenes philosophiert.
    Eine Böe wehte nasskalten Regen in Adrians Gesicht. Einige Tropfen perlten über seine dunklen, gegelten Haare in den Nacken. Er fröstelte. Ein tiefer Zug noch, dann schnippte er die Marlboro weg und kurbelte das Fenster hoch. Auf dem Handy blinkte eine SMS. Annika. Missmutig verzog er den Mund und drehte den Zündschlüssel um. Der Mercedes bewegte sich zwei, drei Wagenlängen in der Fahrzeugschlange nach vorne. Noch sechzehn Taxen vor ihm. Nicht sonderlich motiviert stellte Adrian den Motor wieder ab.
    Als er das Radio einschaltete, klopfte Karl an die Seitenscheibe.
    „Eh, mach mal auf.“
    Bevor Adrian antworten konnte, hatte Karl sich schon auf den Beifahrersitz geschoben.
    „Kannst du mir nachher um zehn eine Fahrt abnehmen?“, fragte er vorsichtig.
    Adrian zuckte mit den Achseln. Was für eine alberne Frage.
    „Sie fährt nicht mit jedem.“ Karl senkte seine Stimme.
    „Stammgast. Verstehst du?“
    Adrian schaute Karl verwundert an.
    „Was ist los? Ist was nicht in Ordnung?“
    Karl verzog das Gesicht. „Ich habe mir gestern Nacht wohl was geholt und mich heute Morgen schon zweimal übergeben. Mir ist furchtbar flau. Irgendwie Schicht im Schacht.“
    Adrian schaute auf den Anhänger am Mercedes-Schlüssel. Das Foto von Annika baumelte am Schlüsselbund, ein Schnappschuss vom letzten Wäldchestag im Mai. Jetzt war November, und die Momentaufnahme erschien Lichtjahre von seinem jetzigen Leben entfernt.
    „Sie fährt nur mit dir, wenn sie dir vertraut“, murmelte Karl.
    „Eh, Alter, was soll das? Vertrauen? Ich bin Taxifahrer, da hat man Vertrauen, oder?“, fuhr Adrian den leichenblassen Kollegen schroff an.
    Mühsam hob der seinen Kopf und biss sich auf die Lippen.
    „Behandel sie einfach gut, wenn du sie fährst, okay?“
    Adrian sah Karl skeptisch an. Der war heute wirklich ein merkwürdiger Kauz, wie er plötzlich am Lautsprecher drehte und für eine Weile andächtig der monotonen Stimme von Sissi aus der Zentrale lauschte.
    „Du musst sie pünktlich um zehn Uhr abholen. Und wundere dich nicht über den Ort, wo sie hingefahren werden soll. Du wirst sie morgen früh da wieder abholen. Und stell keine Fragen. Sie zahlt gut.“
    Karl drückte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die rechte Faust in den rebellierenden Magen.
    „Du gehörst ins Bett.“ Adrian sah Karl mit einem Blick, der keinen Widerspruch

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